„30 Jahre Garantie“ klingt gut und war bei Leica und Zeiss bis vor relativ kurzer Zeit auch üblich, bei Swarovski gilt sie noch immer, aber Swarovski haben Sie mit einer absolut überzeugenden Begründung („Auslaufmodell“) nicht einmal eines einzigen Blickes gewürdigt. Über die Häufigkeit von Garantiefällen über den Zeitverlauf hat schon „OhWeh“ alles gesagt, doch Sie dürfen gern eine davon abweichende Ansicht haben.
Stand der Technik in der Nomenklatur ist natürlich viel wichtiger als die beim Durchschauen festzustellenden Bildqualität, die ja bekanntlich sehr subjektiv empfunden wird, speziell wenn man Ihre rosarote Brille trägt. Dielektrische Prismenverspiegelung bringt das Steiner Discovery tatsächlich in diesem Detail auf das Niveau der Leica-, Swarovski- und Zeiss-Gläser. Wie gut die dielektrische Verspiegelung ist, wissen wir nicht; Sie sollten wissen, daß es da auch gewisse Unterschiede gibt. Ich will mal zu Ihrem Vorteil annehmen, daß der an Steiner liefernde Hersteller ähnlich gute Qualität wie die drei genannten Mitbewerber erreicht. Erstaunlich ist nur, daß der amerikanische Anbieter des weitgehend baugleichen, optisch sogar identischen Fernglases seine Variante zu einem wesentlich niedrigeren Preis verkauft. Welcher der beiden Preise ist wohl eher der gebotenen Qualität angemessen?
Wenn die Objektive tatsächlich aus fluoridhaltigem Glas bestehen sollten, wäre das sehr schlecht. Denn fluoridhaltiges Glas für sich allein ist keineswegs ein besonders gutes optisches Glas, sondern es kann nur in Kombination mit anderen (nicht fluoridhaltigen Gläsern) zu einer besseren Unterdrückung chromatischer Aberration führen, wenn das Grundkonzept gut ist und die Abstimmung zwischen den Glassorten optimal gewählt ist. Ich hoffe also zu Ihrem Vorteil, daß die Objektive der Steiner-Discovery-Ferngläser nicht nur fluoridhaltige Gläser, sondern auch noch andere Gläser enthalten, mit denen sie im Verbund gut harmonieren. Ob die Farbkorrektion tatsächlich „überragend“ wird, hängt aber, wie schon angedeutet, nicht allein von der Verwendung fluoridhaltiger Gläser, sondern auch und mitunter sehr viel mehr davon ab, wie gut die Kompensation der Fehler in der individuellen Kombination gelungen ist. Wie auch immer das bei Steiner in diesem Falle gelungen ist, auch diese Eigenschaft hebt Steiner nicht über Leica, Swarovski und Zeiss hinaus, sondern bringt sie bestenfalls auf gleiches Niveau.
Ein großes randscharfes Bild? 130 m ist ein guter Wert bei 8facher Vergrößerung, aber hier bieten Swarovski und Zeiss noch ein klein wenig mehr. Über die Randschärfe kann ich leider heute noch kein Urteil abgeben, aber ich hoffe, im Laufe der kommenden Woche mehr dazu sagen zu können. Also lasse ich diesen Punkt vorläufig offen.
Ob das Steiner Discovery wirklich eines der besten und widerstandsfähigsten Gehäuse der Welt hat, muß sich erst erweisen. Ausgeschlossen ist es nicht, aber die von Ihnen vorgenommene Übertragung einer von „Skippern“ gewonnenen Erfahrung mit anderen Steiner-Ferngläsern völlig anderer Bauweise (Porro ohne Zentralfokussierung) ist schon sehr gewagt. Es wird Sie vielleicht überraschen zu erfahren, daß ausgerechnet die (Marine-)Ferngläser von Steiner, mit denen sich diese Firma bei Skippern und anderen auf Steiner schwörenden Anwendern den Ruf besonders widerstandsfähiger Gehäuse erworben hat (übrigens ein gutes Argument, um einen Vorwurf weniger guter Optik zu kontern!), aus Makrolon besteht, also einem Kunststoff, den Sie als „Plastik“ bezeichnen würden. Das Discovery jedoch hat ein Gehäuse aus einer Magnesiumlegierung, also einem ganz anderen Material als die angeblich so robusten Steiner-Marinegläser! Ihr mit dem Ausdruck der Verachtung vorgebrachter Vorwurf, bei Zeiss-Victory-FL-Gläsern ein Plastikgehäuse zu bekommen, ist also sehr fragwürdig, insbesondere wenn man weiß, daß Zeiss die betreffenden Gehäuseteile aus einem speziellen, extrem widerstandsfähigen und besonders maßhaltigen glasfaserverstärkte Kunststoff bei einem in Fachkreisen als weltweit bester Hersteller bekannten Lieferanten in der Schweiz (also nicht in einem Billiglohnland) fertigen läßt. Nebenbei möchte ich noch erwähnen, daß Drucktanks und Hubschrauben-Rotorblätter, die allerhöchsten Festigkeitsanforderungen genügen müssen, aus ganz ähnlichen Verbund-Kunststoffen gefertigt werden, weil sie hierfür bessere Festigkeitseigenschaften als alle bekannten Metalle und Metall-Legierungen haben. Aber wenn Sie solche hochfeste Verbund-Kunststoffe mit dem Material gleichsetzen, als dem Joghurtbecher hergestellt werden, kommen Sie natürlich zu einem anderen Urteil.
Sie stellen dann die Frage (Zitat): „Können das die anderen Hersteller denn nicht auch?“ Diese Frage ist klar und einfach zu beantworten: Ja, und zwar mindestens ebenso gut, teilweise sogar noch besser.
Nun knüpfen Sie sich das Zeiss Victory FL vor und werfen ihm das „Plasikgehäuse“ vor. Das ist polemischer Unsinn, den ich jetzt nicht nochmals richtigstellen muß (Näheres siehe weiter oben). Ferner werfen Sie ihm „lieblose Verarbeitung“ vor. Ich besitze selbst drei verschiedene Victory-FL-Modelle (10x32, 8x42 und 10x56), aber von „liebloser Verarbeitung“ konnte ich nicht die geringste Spur feststellen.
Dann machen Sie das Leica Ultravid 8x42 HD nieder, weil Ihnen die Farbsäume zu stark sind. Richtig, das ist die wesentliche Schwäche dieses Modells, die Farbsäume sind etwas deutlicher als bei Zeiss FL und bei Swarovski EL, aber ich halte sie nicht für dramatisch, da sie nur im Randbereich an kontrastreichen tangential verlaufenden Kanten auffallen. In vielen anderen Eigenschaften dagegen ist dieses Fernglas absolute Spitze. Es ist extrem kompakt, hat eine hervorragende Haptik (ich bin kein Freund der Längsrippen von Zeiss, aber ich weiß, daß andere sie mögen), eine so gut wie temperaturunabhängige Friktion der Fokussierwalze, hervorragenden Kontrast, und es ist nach meinem Empfinden (subjektiv, ich weiß) das mit Abstand schönste Fernglas seiner Klasse. Das Design des Steiner Discovery hat dagegen eine Anmutung wie die US-Straßenkreuzer der 50er und 60er Jahre mit Heckflossen, Chromzierleisten und Weißwandreifen. Aber mag sein, daß genau das Ihr Stil ist.
Schließlich kommen Sie zum Swarovski EL 8,5x42, bei dem Sie sich mit dem unglaublich zugkräftigen Argument „Auslaufmodell“ darum drücken, es näher zu betrachten. So ist Ihnen leider entgangen, daß es trotz eines als noch besser angekündigten und wohl Anfang 2010 zu erwartenden Nachfolgers immer noch eines der derzeit besten, für mich mit den von mir definierten Kriterien das bester aller Ferngläser in der Klasse um 8x42 ist. Schade, aber vielleicht auch zum Glück, daß Ihnen alles das entgangen ist, denn so werden Sie keinen Grund haben, an der Richtigkeit Ihrer Entscheidung für das Steiner Discovery 8x44 zu zweifeln.
Beim Kowa 8,5x44 geben Sie erneut Ihrem Drang zur maßlosen Übertreibung nach: „bleischwer und mit kleinem Sehfeld“. Da steckt ein Körnchen Wahrheit drin, dieses Fernglas ist merklich schwerer als die Mitbewerber (aber das Nikon 8x42 HG war noch schwerer, erst das HG-L ist etwas leichter geworden), und das Sehfeld ist auch etwas, aber keineswegs so sehr viel kleiner, daß man es so wie Sie abqualifizieren kann, zumal dann, wenn man seinen Preis im Vergleich zu den Preisen von Leica, Swarovski und Zeiss betrachtet und seine exzellente Farbsaumkorrektion mitberücksichtigt. Ich würde mich nach heutigem Kenntnisstand zwar eher für ein Leica, Swarovski oder Zeiss als für dieses Kowa entscheiden (das 10x44 dagegen würde wegen seines größeren SSW schon viel näher an die Spitzengruppe aufschließen!), doch ich würde das Kowa immer noch dem Steiner Discovery 8x44 vorziehen. Aber es geht ja hier nicht um meine Entscheidung, sondern um das für Sie optimale Fernglas ...
... und damit komme ich zum wahrscheinlich wichtigsten Punkt: Ihre persönliche Nähe zur Werbeabteilung von Steiner, die genau wie Sie „deutsch spricht“ (z.B. Fast-Close-Focus, Sports-Auto-Focus, High-Definition XP-Optik, NBR-Longlife, Sistance-Control-System, ClicLoc, SEBS-Professional), wird Ihnen garantiert auf Dauer einen guten Service bieten und damit als Ergänzung zur 30-Jahre-Garantie das entscheidende Kaufargument geliefert haben. Ich gönne Ihnen dieses Privileg und wünsche Ihnen, mit diesem Fernglas glücklich zu werden.
Walter E. Schön
