Hallo Hr. Emmerling,
Sie sprechen mir aus der Seele, vielen Dank dafür.
Es gibt sicherlich eine Menge Argumente, die für ein 10x-Glas sprechen.
Aber gerade der etwas ältere Vogelkundler, der aufgrund seiner Erfahrung fast alle Arten schon mit 7/8-facher Vergrößerung zuverlässig bestimmen kann, ist mit einem 10-fachen Glas nicht gut bedient, das kleinere Sehfeld und die viel geringere Schärfentiefe sind gewichtige Argumente für 7/8x.
Ich möchte - zugegeben etwas provozierend - einen Gedanken hinzufügen:
Viele Sterngucker ( ich bin auch Hobbyastronom ) prahlen damit, welch hohe Vergrößerung ihr Gerät noch verkraftet, ohne an Schärfe zu verlieren, dabei werden Werte von V = 3x Öffnung in Millimetern und mehr angegeben, d. h. ein 100mm Gerät soll Vergrößerungen bis über 300x verkraften.
Das ist völlig grotesk, denn schon bei wenig mehr als V = 1,5x Öffnung in Millimetern ist man im Bereich der sogenannten "leeren" Vergrößerungen, d. h., das Bild wird zwar größer, aber dunkler und unschärfer, mehr Details sind nicht zu erkennen. Ganz klar gesagt: diese Leute haben schlicht und einfach sehr schlechte Augen, wenn sie dies nicht bemerken.
Bei den Freihand-Ferngläsern liegt ein anderer Sachverhalt vor. Hier ist die Unruhe des Bildes durch das Handzittern der begrenzende Faktor. Beobachter mit hoher Sehschärfe sehen natürlich auch die "Zitterunruhe" deutlicher und sind daher mit einem Glas mit niedriger Vergrößerung zufrieden. Ich habe diesen Gedanken - 10x für Leute mit durchschnittlicher Sehschärfe, 7/8x für Adleraugen - in einem früheren Beitrag schon einmal zur Diskussion gestellt, leider mit sehr wenig Resonanz.
Dazu zum Schluss ein Beispiel: Vor einiger Zeit war ich mit einer Gruppe von Vogelkundlern an der französischen Kanalküste, um Hochseevögel zu beobachten. Unter uns war ein bekannter Möwenspezialist, der so viel Erfahrung und so scharfe Augen hatte, dass er mit seinem betagten Zeiss Dialyt 10X40B ( aufgestützt ) Vogelarten auf dem offenen Meer schon bestimmen konnte, die uns anderen - keine Anfänger - selbst im Spektiv! noch ein Rätsel waren. Als die Vögel - Enten, Möwen, Raubmöwen u.a. - dann näher kamen, erwies sich die "Diagnose" des Kenners immer als richtig. Fazit: Vergrößerung ist nicht alles!
Ich selbst bin schon seit ca. 40 Jahren eifriger Vogelkundler, momentan besitze ich mit einem Nikon 10x42 SE und einem Leica Trinovid 10x50 BA zwei durchaus respektable zehnfach vergrößernde Gläser. Als Zahnarzt habe ich keine Zitterhand, trotzdem bevorzuge ich bei meinen vogelkundlichen Exkursionen in 90% der Fälle mein Nikon 8x32 HG oder mein Zeiss Victory FL 7x42.
Beste Grüße
Manfred
2-mal bearbeitet. Zuletzt am 09.08.07 00:00.