Wenn eine Optik-Firma wie Swarovski etwas für die chinesischen Erdbebenopfer tun möchte, ist das zweifelsohne respektabel und ehrenwert. Es ist auch verständlich, wenn hier im Forum darauf hingewiesen wird und Dank und Respekt dafür bezeigt werden.
Ich kann aber nicht verhehlen, daß mir bei dieser Art Spende ein paar Fragen gekommen sind. Swarovski-Optik dürfte im vergangenen Jahr rund 10 Mio. Euro Gewinn erwirtschaftet haben. Die drei Ferngläser zu spenden sollte für den Hersteller demgegenüber insgesamt etwa 1200 Euro (entsprechend 40% des Endverkaufspreises) kosten. Umgerechnet auf das durchschnittliche Netto-Jahreseinkommen eines deutschsprachigen Mitteleuropäers von rund 30.000 Euro entspräche dies also einer Spende in Höhe von 3 Euro und 60 Cent. Ich bin sicher, viele namenlose Durchschnittsbürger haben mehr als 3,60 Euro und damit einen weit größeren Anteil Ihres Verdienstes für die chinesischen Mitmenschen gespendet. Deshalb kommt mir ein pathetisches Lob der Swarovskischen Großherzigkeit und die Rede von gesellschaftlichem Engagement und Dingen gar, die jenseits von Ferngläsern stehen, Entschuldigung, reichlich sentimental und übertrieben vor. Andernfalls könnten wir alle uns mit viel größerem Recht hier gegenseitig dafür feiern und danken, die chinesischen Bevölkerung nicht nur mit unseren Spenden, sondern auch durch Kauf ihrer Wirtschaftsprodukte mit weit höheren Summen zu unterstützen.
Es mag unschön sein, derlei Dinge rein quantitativ zu betrachten. Aber sollte Swarovski tatsächlich nicht mehr als diese drei Ferngläser gespendet haben, wäre das nach meinem Dafürhalten kaum der Rede wert und eher als ein geschickter Marketing-Schachzug zu verstehen. Immerhin dürfte der eigentliche und weit höhere Spendenbeitrag von den Bietern der Auktion erbracht werden, also letztlich von der chinesischen Bevölkerung selbst. Angesichts einer so kleinen und fast peinlich geizig zu nennenden Spende einer gut verdienenden Firma in unterwürfige Huldigung ihres tranzendentalen Ethos auszubrechen, müßte dann jeden Normalbürger, der anteilig ungleich mehr gespendet hat, wie eine Farce anmuten. Und Zyniker könnten Swarovskis Marketing-Abteilung empfehlen, sich bei den chinesischen Erdbebenopfern für den Erfolg einer spottbilligen Kampagne zu bedanken. Ich möchte nicht mißverstanden werden, denn jede noch so geringe Hilfe zählt. Aber wenn die genannten Zahlen nicht völlig daneben liegen wird man sich fragen dürfen, wer hier wessen Wohl im Auge hatte und wer es mit einer Spende Ernst meint.
6-mal bearbeitet. Zuletzt am 25.05.08 03:50.