*** Wer die Intro skippen will, der gehe gleich zum 4. Absatz. ***
Da nun alarmierende Meldungen zum Swarovision aus den fernen Bergen Absamistans und seinen gefährlichen Nebenwirkungen die Runde machen, ist es wirklich an der Zeit, auch einmal vor den Gefahren, die vor unserer eigenen Haustür, oder besser, vor dem eigenen Auge lauern, nachdrücklich zu warnen. Nun heißt es aufgepaßt und mitgemacht! Die Terrorgefahr für unser Wohlbefinden und für unser seelisches Gleichgewicht geht vom Zeiss Victory 7x42 FL aus! An seiner Seite stehen als auslegungstechnische Fundamentalisten die Kombattanten der Victory FL Familie und die Glaubensbrüder aus dem HD-Clan.
Aber immer der Reihe nach. Was glauben wir standhaften Zeissindianer und Leicasoldaten am Karwendelkusch verteidigen zu müssen? Richtig! Unser Wohlbefinden bei der Beobachtung, vor allem bei Schwenks. Es kursieren schon Berichte, denen zufolge ein auf einem Bürodrehstuhl angeschnallter Beobachter mit einem zwangsweise vor den Augen fixierten Swarovision nach nur einer halben Stunde bei konstanter Rotation mit schlappen 120 Umdrehungen pro Minute Übelkeit verspürt haben soll! Dieser Gefahr muß begegnet werden. Mit aller Härte und Entschlossenheit. Die Reihen der Beobachter schließen sich und rücken gemeinsam vor. Aber auf welche Waffen des Feindes gilt es sich nun einzustellen? Obwohl seine Heerscharen von schlecht geführten Augenmuscheln befehligt werden sollen, sind sie nicht zu unterschätzen, setzen sie doch ein Beobachternervengift namens GLOBUS- oder ZYLINDEREFFEKT ein, welches die Beobachter aus dem gegnerischen Reihen sofort Schachmatt setzen soll. Aber es wurden zwei Effekte geschmiedet, vor langer Zeit, um sie alle zu knechten, die Beobachter dieser Welt...
Die Antwort der Völker Mitteldeutschlands ist klar und heißt SEEGANGEFFEKT! Weder der rechtmäßige Beobachter noch der hartgesottenste Benutzer eines Palantirs kann seiner schwindelerregenden Kraft widerstehen. In alten elbischen Büchern wird er von einem edlen Sohne Rohans beschrieben:
Der SEEGANGEFFEKT erschien mir zum ersten Mal auf La Palma. Stolz führte ich mein neues Glas, das Victory 7x42 FL am Gürtel. Stets bereit es bei drohenden Beobachtungserlebnissen zu zücken und nie zögernd, auch von ihm Gebrauch zu machen. Wir labten uns nach langem Wandern und Baden an Meeresfrüchten, serviert in einem kleinen Restaurant auf dem Hafengelände eines Ortes am Ausgang der Schlucht. Der Hobbit, der die Taverne besaß, hatte ein unvollständiges Gebiß und wäre in seiner schmutzigen Kniehose und mit einem fleckigen T-Shirt bekleidet wohl sofort von der deutschen Hygiene verhaftet worden. Seine großen, schmutzigen Füsse stecken in abgenudelten Badelatschen. Das Essen war ausgezeichnet. Von der schattigen Terrasse hatte man einen hervorragenden Blick auf das Hafenbecken, welches vom offenen Atlantik durch eine mächtige Mole getrennt und so vor den Gewalten des Meeres, aber auch vor kleineren Wellen geschützt wurde. An den Kais und Stegen lagen zahllose Segelyachten mit hoch in den Himmel ragenden Masten. Bei der intensiven Suche nach einem ganz bestimmten Boot, einem 'Walfänger', oder besser einer Yacht, die zur Beobachtung von Meeressäugern hinaus fahren sollten, mußte ich mein Glas permanent von rechts nach links und umgekehrt schwenken. Dabei wurde mir speiübel! Und das lag weder am Wein, noch an den Garnelen. Wie läßt sich dieser Zauber also erklären? Die Masten der Boote füllten die knappe Hälfte des Bildes aus. Beim Schwenken des extrem stark kissenförmig verzeichnenden Glases von rechts nach links und zurück schienen die Boote, oder besser ihre heftig verzeichneten Masten wie in kräftigem Seegang zu schwanken!
Später im Ferienhaus mit freiem Blick auf den Horizont des westlichen Altantiks, nachdem die Wunden meines vegetativen Nervensystem vernarbt waren, wollte ich der gemeinen Attacke auf die Spur kommen und setzte das Glas erneut an, allerdings nicht ohne zuvor ein schützendes Amulett aus palmorkinischem Ziegenkäse und auf Vulkanboden gereiftem Rotwein verspeist zu haben. Und siehe da: Ein fest einbetonierter Strommast bei absoluter Windstille in mittlerer Entfernung, über das gesamte Bild vertikal ausgedehnt, zeigte schnell, daß nur wenige Zehntel eines Grades von der Sehfeldmitte ausgelenkt, sich dieser sofort zu biegen und rhythmisch im imaginären Wind zu schwanken begann!
Zurück in heimischen Wäldern und in einer überaus nicht untypischen Beobachtungsituation ereilte mich der Fluch Neptuns erneut. Bei der Suche nach Dammhirschen beim Austritt auf die Lichtung von einem Wildwechsel im Kiefernwald, der sich in mittlerer Entfernung befand, mußte ich das 7x42 FL wieder einmal schwenken. Sie ahnen es! Die gerade gewachsenen, astlosen Stämme der einen großen Teil des Bildes ausfüllenden und dicht beieinander stehenden Kiefern begannen stark zu schwanken, wie einst die Boote auf dem Atlantik im imaginären Seegang... Würg!
So, ich hoffe, ich habe Ihnen nun nicht weniger Angst vor dem 7x42 FL gemacht, als Sie vor dem Swarovison schon haben. Sehen Sie sich also vor. Gefahren aller Art lauern beim Gebrauch von Fernoptik überall. Vielleicht kann Herr Jülich ja noch eine Rubrik 'Verteidigung gegen finstre Effekte' eröffnen und hoffentlich wird der Verfassungsschutz nun nicht aktiv, nachdem seine Suchmaschinen wohl viel mehr Alarm als einige Beobachter hier geschlagen haben sollten.
Gute Nacht und schwindelfreie Träume!
Jan Münzer
PS Um wissenschaftlichen Streitigkeiten oder rechtlichen Ansprüchen vorzubeugen: Ich beanspruche die Bezeichnung SEEGANGEFFEKT und seine Beschreibung hiermit uneingeschränkt.