Hallo,
ein paar Worte zu den Zeiss Jena Gläsern. Bei "8x30 bis 10x40" kommen konkret drei Modelle infrage: das 8x30 Deltrintem (Porro) sowie das 8x32 und 10x40 Notarem (beides Modelle mit Dachkantprismen).
8x30 Deltrintem (Jenoptem):
das Fernglas geht im Design auf die 20-er Jahre zurück, nach 1945 wurden die Okulare verbessert und natürlich haben die jüngeren Modelle eine sehr gute MC Vergütung. Das Deltrintem hat drei "Probleme": es ist nicht für Brillenträger geeignet, es ist nicht besonders gut abgedichtet und es zeigt eine auffällige Randunschärfe. Da es bei diesen CZJ Gläsern mit Außenfokussierung keine Stulpendichtungen bei den beweglichen Okularen gab, kann mit der Zeit Staub den Weg ins Innere finden. Die Randunschärfe ist eine Frage des Geschmacks, den einen stört es, den anderen nicht. Dafür ist die Mittenschärfe exzellent! Ein kleines "Problem" gibt es noch: manches ältere CZJ Glas zeigt einen sehr warmen Farbton mit einem Stich ins gelbe. Das fällt sehr schnell auf, wenn man zum Vergleich ein besseres Fernglas mit neutraler Farbwiedergabe von Zeiss West oder Leica hat. Die Ursache liegt wohl zu einem Teil im verwendeten Glas und zum anderen Teil in der Abstimmung der Vergütung. Problematisch sind solche CZJ Gläser von ebay dann, wenn man an einen Verkäufer gerät, der entweder keine Ahnung hat oder bewußt etwas verschweigt. Es gibt seriöse Anbieter und bei genauem Lesen der Beschreibung und gezieltem Nachfragen merkt man sehr schnell, ob man mitbieten kann oder nicht. Bei einem sehr gut erhaltenen Deltrintem/Jenoptem 8x30 mit ordentlicher MC Vergütung (Seriennummer > 6 Mio.) würde ich bis 120 Euro gehen. Für den Preis wird man neu nichts vergleichbares finden.
8x32 und 10x40 Notarem:
diese zwei Dachkantgläser waren quasi die ostdeutsche Antwort auf die Zeiss West Dialyt Ferngläser. Optisch waren sie nicht ganz auf der Höhe der westdeutschen Modelle, was im wesentlichen in der Farbwiedergabe (ebenfalls leicht gelbstichiges Bild) und der fehlenden Phasenvergütung begründet ist. Trotzdem sind diese beiden Ferngläser eine Empfehlung wert, wenn man sich kein zu altes Modell besorgt. Auch hier gilt, Seriennummern > 6 Mio. sind eine gute Idee. Die Mittenschärfe ist hervorragend und die Randschärfe ist immer noch sehr gut. Neben der besseren Vergütung bei den jüngsten Modellen wurde wohl auch die Innenfokussierung etwas verbessert. Bei älteren Notarem Ferngläsern mußte ich mehrmals erleben, daß die Innenfokussierung den Geist aufgab (die Achse, worauf die beweglichen Teile laufen, blieb auf Dauer nicht in ihrer Verankerung). Meines Wissens wurde das Problem später behoben. Ich hatte mal ein Notarem mit Seriennummer knapp über 7 Mio., das hat klaglos seinen Dienst verrichtet. Die Innenfokussierung der Notarem Gläser ist natürlich ein Vorteil, da hierdurch eine Staub- und Spritzwasserdichtigkeit gegeben ist. Bei ebay Gläsern hat man ein anderes Problem als beim Deltrintem. Da die Notarem Gläser bei weitem nicht so häufig sind, zahlt mancher Sammler über ebay Preise, die dem realen Wert nicht immer entsprechen.
Nun noch ein paar Worte zum Vergleich Zeiss West Dialyt und Zeiss Ost Notarem. Ich kenne das 8x30 und 10x40 Dialyt sowie das 10x40 Notarem aus persönlichem Gebrauch. Jüngere Dialyt Gläser sind optisch im Vorteil. Sie zeigen zum einen eine neutralere Farbwiedergabe und dank P* Vergütung haben sie insgesamt das brillantere Bild. Es gab aber auch Dialyt Gläser, die hatten Probleme mit der Unterdrückung von Streulicht, welches an den Innenwänden der Objektivtuben entsteht. Mein älteres Dialyt (ohne P*) war dem ostdeutschen Notarem in diesem Punkt klar unterlegen. Auch bei Zeiss West gilt: ein jüngeres Modell einer bestimmten Serie ist gegenüber einem älteren mitunter im Vorteil. Und nicht jedes Zeiss Ost ist einem Zeiss West unterlegen ...
Zum Schluß könnte man natürlich noch ein Zeiss West 8x30 Porroglas in die Wahl einbeziehen. Wenn so ein Glas nicht zu alt ist, dann hat es auch eine ansprechende Farbwiedergabe ohne signifikanten Gelbstich. Die alten Gläser sind zudem vom Einblickverhalten nicht so toll. Ein 8x30 B jüngeren Datums aus Oberkochen reizt mich auch noch. Ich mag diese alten Porrogläser und ziehe sie einem Dachkantglas wegen der natürlicheren Perspektive auf kurze und mittlere Entfernungen vor. Das Problem ist nur: will man sich so ein Glas auf ebay besorgen, dann bezahlt man wieder typische Sammlerpreise. Dann kann man sich gleich auf die Lauer nach einem Nikon 8x30 E II legen, optisch gibt es für den Preis nichts besseres.
Fazit: Ein CZJ 8x30 Deltrintem hat seine Schwächen, ist aber dann eine sehr gute Wahl, wenn man nicht deutlich über 100 Euro ausgeben will. Ein CZJ Notarem würde ich dann wählen, wenn ich es deutlich günstiger als ein vergleichbares Dialyt bekomme. Generell würde ich bei all diesen Ferngläsern ein möglichst junges Exemplar suchen, ältere Modelle von Zeiss Ost und West haben ihre Schwächen. Bevor man Unsummen für ein zeitgenössisches Dachkantglas auf die Theke legt, könnte man ein gebrauchtes Nikon 8x30 E II oder vielleicht auch ein 8x32 SE ins Auge fassen. Diese Porrogläser sind einfach genial und unsere deutschen Hersteller sind wohl nicht mehr in der Lage, dem etwas entgegenzusetzen. Die Nachteile sollte man natürlich nicht verschweigen: keine so gute Abdichtung und keine so gute Naheinstellung wie bei einem in den optischen Daten vergleichbaren Dachkantglas. Wenn man die bessere Abdichtung mit Innenfokussierung und den kurzen Nahpunkt nicht für so wesentlich erachtet, dann gibt es kaum was besseres als eins der beiden Nikon Porrogläser.
Viele Grüße, Frank Schäfer.
