Sehen wir uns die Argumente von Schön einmal genauer an:
„Wenn Sie das Öffnungsverhältnis beibehalten, um durch kleinere Brennweite kürzere Bauweise zu erzielen und das Gewicht zu reduzieren, vermindert sich der Platz zwischen Objektiv und Prisma erheblich, nämlich deutlicher als proportional zur Brennweitenreduzierung. Das gilt noch mehr dann, wenn Sie für kostensparende Gleichteile dasselbe Prisma wie beim 8x32 verwenden. Diese Enge zwischen Objektiv und Prisma bringt Ihnen zwei keineswegs vernachlässigbare Probleme:“
Das ist richtig.
Es steht viel weniger Weg für die Verschiebung der Linse(ngruppe) zur Verfügung, mit welcher die Innenfokussierung erfolgen soll. Sie müssen evtl. die Brechkraft erhöhen, was dickere Linsen (= wieder etwas Mehrgewicht) und wegen des kleiner gewordenen Verschiebeweges höhere Präzision erfordert. Das kann evtl. höheren mechanischen Aufwand erfordern und somit auch hier wieder eine kleine Gewichtszunahme bedeutet.
Das muß nicht sein. Wir können reagieren, indem wir
- auf ein Glas mit höherer Brechzahl ausweichen, dass nicht schwerer sein muß
- auf ein spezifisch leichteres Glas ausweichen.
Dafür nehmen wir eventuell kleine Einbußen in der Transmission hin, es ginge aber.
Angenommen wir reduzieren die Brennweite um 10%, dann verkürzen wir den Einstellbereich je nach Brechzahl der Fokussierlinse um 12-15%. Das läßt sich ohne Mehraufwand und Mehrgewicht beherrschen. Man würde einfach die Steigung anpassen. Die Gewindestange würde kürzer, 2-3 Gramm werden es pro Seite sein, Kleinvieh macht auch Mist.
Ersparnis bisher 6 Gramm
Als Fokussierlinse(ngruppe) wird in der Regel eine mit negativer Brechkraft benutzt, um sie zugleich quasi als Barlowelement nutzen zu können, damit sie zusammen mit dem Objektiv ein „Teleobjektiv“ mit kürzerer Baulänge ergibt. Der „Teleeffekt“ (relative Baulängenverkürzung) vermindert sich aber schnell, wenn das Barlowelement, also die Fokussierlinse(ngruppe) näher am Objektiv angeordnet ist. Somit verkürzt sich die mechanischen Baulänge weniger, als sich aus der Brennweitenverkürzung erwarten lässt.
Das ist richtig, wie sparen also weniger, es werden etwa 8 mm sein, immerhin. 1 mm Tubusring bringt 3 Gramm pro Seite, das wären dann ca. 48 Gramm.
Ersparnis 54 Gramm
Noch wesentlich schwerer wiegt Ihr Ignorieren der nötigen Änderungen an den Okularen! Sie meinen wohl, einfach die Okulare unverändert beibehalten zu können, weil bei Ihrem Modell (= Objektivbrennweite proportional zum Öffnungsdurchmesser) einerseits der Durchmesser des Zwischenbildes und die Brennweite des Okulars gleich bleibt. Das sieht wirklich auf den ersten Blick ja auch ganz logisch aus. Aber Sie übersehen, dass nun die im Randbereich des Zwischenbildes vom Objektiv her einfallenden Lichtstrahlen schräger einfallen, also einen größeren Neigungswinkel zur optischen Achse bilden. Dies hat zur Folge, dass ein Teil dieser Randstrahlen (nämlich ab einem gewissen Neigungswinkel) gar nicht mehr ins Okular fallen. Sie müssen also die Okularkonstruktion ändern. Sie werden möglicherweise eine oder zwei Linsen zusätzlich und größere Linsendurchmesser brauchen. Am Ende wird es bei hohen Qualitätsansprüchen – ich denke, wir reden doch von Premiumqualität – auf eine Okular-Neukonstruktion hinauslaufen. Das für ein 6x24 erforderliche Okular wird, wenn die Vignettierung im Bildrandbereich nicht größer als beim 8x32 werden und auch der AP-Längsabstand ähnlich bequemes Beobachten gewährleisten soll, mit Sicherheit größer und schwerer werden.
Ja, auch das stimmt, wo liegen wir beim Mehrgewicht? 1 Einzellinse pro Seite sollte nicht mehr als 6 Gramm pro Stück wiegen.
Ersparnis bisher nur noch 42 Gramm
Vielleicht werden Sie nun auf die Nikon-Porroferngläser 8x32 SE, 10x42 SE und 12x50 SE verweisen, die alle dieselben Okularkonstruktionen haben. Natürlich kann man das so machen, aber nur wenn Sie relativ lange Brennweiten und bescheidene scheinbare Sehwinkel (unter 60°) haben, bleibt dann die Vignettierung bei den Ferngläsern mit den kürzeren Objektivbrennweiten gering genug, um nicht störend sichtbar zu werden. Außerdem kann man diesem Problem dadurch begegnen, dass man das gemeinsam genutzte Okular im Eintrittsdurchmesser groß genug für das Fernglas mit der kürzesten Objektivbrennweite hält. Es ist dann zwar für die Ferngläser mit längerer Brennweite etwas überdimensioniert, aber das fällt das beim fast 1 kg schweren 12x50 kaum mehr auf.
Aber wir haben ja noch was vergessen.
Einsparungen bei den Objektiven. Bei einem 6x leisten wir uns einen verklebten Achromaten, das macht die Fassung schön leicht. Kleinere Objektive und die einfachere Fassung bringen pro Seite 20-30 Gramm Einsparung.
Ersparnis bisher 92 Gramm
Bis hierher haben wir bereits 70 Gramm gespart, schaun wir mal, wo sich noch was holen läßt.
Was ist mit den Tuben, die werden jetzt dünner und zwar über die ganze Länge bis zum Prisma. Wir wollen nicht übertreiben, aber 30 Gramm pro Tubus werden wir herausholen können.
Somit sind wir bei 150 Gramm Gewichtseinsparung. Und bis hier haben wir uns noch nicht an die Prismen getraut. Das sollten wir aber, denn da steckt die große Reserve drin, Prismenmaterial, Prismenhalterung, reduzierte Tubusabmessungen.
Wo haben wir angefangen?
8x32 für 550 Gramm? Nicht schlecht oder?
Nils