Ich registriere die Geschichte um das Leica-Glas mit solidarischem Bedauern. Da ich selber empfindlich auf CA reagiere, habe ich bei meinen Erwerbungen immer besonderes Augenmerk auf diesen Aspekt gelegt. Für mich waren zuviel CA grundsätzlich ein Ausschlusskriterium. Wenn jemand diese Irritationen nicht empfindet, ist er eigentlich zu beglückwünschen, da sich beim Optikkauf wesentlich mehr Optionen bieten. Wann immer ich mit meinem Leica-affinen Ornikumpel draußen bin, tauschen wir einige Male die Gläser hin und her. Er führt ein Ultravid, dessen schönes plastisches Bild ich immer wieder gut finde. Es schmeichelt ja dem Auge, Rindenstrukturen oder feine Zweiglein in angenehmen warmen Farben abgebildet zu sehen bei vollem Bewusstsein, dass dies nicht die Realität ist. Faszinierend finde ich auch den Umstand, dass der Einblick nicht unangenehm ist, obwohl Leica (zumindest beim Ultravid) nicht sehr viel AP-Abstand liefert. Aber wenn ich dann das weiße Flügelfeld der Elster unglaublich bunt gerahmt vofinde, erkenne ich immer wieder, dass ich zu recht auf die Leica'schen Lockungen verzichtet habe. Die verschiedenen Hersteller haben ja im Guten wie im Schlechten so was ähnliches wie Alleinstellungsmerkmale. Ein solcher "unique selling point" im eher negativen Sinn sind eben bei Leica die CA. Will sagen, es steht gleichsam schon vorher drangeschrieben. Holger Merlitz äußerte bei einer Testexkursion einen Spruch, den ich gern sinngemäß zitiere: Wem das Thema so wichtig ist, dass er CA ausschließen will, der wird nicht um den Hersteller Kowa herumkommen. Dem schließe ich mich vollumfänglich an. Ich bin (meiner Selbstwahrnehmung nach) nicht markengläubig und weiß durchaus bestimmte Aspekte an Kowa-Gläsern und -spektiven zu kritisieren. Ich hatte vor Jahren mal ein Kowa Genesis 33, dessen ausgedehnte Randunschärfe bei großem Sehfeld mir zusehends aufs Gemüt ging, bis ich das Ding vertickt habe. Dann hab ich mal einem nahestenden Menschen ein Genesis 44 geschenkt (das 8,5fache). Das Teil hat nicht so ein riesiges Sehfeld, ist von eher klobigem Design, außergewöhnlich schwer, aber unglaublich randscharf. Beide erwähnten Kowas sind nahezu frei von jeglichen chromatischen Aberrationen. Das dicke 44er Kowa liefert aus meiner Sicht (das ist nun die des semiseriösen Genussornithologen) im Vergleich mit vielen anderen guten Gläsern mit Abstand die meiste Bildinformation. Wer mit dem Gewicht klarkommt und sich ob des Designs nicht grämt (ich würde es schlichte Eleganz nennen und finde demgegenüber die Designversuche des Nikonmannes an meinem EDG unfreiwillig komisch) findet im großen Kowa eine preiswerte Edelwaffe. Der Preisunterschied zum Trinovid ist nicht so groß, der Zugewinn an Bildqualität jedoch signifikant!
Glück Auf
Reinhard
