Daß die Victory-FL-Gläser derzeit in der Transmission ziemlich unbestritten an der Spitze liegen, reicht noch nicht ganz als Erklärung aus. Es kommt hinzu, daß Zeiss das Transmissionsmaximum zur besseren Anpassung an Dämmerung und Nacht mit einer Verschiebung der spektralen Maximalempfindlichkeit des menschlichen Auges von ca. 555 nm (farbiges Zapfensehen) auf ca. 507 nm (monochromes Stäbchensehen) auf kürzere Wellenlängen gelegt hat als z.B. Leica. Das ergibt einerseits unter Tageslichtbedingungen einen geringfügig „kühleren“ Farbton beim Zeiss- und einen schmeichelnden „wärmeren“ Farbton bei Leica. Der wärmere Farbton wid als schöner empfunden, was zur Aussage „intensivere Farbe“ führt, obwohl das meßtechnisch als gesteigerte Farbsättigung gar nicht der Fall ist.
Die Abstimmung auf kleinere Wellenlängen oder kühlere Farben ist aber bei diesigem, nebligem, regnerischem Wetter ideal, weil bei solchen Lichtverhältnissen die Farbtemperatur von ca. 5400 K bis 5600 K (direkte Sonne in hoher Position am Sommerhimmel) auf 7000 K bis über 10000 K ansteigt. Höhere Farbtemperatur bedeutet einen höheren Intensitätsanteil kürzerer Wellenlängen, und da punktet dann das Zeiss mit seiner genau darauf ausgelegten Transmissionskurve.
Walter E. Schön