Lichtverschmutzung und Filtereinsatz am Beispiel von M3
Die zunehmende "Lichtverschmutzung" durch die Beleuchtungen der Industriegebiete und größeren Städte ist inzwischen zu einem erheblichen Problem für die europäische Astronomie geworden. Nur noch wenige dünn besiedelte Gebiete erlauben fernab der Zivilisation gute astronomische Aufnahmen. Davon können auch die Astronomen auf Teneriffa und auf dem Calar Alto inzwischen ein Lied singen.
Spezielle Interferenz-Filter können dabei helfen, die Aufhellung des Nachthimmels in der jeweiligen Region sichtbar zu machen.
Aufnahmedaten (rechte Abbildung):
Objekt: Kugelhaufen M3
Teleskop: Vixen VC200L (Primärfokus)
Kamera: Canon EOS 40D, eingestellt auf 400 ASA
Belichtung: 20 Aufnahmen a 30 Sekunden, als Kompost addiert
Filter: Astronomik CLS Filter in Einsteckfassung für Canon EOS
Aufnahmedaten (linke Abbildung):
Objekt: Kugelhaufen M3
Teleskop: Vixen VC200L (Primärfokus)
Kamera: Canon EOS 40D, eingestellt auf 400 ASA
Belichtung: 20 Aufnahmen a 30 Sekunden, als Kompost addiert
Filter: ohne Filter
Analyse:
Im direkten Vergleich der beiden Aufnahmen wird die Himmelshelligkeit, wie man sie inzwischen hier in der Bonner Region vorfindet deutlich sichtbar. Einerseits als deutlich helles, orange-rotes Hintergrundleuchten (linkes Bild). Auch im Farbhistogramm (ebenfalls links) kann man die deutliche Zunahme im roten und grünen Spektralbereich sowie die Verbreiterung des Bildrauschens durch diese künstliche Aufhellung gut erkennen. Im rechten Bild hingegen sind die Farben der Linien von Natrium- und Quecksilber-Hochdrucklampen wirkungsvoll unterdückt durch Farbfilter, die dieses Licht schlucken. Diese Lampen - sogenannte "Energiesparlampen" - haben inzwischen die früher beliebten Neonlampen fast überall abgelöst und tauchen die Städte inzwischen des Nachts in ein noch helleres, orangerotes Licht. Es erscheint obendrein als eine sinnlose Energieverschwendung, kaum befahrene Straßen und Industriegebiete auch nachts zu beleuchten. Nach Hochrechnungen nimmt der Strombedarf für die nächtliche Beleuchtung jährlich um 6% zu. Im gleichen Maße, wie die Astronomen heute nicht mehr dieselben Rekorde für Grenzhelligkeiten erzielen können.
Durch additive (=künstliche) Aufhellung des Himmels dieser Stadtbeleuchtung, Luftfeuchte sowie (Fein-) Staub in der Luft nimmt die Anzahl der Hintergrundphotonen daher deutlich zu. Wassertröpfchen und Staubteilchen reflektieren das am Boden erzeugte Licht in der Luft und lassen den Himmel hell erscheinen. Jedoch sind es noch "zuwenige" Photonen pro Pixel, so daß ein Poisson-Rauschen dazu führt, daß die Grenzhelligkeit in den langbelichteten Aufnahmen reduziert wird, indem die Helligkeiten schwacher Sterne noch grieseliger in den Astroaufnahmen hervortreten. Schwache Sterne und Gasnebel "saufen" in diesem additiven Industrielicht dann schlichtweg ab, weil sie deutlich lichtschwächer sind, als die Aufhellung durch die künstliche Bodenbeleuchtung.
Die rechte Aufnahme zeigt die Reduktion der Aufhellung deutlich. Der Himmel ist nun "nachtschwarz". Das hohe Rauschen im roten Farbbereich tritt ebenfalls nicht mehr in Erscheinung. Der Farbfilter hat wirksam dieses Licht geschluckt.
Leider ist es auch so, daß durch diese Breitbandfilter die Grenzhelligkeit ebenfalls herabgesetzt wird. Denn sie filtern auch das Licht der Sterne in den Bereichen, wo Lichtfarben ausgeblendet werden. Man erkennt dies an der Farbänderung des Sternhaufens (die sich übrigens korrigieren ließe). Resultat: man kommt auch mit einem Filter kaum tiefer. Es tritt sogar das Gegenteil ein. Obwohl beide Aufnahmen bei gleicher Belichtungszeit gleich viele Bilder haben, findet man bei genauerer Analyse der linken (ungefilterten) Aufnahme weniger schwache Sterne, als in der Aufnahme ohne Filter.
Mein Fazit:
Das kanalweise Subtrahieren der Himmelsfarbe in Astroaufnahmen ist wohl effizienter, um zu einem schwarzen Himmel in Fotos zu gelangen und die Grenzgröße bei Sternfeld- und Galaxien-Fotos zu optimieren. So kurios das klingen mag. Der Einsatz von Filtern, die das Stadtlicht breitbandig ausblenden, reduziert daher die Grenzhelligkeit bei Sternaufnahmen über Gebühr. Fotografen, die an den schwachen Gasnebeln interessiert sind, werden die Filter jedoch zu schätzen wissen. Solche Filter sind leider keine Alleskönner.
So läßt sich die jährliche Zunahme der Nachthimmels-Aufhellung einfach aus regelmäßig durchgeführten Messungen mit einer einfachen Spiegelreflexkamera nachweisen. Denn die Verwender der Lampen behaupten ja Strom zu sparen.
Eine interessante Lektüre ist auch:
Georg Zotti, "Measuring Light Pollution with a Calibrated High Dynamic Range All-Sky Image Acquisition System", Institute of Computer Graphics and Algorithms, Vienna University of Technology, October, 2007
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Gruß
Thilo Bauer