Prinzipiell ist eine solche Anpassung möglich; die -8,5 dpt sollten durchaus noch drin sein. Ich empfehle, das Fernglas direkt an Leica einzusenden, weil so Umwege vermieden werden, die nur Zeit und Geld kosten. Denn der Händler kann es ja nicht selbst machen, sondern schickt das Glas nur weiter als Leica, und dann geht auch der Rückweg wieder über den Händler.
Eine Berechnung, wie sich die Nahgrenze verändert, ist möglich, wenn man die Brennweiten kennt, die sich bei Leica wohl erfragen ließen. Mit grober Abschätzung der Objektivbrennweite (vielleicht in der Größenordnung von 135 mm bis 150 mm?) ginge das auch, aber ungenauer. Auch müßte man wissen, ob Leica dann den Überhub genau auf -8,5 dpt abstimmt oder nicht doch zur Sicherheit noch etwas weiter geht, z.B. auf -10 dpt (was die Nahgrenze noch etwas weiter hinausschöbe).
Ich hatte so eine Rechnung schon mal hier fürs Forum auf Anfrage eines Teilnehmers auf Basis einer abgeschätzten Objektivbrennweite durchgeführt, weiß aber nicht mehr, wann das war und unter welchem Titel das damals lief. Man braucht für diese Berechnungen übrigens nicht mehr als einfachste Schulmathemathik und das optische Grundgesetz
1/f = 1/g + 1/b mit f = Brennweite, g = Gegenstandsweite und b = Bildweite,
so daß hier im Forum fast jeder die Berechnung nachprüfen kann oder sie ebenfalls hätte allein durchführen können (man muß sich nur trauen, und natürlich muß man schon auch ein bißchen nachdenken, bevor man rechnet).
Ich habe jetzt nochmals schnell auf folgender Basis gerechnet: Ich nehme ca. 140 mm als Objektivbrennweite an, weil ich dann als Okularbrennweite die glatte Brennweite von 20 mm bekomme. Da das Fernglas ja bereits einen Überhub von mindestens -3 dpt hat, gehe ich von einer Überhub-Erweiterung um -6 dpt aus, die dann für einen Fehlsichtigen mit -8,5 dpt ausreicht und noch -0,5 dpt Sicherheitspuffer hat.
Nach einem meiner älteren Leica-Kataloge hat das Trinovid 7x42 BA eine Nahgrenze von 6,3 m. Dann wäre bei dieser Entfernung die Bildweite 143,182 mm (diese Berechnung berücksichtigt nicht, daß das Trinovid eine Innenfokussierung hat, also keine Bildweitenvergrößerung im Nahbereich, sondern eine Brennweitenverkürzung; aber unterm Strich kommt dann doch wieder fast dasselbe heraus, so daß diese Berechnung trotzdem so zulässig ist). Bei einer Okularbrennweite von 20 mm bedeutet eine Anpassung an -6 dpt eine Fokusverlagerung von 20 mm auf 17,857 mm, also um -2,143 mm. Das bedeutet, daß man von der obigen Bildweite von 143,182 mm diese 2,143 mm abziehen muß und damit 141,039 mm verbleiben. Dieser neuen Bildweite entspricht eine Gegenstandweite von fast exakt 19,0 m. Die Nahgrenze hat sich also von 6,3 m auf 19,0 m doch beträchtlich verschoben. ABER: Von dieser Verschiebung merkt der Fehsichtige nichts, denn er schaut ja mit seinen -8,5 dpt ins Fernglas und stellt fast genau dieselbe Nahgrenze für sich fest, die das Fernglas vor dem Umbau für nicht Fehlsichtige (oder für ihn beim Durchschauen mit Brille) hatte! Wenn allerdings nun dieser Fehlsichtige oder ein anderer MIT Brille oder ein NICHT Fehlsichtiger durch das umgebaute Fernglas schaut, dann wäre die Nahgrenze etwa bei 19 m. Hätte das Fernglas eine deutlich kürzere Nahgrenze um oder knapp über 2 m – wie z.B. die neueren Ferngläser mit 32 mm Öffnung –, dann hätte sich ein solcher Umbau wesentlich weniger stark ausgewirkt.
Nochmals: Diese Rechnung ist nur eine Näherungsrechnung, da ich nicht weiß, wie groß die Brennweiten wirklich sind und um wie viele Dioptrien Leica den Überhub tatsächlich verändern würde. Es sind also noch gewisse Toleranzen zu berücksichtigen.
Zu Ihrer letzten Frage: Auch bei den anderen genannten Ferngläsern ist eine solche Überhubänderung im Werk möglich. Es könnte aber sein, daß dafür Kosten anfallen, weil es ja nicht um die Behebung eines Mangels geht, sondern die Erfüllung eines Sonderwunsches. Andererseits kann man aber auch auf Kulanz hoffen, vielleicht einen ermäßigten Preis.
Walter E. Schön