Folgende Geschichet mag Sie trösten:
Vor vielen Jahren meinte ich, außer meinem „großen“ Macintosh auch noch einen transportablen, also ein „Powerbook" zu brauchen. Nach langer Überlegung, ob die (damals) immens hohen Kosten sich durch einen angemessenen Nutzen rechtfertigen ließen, entschied ich mich zum Kauf. Das Macintosh Powerbook mit 250-MHz-Prozessor ließ ich wegen meiner Layout-, Bildbearbeitungs- und Grafikprogramme mit zusätzlichem Speicher und einer größeren Festplatte ausstatten, dazu mit einem wechselbaren Ersatzakku und einem gegen das CD-Laufwerk austauschbaren Floppylaufwerk. Der Preis betrug dann knapp über 11000 DM, wahrlich ein stolzer Preis.
Dieses Powerbook war nicht sofort lieferbar, und so mußte ich ca. vier Wochen darauf warten. Eine Woche vor der Auslieferung las ich in einer Macintosh-Zeitschrift, daß neue Modelle mit 280-MHz- und 300-MHz-Prozessor kommen würden, und kaum hatte ich mein bestelltes Modell erhalten, so konnte man die neuen besseren und zugleich deutlich billigeren auch schon kaufen. Vier Wochen nach meiner Bestellung hätte ich also einige tausend DM sparen und etwas Besseres bekommen können. Sie werden es nachvollziehen können, wie sehr ich mich damals ärgerte. Der Ärger wurde später noch größer, als der TFT-Monitor in unregelmäßigen Abständen wegen eines nicht von meinem Macintosh-Händler behebbaren Wackelkontaktes in breiten vertikalen Streifen flimmerte und schließlich mein Händler erst aus meiner Nähe ans entgegengesetzte Ende der Stadt zog (München ist ziemlich groß) und bald darauf nicht mehr aufzufinden war.
Mein erst vor wenigen Monaten gekauftes Macbook Pro ist ein viel modernerer und 8mal so schneller Nachfolger zu einem Bruchteil des damaligen Preises. Doch auch diesmal erschien nur zwei Monate nach dem Kauf ein schnelleres und dennoch ein bißchen billigeres Nachfolgemodell. Hätte ich dieses noch abgewartet, wäre mir aber auch wieder dasselbe Schicksal widerfahren, nur eben einige Monate später: Die Entwicklung geht in diesem Bereich so schnell voran, daß jedes zu beliebigem Zeitpunkt gekaufte Gerät relativ bald durch ein besseres und oft kostengünstigeres Nachfolgemodell überholt ist. Verschiebt man aus diesem Grunde seinen Kauf, muß man aufhören zu arbeiten, weil man dann nämlich nie kauft und ohne Arbeitsgerät nicht arbeiten kann.
Und noch eine Anmerkung als Ergänzung der Darstellung von Herrn Fritzen: Hätte der Händler Ihnen von sich aus einen hohen Rabatt wegen der bevorstehenden Neuheit gegeben, hätte er möglicherweise gegen eine von Zeiss verhängte Sperrfrist (der Bekanntmachung der bevorstehenden Neuheit) verstoßen und wäre derjenige gewesen, der den Schaden hat, weil er ja seine Ware zu einem Zeitpunkt eingekauft hat, als diese aktuell war und auch den vollen (Einkaufs-)Preis ohne „Ladenhüter-Rabatt“ kostete. Würden Sie als Händler sich selbst einen solchen finanziellen Schaden zufügen, nur um Ihren Kunden zu schonen? Natürlich wäre es eine aus Ihrer Sicht edlere Handlungsweise gewesen, wenn der Händler Sie über die Neuheit informiert und einen größeren Preisnachlaß angeboten hätte. Aber, wie gesagt, zu seinem Nachteil und auch mit dem Risiko, daß Sie daraufhin gesagt hätten „dann warte ich noch, bis das neue Modell da ist“ und Sie das Laden verlassen hätten, ohne etwas bei ihm und vielleicht das neue Modell anderswo zu kaufen. Wäre Ihr Altruismus so groß, sich als Händler so zu verhalten?
Die Frage nach der Rechtmäßigkeit einens Wissensvorsprungs braucht wohl nicht beantwortet zu werden, da sie Ihnen sicher ohne lange Überlegung aus purem Ärger herausgerutscht ist und Ihnen wohl inzwischen klar sein dürfte, wie die Antwort lauten muß.
Walter E. Schön
