Swarovski digitalGuide – zweite Eindrücke
Nach einer zusätzlichen Woche unterwegs mit dem dG von Swarovski ergibt sich die Gelegenheit, ein vorläufiges persönliches Fazit zu ziehen.
Ich habe in der Zwischenzeit auf unterschiedliche Distanzen, zwischen etwa 15 und 100m, verschiedenste Vögel in Bäumen, auf Dächern oder oft auch im Flug mit dem dG aufgenommen und anschliessend die Vogelarten bestimmt.
Die Merlin Vogel-App von Cornell Lab kommt mit Aufnahmen verschiedenster Qualität gut zurecht und liefert erstaunlich verlässliche Artenbestimmungen. Nicht ohne einzelne Ausreisser, aber insgesamt sehr zufriedenstellend.
Der dG funktioniert einwandfrei, die Verbindung mit dem Smartphone ist nicht perfekt, aber funktioniert fast immer problemlos, das Aufnehmen und Verwalten der Aufnahmen stellt keine besonderen Anforderungen. Wie früher mal gesagt, alles gewohnte Swarovski-Qualität.
Etwas mehr Mühe habe ich mit der einäugigen Beobachtung. Als eingefleischter Binokular-Enthusiast macht mir besonders das Auffinden von Vögeln mit dem dG in Bäumen oder im stark strukturierten Gelände deutlich mehr Mühe als mit dem Fernglas. Für meine persönlichen Bedürfnisse ist das ein Handicap des dG. Eine zweiäugige Variante des dG wäre für mich deutlich angenehmer zu handhaben.
Ebenfalls nur bedingt glücklich bin ich mit dem Kamera-Mechanismus des dG. Während ich mit meiner gewöhnlichen Kamera den Autofokus durch halbes Herunterdrücken des Auslösers voll unter Kontrolle habe und entsprechend rasch ein scharfes Bild oder gar eine Schnappschuss-Aufnahme auslösen kann, muss ich beim dG Ziel nehmen, den Auslöser drücken und dann warten, bis der Autofokus in Aktion tritt und das Bild auslöst, was insgesamt schon mal eine ¾ Sekunde bis 1 Sekunde in Anspruch nimmt. Das führt in «beweglichen» Situation zu vielen unscharfen oder gar unbrauchbaren Aufnahmen. Kreisende Greifvögel sind weniger ein Problem, weil ich nach Drücken des Auslösers meist recht einfach der Flugbewegung folgen kann, bis das Foto geschossen ist. Bei Mauerseglern und anderen schnellen Vögeln ist das schon anspruchvoller, am schwierigsten ist es bei Vögeln im Geäst, die nicht einfach ruhig dasitzen, sondern sich bewegen. Letztere kann ich mit meiner gewöhnlichen Kamera normalerweise gut erwischen, beim dG geht das Auslösen einfach zu lange.
Hier wäre bei einer zweiten Auflage des dG ein Scharfstellmechanismus wie bei üblichen Fotokameras für mich eine sehr willkommene Verbesserung.
Weitere «Verbesserungswünsche» (Stativadapter, mehr Sehfeld, schnellere Fokussierung) hatte ich in meinem ersten Beitrag bereits angebracht.
Abschliessend frage ich mich, ob für mich als Einzel-Nutzer die Vorteile einer in einem Gerät integrierten Fernglas-Kamera wirklich so gross sind, dass ich auf das Mitnehmen von separatem Fernglas und Kamera verzichten würde. Mit einem vollwertigen Fernglas ist das Auffinden der Vögel häufig einfacher, und eine Standardkamera, insbesondere wenn sie noch Zoom bietet, lässt oft bessere Aufnahmen erwarten als die mit Kompromissen behaftete dG-Kamera. Für die Vogelbestimmung mit der Merlin-App wiederum dürften gute, scharfe und allenfalls mit Zoom geschossene Fotos in jedem Fall von Vorteil sein gegenüber den recht einfachen Bildern des dG.
Anders mag es für Gruppenanwendungen sein. Für die Schulung in der Gruppe dürfte der dG unbestreitbare Vorteile bieten. Eine gewöhnliche Kamera kann i.d.R nur mit 1 Smartphone gleichzeitig verbunden sein, der dG mit bis zu 5. Jedes Gruppenmitglieder kann jederzeit vom lifestream des dG eigene Bilder absichern, zusätzlich zu den vom Ausbildner mit dem dG ausgelösten und an alle verschickten Foto-Aufnahmen.
Vorläufiges persönliches Fazit:
Der dG stellt einen interessanten Ansatz dar. Für meine eigenen Ansprüche sind die damit eingegangen Kompromisse jedoch (noch) so gross, dass der dG ein Fernglas und eine separate vollwertige Kamera einstweilen nicht ersetzen kann.
Fwiw
Pinac