Nachdem ich das Swarovision bislang nur kurz auf Messen gesehen habe, habe ich es jetzt eine Woche im intensiven Einsatz, unter anderem auch bei Beobachtungen auf dem Frankfurter Flughafen testen können.
Auf der Besucherterasse des Terminal 2 habe ich parallel zur Start- und Landebahn beobachtet und dabei das Swarovision auf einem 2-Meter-Einbeinstativ mit Kugelkopf und dem Swarovski Stativadapter montiert, um bei entsprechender Vermummung gegen die Kälte 2 Stunden "durchhalten" zu können. Ich hatte an einem Tag stark bewölkte Verhältnisse und gestern Glück und einen sonnigen Nachmittag.
Die Landegeschwindigkeit der Jets liegt deutlich über 200 Km/h, ich war sehr gespannt auf das Schwenkverhalten in der Praxis - insbesondere, nachdem mich auf den Messen die ungewohnte Charakteristik des Glases beim Schwenken in Messehallen zunächst irritierte - und habe die Jets "reihenweise" im Minutentakt vom Anflug bis zum Aufsetzen "verfolgt" und das Glas dabei mitgezogen.
Am ersten Tag hatte ich kein Stativ mit und hatte aus der Hand die Flugzeuge immer schön mittig zentriert im Bildfeld. - An das veränderte Schwenkverhalten habe ich mich sofort gewöhnt (< 5 Minuten), ich wünschte mir jedoch die Bequemlichkeit des Stativs, das ich dann gestern mitgenommen habe. Aufgrund des großen Sehfelds habe ich für die landenden Flugzeuge lediglich eine Einstellung der Höhe des Stativs und der Neigung des Kugelkopfs für Anflug und Aufsetzen benötigt. Dieses war möglich, da wirklich das gesamte Bildfeld bis an den Rand absolut scharf ist, ich kann keinerlei Abfall der Schärfeleistung zum Rand feststellen. Das Bilderlebnis ist entsprechend beeindruckend, da es egal ist, an welchem Punkt sich das Zielobjekt im Bildfeld befindet.
Eine ähnlich große Randschärfe ist mir bislang nie begegnet, lediglich das 50er Duovid ist fast randscharf bei jedoch deutlich kleinerem Sehfeld.
Auf dem Flughafengelände und vor der Aussichtsterasse gibt es viele Lampen mit entsprechenden Masten - die senkrechten Linien bleiben gerade und biegen nicht durch - unabhängig davon, wo sich diese im Bildfeld gerade befinden.
Das Glas lieferte die Möglichkeit auf eine Entfernung von geschätzten mehr als 250 Metern bei den fliegenden Jets die Typbezeichnung (z.B. Airbus 318-200) und bei den Lufthansajets auch den Namen der Patenstadt lesen zu können. Ich hatte nicht das Bedürfnis nach der höheren Vergrößerungsleistung des 10x.
Des weiteren habe ich das Glas bei der Beobachtung von Tauben, Rotkehlchen, jagenden Habichten, Rehen, Hasen sowie im Wald und für Landschaften eingesetzt. Auch dabei hat alles "gepasst", Auflösung und Schärfeleistung sind beeindruckend gewesen - ein Rotkehlchen hatte ich auf einer Tanne beobachtet - Nadeln und Zapfen waren auch im Randbereich im Vergleich zu meinem bisherigen 42er gestochen scharf.
Entgegen meiner Erwartungen ist der Nahbereich von ca. 1,5 Meter gut nutzbar und eröffnet neue Perspektiven. - Das Bild zeigt dann jedoch 2 überlappende Kreise -jedoch ohne das Gefühl des Schielens zu erzeugen.
Ich habe bei allen Beobachtungen keine Farbsäume finden können.
Das optische "Erlebnis" ist, um es auf den Punkt zu bringen, rundum begeisternd. Es macht sehr viel Spaß, die Reserven des Glases auszunutzen und etwas anders, als bislang gewohnt, beobachten zu können.
Die Gesamtcharakteristik stimmt - im direkten Vergleich mit einem Ultravid hat das Leica die "satteren" Farben aufgrund der bekanntermaßen anderen Kontrastabstimmung, das Swarovision bietet den etwas natürlicheren Bildeindruck, der dem normalen fernglaslosen Umwelteindruck entspricht, in Bezug auf die Farbwiedergabe.
(Ähnlich der Fragestellung Fuji - Kodak bei den Diafilmen ...).
Die Haptik ist besser geworden, als bei dem alten EL. Der Durchgriff war mir gut möglich (bei Körpergröße 194 cm und entsprechend zur Größe passenden Händen). Die Objektivdeckel sitzen besser, da Sie innen und außen an der Objektivfront aufsitzen. Okulardeckel und Trageriemen sind gleich geblieben im Vergleich zu der letzten Version des Vorgängers.
Bei den aktuellen Temperaturen habe ich die jetzt auch im Durchgriffsbereich vorhandene Gummierung als sehr angenehm empfunden.
Design ist grundsätzlich eine Geschmacksfrage - ich finde die Form der Objektivtuben deutlich schöner als beim Vorgängermodell.
Die andernorts geäußerte Kritik an den Augenmuscheln kann ich nicht nachvollziehen - ohne Brille habe ich mit "Vollauszug" beobachtet. Bei der Zwischenrastung führte auch deutlicher Druck nicht zu einer Verstellung.
Die Tasche ist im Verhältnis zur Lösung der beiden Wettbewerber leichter und seitlich teilweise geöffnet (gute Lüftung). Andererseits schützen die Taschen der Wettbewerber nach meinem Eindruck besser gegen äußere Widrigkeiten. Eine kleine Schlaufe, um die Tasche bei Nichtgebrauch mittels Karabinerhaken am Gürtel befestigen zu können, fehlt. (Aber dieses kleine Manko, das man zudem sehr einfach durch den Einsatz einer anderen Tasche für den Transport lösen kann, ist sicherlich kein Grund, hieraus ein generelles Problem zu erheben oder daraus einen Schatten auf die optische Leistung des Fernglases zu werfen....).
Der Sternenhimmel hat mir bislang gefehlt - der am Tage gewonnene subjektive Eindruck ist überragend und ich habe beschlossen, meine Fernglassammlung etwas "umzuschichten".
Das Testen hat sich gelohnt, alle Fragezeichen sind verschwunden und es gibt eine neue Wunsch-Vision für das Allround-Glas.
Machen Sie sich nach Möglichkeit einmal selbst ein "Bild".
Alex.
