In dem Randbereich des Bildes, den das Ultravid im Vergleich zum Duovid zuzätzlich zeigt, fallen Schärfe und Kontrast merklich ab. Je älter Sie sind, desto deutlicher merken Sie das, weil Sie dann aufgrund verminderten Akkommodationsvermögens nicht nur die echte Randunschärfe, sondern auch noch die Bildfeldwölbung als zusätzliche Randunschärfe wahrnehmen. Es könnte sein, und ich halte es sogar für wahrscheinlich, daß daher bei Ihnen der schlechtere Bildeindruck beim Ultravid kommt.
Ein Vergleich an einem kritischen Motiv in der Sehfeldmitte wird nichts bringen, denn beide Modelle sind da in der Auflösung deutlich besser als Ihr Auge, und falls dort ein Unterschied in der Bildschärfe bzw. im Kontrast zwischen beiden Ferngläsern existieren sollte, liegt er unter der Erkennbarkeitsschwelle Ihrer Augen. Sich andererseits nur an der Rand(un)schärfe zu orientieren, ist auch nicht gut. Erstens, weil der Rand in der Praxis gar nicht so wichtig ist, wie man ihn bei Fernglastests und -vergleichen immer herausstellt. Zweitens, weil eine korrekte Beurteilung bei Ferngläsern mit unterschiedlicher Sehfeldgröße problematisch und oft irreführend ist. Ich achte bei der Qualitätsbeurteilung vor allem darauf, wie gut die Schärfe etwa bei einem Winkel von 15° außerhalb der Mitte ist, also bei einem Fernglas mit ca. 60° scheinbarem Sehwinkel etwa auf halbem Weg zwischen Sehfeldmitte und Rand. Das ist ein Bereich den man noch ohne starkes Verdrehen der Augen sehr gut wahrnimmt und der daher für den gesamten Schärfeeindruck wohl die wichtigste Rolle spielt.
Um nun Ihre beiden Ferngläser trotz der unterschiedlichen Sehfeldgrößen in diesem Sinne korrekt zu beurteilen, machen Sie folgenden Test, bei dem beide Ferngläöser auf einer festen Unterlage aufgestützt sein sollten, damit nicht Zittern das Ergebnis verfälschen kann:
1. Betrachten Sie einen kleinen Text aus einer Zeitung aus so großer Entfernung, daß Sie ihn mit dem Fernglas gerade noch gut lesen können. Dann betrachten Sie diesen Text erst mit derart leicht verschwenktem Duovid, daß der Text etwa auf halbem Weg zwischen der Sehfeldmitte und dem Sehfeldrand liegt. Merken Sie sich das Detail X, welches jetzt genau in der Mitte des Sehfeldes liegt. Beurteilen Sie die Qualität, in der Sie jetzt den Text sehen oder vielleicht sogar noch immer lesen können.
2. Betrachten Sie nun von derselben Stelle (oder knapp daneben, aber aus gleichem Abstand zum Motiv) mit dem gleichfalls auf einer festen Unterlage abgestützten Ultravid Ihr Motiv so, daß Sie in der Mitte des Sehfeldes wieder genau das Detail X haben. Der zu beobachtende Text ist jetzt nicht mittig zwischen Sehfeldmitte und Rand, sondern etwas näher zur Mitte, weil das Sehfeld des Ultravids größer ist. Das ist wichtig! Andernfalls wäre der Vergleich unfair fürs Ultravid, weil dann das positiv zu bewertende größere Sehfeld ihm zum Nachteil würde. So aber haben Sie sichergestellt, daß der zur Qualitätsprüfung zu betrachtende Text in beiden Ferngläsern gleich weit von der Sehfeldmitte entfernt ist.
Sehen Sie in dieser Ausrichtung des Ultravids den Text ebensogut, besser oder schlechter als mit dem Duovid?
Entscheiden Sie sich beim Kauf aber nicht allein aufgrund der Bildschärfe, auch wenn das sicher eines der wichtigsten Kriterien ist. Das größere Sehfeld des Ultravids könnte manchmal auch ein Vorteil beim Beobachten sein. Und erst recht sollten Sie es nicht unberücksichtigt lassen, daß Sie am Ultravid sehr viel weniger schwer tragen. Wenn Sie oft das Fernglas den ganzen Tag mit sich führen wollen, werden Sie im Falle des Kaufs eines Duovids bestimmt oft wünschen, besser das Ultravid gekauft zu haben. Wenn Sie jedoch das Fernglas immer nur kurze Zeit und kurze Strecken tragen werden, spielt das Gewicht keine so große Rolle.
Walter E. Schön
