Herr Roos,
Fernglaeser neu angeboten im untersten Preisbereich wuerde ich als reine Spielzeuge ansehen, in der Regel fuer ernsthafte Beobachtungen nicht zu verwenden. Ich habe auf diversen Maerkten schon durch Fernglaeser geschaut, mit denen man weniger sieht als mit blossem Auge! Extremer Tunnelblick, Streulicht und voellig falsche Farben kommen hinzu. Auch die aufgedruckten Daten, insbesondere die Vergroesserung, stimmen of nicht. Hier werden gutglaeubige Kaeufer wirklich in die Irre gefuehrt. Solche Glaeser sind vielleicht noch als Experimentiergeraete zum Basteln oder Uebungsgeraete fuer Kinder geeignet, aber auch denen duerfte damit schnell die Lust vergehen.
Wenn man kein Geld fuer ein Fernglas ausgeben moechte, sollte man es lieber ganz lassen. Dann braucht man das Geraet auch nicht zu tragen und verstauen. Was wuerden Sie sagen, wenn Ihnen ein neues Auto fuer 100 Euro angeboten wird?
Glauben Sie, solch ein Auto koennte mit dem eines serioesen Anbieters konkurrieren? Ich wuerde glauben, es koennte gar nicht fahren! Und so ist es auch bei Fernglaesern.
Aber natuerlich braucht man kein Fernglas von Leica, Zeiss oder Swarovski kaufen, um ernsthafte Beobachtungen anstellen zu koennen. So wie bei vielen anderen technischen Produkten auch, kann man auch einen Mittelweg gehen, der seinen eigenen Notwendigkeiten und seinem Geldbeutel angepasst ist. Ich halte die Klasse um 100 - 250 Euro bei Fernglaesern fuer die untere Grenze der Vernunft. Zum Beispiel die Minolta Activa oder Nikon Action Porro Serie. Fuer ein Dachkantglas sollte man aber bereits mehr veranschlagen. Ich hatte lange Jahre ein 8x40 Porroglas von Eschenbach mit grossem Sehfeld und anstaendiger mechanischer und optischer Qualitaet. Es hat wenige hundert DM gekostet und diese waren sehr gut angelegt.
Stellt man aufgrund intensiven Gebrauchs oder spezieller Anwendungen wie Jagd, Beobachtungen in der Daemmerung, Seefahrt oder Astronomie fest, dass die mechanischen oder optischen Anforderungen nicht (mehr) ausreichen, sollte man sich in den hoeheren Klassen umschauen. Hier gibt es zum Beispiel die Glaeser von Minox, Steiner, Kowa, Fujinon, Vixen Apex Pro, Eschenbach Farlux Selector oder auch diverse Glaeser von Nikon oder Zeiss.
Moechte man neben den oben aufgelisteten Anwendungen oder anderer professioneller Einsatzgebiete auch noch wirklich Spass an seinem optischen Geraet haben, kann man den Kauf eines Spitzenfernglases wie Nikon HG oder SE, Leica TV oder UV, Zeiss FL, oder Swarovski EL/SLC/Habicht anstreben. Hierbei muss man sich bewusst sein, dass man insbesondere bei den europaeischen Herstellern auch "den guten Namen" und die hoeheren europaeischen Lohnkosten mit bezahlt. Insbesondere die Preiserhoehungen bei den letzten Modellwechseln bei Leica und Zeiss sind schon beachtlich, aber immerhin haelt man sich gegenueber Swarovski noch etwas zurueck. Moechte man also nicht unbedingt den letzten Schrei haben, kann man auch zu Leica Trinovid oder Zeiss Victory greifen.
Fuer Menschen, die aus beruflichen Gruenden beobachten muessen, moegen die Anforderungen und die Auswahl der Geraete wieder anders sein.
MfG
A. Mackenbrock