1. Der Okularachsenabstand muß im Nahbereich enger eingestellt werden als für Fernbeobachtung, weil die Augen dann deutlich einwärts schielen, nämlich so, wie ohne Fernglas für eine Entfernung gleich dem n-ten Teil der wirklichen Entfernung, wenn n der Vergrößerungsfaktor ist. Beispiel: bei 2 m Entfernung und 8facher Vergrößerung schielen die Augen so wie auf 2 m : 8 = 25 cm ohne Fernglas. Der Abstand der beiden Augenpupillen-Mitten (= Augenweite) verkürzt sich dabei um ca. 2,6 mm, wenn wir als Augenweite den Durchschnittswert von ca. 66 mm annehmen.
2. Nichtsdestoweniger reicht die Überlappung der beiden Sehfelder des linken und rechten Auges bei Entfernungen unter 2 m nicht mehr für ein angenehmes Beobachten aus. Wenn wir von einem scheinbaren Sehwinkel von 60° ausgehen und die Verzeichnung vernachlässigen, wäre der tatsächliche Sehwinkel bei 8facher Vergrößerung ca. 8,3°. Bei einem deutlich kissenförmig verzeichnenden Fernglas wäre es weniger. Auf 2 m Abstand (ab Objektiv) ergibt das einen Sehfelddurchmesser von knapp 29 cm, also knapp soviel, wie eine DIN-A4-Seite lang ist. Für die Hobbyköche unter den Forumsteilnehmern noch anschaulicher: Das Sehfeld pro Auge ist ziemlich genauso groß wie der runde Deckel einer Standard-Pfanne (Ø 28 cm, der Deckel ist meistens wenige Millimeter größer). Nun denken Sie sich zwei solche Deckel derart übereinandergelegt, daß deren Mitten um die Augenweite beim Schielen, in unserem Beispiel also um 63,4 mm versetzt sind. So wie sich diese beiden Pfannendeckel überlappen, überlappen sich bei 2 m Entfernung unsere Sehfelder. Wenn man das mit ein bißchen Trigonometrie und dem Pythagoras genau ausrechnet, kommt man auf eine Überlappungsfläche von nur noch 56,57% der gesamten, mit beiden Augen sichtbaren Fläche. Ich empfinde das als gerade noch tragbar.
Weiteres Abknicken der Knickbrücke wäre, damit man noch mit beiden Augen durchschauen kann, bestenfalls um ca. 2 mm möglich. Das ändert am Überdeckungsverhältnis fast nichts, verstärkt aber die Aberrationen. Somit wäre es nicht sinnvoll.
Ich halte deshalb bei Dachkantferngläsern mit ca. 8facher Vergrößerung eine Nahgrenze von ca. 2 m für sinnvoll. Bei höherer Vergrößerung sollte sie entsprechend weiter sein. Deutlich kürzere Nahgrenzen bringen nur auf dem Papier Vorteile, nicht aber in der Praxis.
Walter E. Schön