Sie haben gesagt, daĂ die Linsen (Sie meinten dabei speziell die Frontlinse) Ihrer Olympus OM-1 noch wie neu aussehen, die Ihres Leica-Fernglases aber zerkratzt sind â âtrotz Lipupaâ. Dazu ist zu fragen bzw. zu sagen:
1. Hatten Sie, wie ich vermute und Sie an anderer Stelle auch schrieben, Ihre Kameraobejktive immer mit Objektivdeckeln geschĂŒtzt (wenn Sie nicht fotografierten)? Hatten Sie auch Ihre Fernglasobjektive immer mit Objektivdeckeln geschĂŒtzt, wenn Sie nicht durchschauten? Wenn nicht, dann hinkt Ihr Vergleich.
2. Das Fernglas hatten Sie bestimmt wesentlich weniger sorgfĂ€ltig behandelt als die Kamera, sicher auch im BewuĂtsein, daĂ ein Leica-Glas das ja aushĂ€lt (was Sie in gleicher Weise Ihrer OM-1 wohl kaum zugemutet hĂ€tten). Sie haben z.B. die OM-1 bestimmt fast immer in einer Fototasche getragen, wo sie weich gepolster und vor Ă€uĂeren EinflĂŒssen gut geschĂŒtzt war. Haben Sie auch Ihre Fernglas in einer Ă€hnlich gepolsterten und mit ReiĂverschluĂ geschlossenen Tasche getragen - oder hing es einfach ânacktâ am Trageriemen vor der Brust oder an der Seite? DaĂ die Frontlinsen Ihrer OM-1-Objektive âdurch Staub und SchweiĂ (Wimpern)" verschmutztâ wurden, ist auch kaum anzunehmen. Also gab es durchaus signifikante Unterschiede, die Ihren Vergleich etwas fragwĂŒrdig machen.
3. Leider muà ich Ihnen sagen: Lipupa war nicht ideal; Mifatu* wÀre besser gewesen, damals (zu OM-1-Zeiten) aber kaum gebrÀuchlich, weshalb Sie diesen Hinweis bitte nicht als Vorwurf, sondern nur als Feststellung verstehen sollten.
* Allen Mitleser, die selbstverstĂ€ndlich wissen, was Herr Scheller mit âLipupaâ meinte (ich vermute: Linsenputzpapier â oder doch nur eine neue Version von Pipapo?), aber darĂŒber rĂ€tseln, was mein âMifatuâ bedeutet, möchte ich sagen, daĂ ich dies sonst nie so bezeichne, sondern nur speziell fĂŒr Herrn Scheller dessen AbkĂŒrzungsmodus benĂŒtze; alle anderen Leser dĂŒrfen sich anstelle von âMifatuâ das lĂ€ngere Wort âMikrofasertuchâ denken.
Nun noch meine Anmerkungen zur OM-Serie, da sich zu deren QualitÀt im Vergleich zu Leica schon zwei andere Stimmen meldeten und ich aus alter Fototester-Zeit noch etwas dazu ergÀnzen kann:
Ich hatte ca. 14 Jahre fĂŒr die Fotozeitschrift ColorFoto monatlich Fotoobjektive mit sehr groĂem Aufwand getestet (insgesamt viele hundert Modelle) und in jeweils ca. 10- bis 16seitigen BeitrĂ€gen mit vielen Belegfotos, Auflösungsdiagrammen und nach Bedarf noch weiteren Grafiken (z.B. zur Verzeichnung) veröffentlicht. Die Zuiko-Objektive zur OM-Serie fiel insofern sehr oft aus dem ĂŒblichen Rahmen, weil sie offenbar auf sehr hohe Auflösung und nicht auf sehr hohen Kontrast gezĂŒchtet waren. Die MTF-Kurven verliefen in dem fĂŒr eine billante Bildwiedergabe relevanten Bereich niedriger, aber wegen des flacheren Abfalls fĂŒr höhere Ortsfrequenzen erreichten Sie im Bereich sehr niedrigen Kontrastes eine etwas höhere Auflösung. Nach den 1968 von Heynacher und Köber (beide bei Carl Zeiss) unter dem Titel âAuflösungsvermögen und Kontrastwiedergabeâ veröffentlichten und seither in Fachkreisen anerkannten Erkenntnissen hat Olympus hier einen falschen Weg eingeschlagen. Leica-Objektive, die bei Testtafelaufnahmen oder MTF-Messungen oft keine so hohe Grenzauflösung erzielten, lieferten dennoch die brillanteren Bilder und wurden von Profifotografen deshalb eindeutig bevorzugt.
Olympus hat die OM-Serie zudem auf extreme Kompaktheit und geringes Gewicht âgezĂŒchtetâ, was zwar Erfolg bei vielen Amateuren brachte, die ungern schweres GerĂ€t durch die Landschaft schleppten, aber leider die von Profis geforderte Robustheit vermissen lieĂ.
Eine weitere groĂe SchwĂ€che der OM-Serie war der enorme Stromverbrauch, der so hĂ€ufige Batteriewechsel erforderte, daĂ viele OM-Besitzer deswegen die Marke wechselten (u.a. auch mein Bruder und ein Onkel von mir, beide Architekten und zunĂ€chst vom âLeichtgewichtâ und dem durchaus gefĂ€lligen Design zum Kauf veranlaĂt).
In folgenden Punkten war die OM-Serie jedoch vorbildlich und Vorreiter neuer Technologie: 1. Olympus bot mit der Multispotmessung und anschlieĂender Mittelung eine ĂŒberaus zuverlĂ€ssige Methode, auch bei schwierigen KontrastverhĂ€ltnissen prĂ€zise Belichtung zu erzielen (wenn man sie korrekt anwandte und nicht so, wie in der OM-Bedienungsanleitung geschrieben, die grobe Fehler enthielt!). Vergleichbares bot erst Jahre spĂ€ter Canon in der T90 an. 2. Olympus bot die besten Ring- und Makroblitzsysteme fĂŒr Nahbereichsfotografie an, sogar mit auswechselbaren Reflektoren. 3. Olympus war auch Pionier bei der TTL-Messung sowohl mit Blitzlicht auf der Filmebene als auch bei Dauerlicht zunĂ€chst auf dem VerschluĂvorhang und bei der Aufnahme auf der FilmoberflĂ€che. 4. Da Olympus zudem eine gröĂere Auswahl an guten Makro- und Lupenobjektiven im Programm hatte â dank Erfahrung als einer der fĂŒhrenden Mikroskop(objektiv)hersteller der Welt â, waren OM-Kameras fĂŒr jede Art von Makrofotografie sehr beliebt.
Die OM-Fans in diesem Forum werden mir nach diesen positiven Anmerkungen hoffentlich die vorausgegangenen kritischen bis negativen verzeihen (aber vielleicht aus eigener Erfahrung bestÀtigen können).
Walter E. Schön