Die Methode 3.1 mit parallelem Blick gegen die Wand bei einem Auge ohne und beim anderen mit Fernglas ist prinzipiell geeignet, um etwa auf 0,5° genau zu messen. Aber es gibt ein physiologisches Problem, das störend dazwischenfunkt:
Sie dürften eigentlich während des Blicks an die Wand nicht von einem zum anderen Sehfeldrand pendeln, sondern müßten stur geradeaus zur Mitte der Sehfeldscheibe blicken. Das Problem ist, daß Sie dann den Rand und die Markierung an der Wand nicht scharf genug sehen. Sobald die Augen sich seitlich bewegen, tritt nicht nur der von Ihnen beschriebene Effekt ein, sondern es besteht auch die Gefahr, daß sich die Vergenz ändert. Das ist der Winkel zwischen den Sehachsen Ihrer beiden Augen. Die beiden Sehachsen müssen nicht unbedingt parallel verlaufen wie beim Fixieren eines unendlich weiten Punktes, aber vom Markieren des linken Sehfeldscheibchen-Randes zum Markieren des rechten müßte der Vergenzwinkel derselbe sein, also konstant bleiben. Wenn das nicht der Fall ist (und leider ist der Vergenzwinkel nicht präzise willentlich steuerbar), dann verschiebt sich beim Blick zur anderen Seite das Scheibchen, und es kommt dann ein zu kleiner oder zu großer Durchmesser heraus.
Ich bin seit Vormittag dabei, die scheinbaren Sehwinkel fast aller meiner Ferngläser mit dem Grün-Laser (Methode 3.3) zu messen und werde die Ergebnisse in vermutlich ca. einer Stunde komplett haben und dann hier veröffentlichen. Das Swarovski 8x32 EL ist mit dabei, und ich kann Ihnen vorab schon verraten, daß sein scheinbarer Sehwinkel größer ist, als Sie festgestellt haben und fast exakt mit der Herstellerangabe übereinstimmt: ich habe 61,8° ±0,3° gemessen, Swarovski gibt 62° an (nicht 62,0°, so daß die Aufrundung in Ordnung ist).
Übrigens sollten Sie nicht von „Gesichtswinkel” sprechen, denn diese Bezeichnung ist in der Ophthalmologie (Augenheilkunde) bereits für den Winkel vergeben, den das menschliche Auge (ohne Fernglas!) beim Geradeausblicken ohne Kopf- und Augenbewegung überblicken kann. Er beträgt durchschnittlich von der Achse aus ca. 90° nach außen (also für das linke Auge nach links und für das rechte nach rechts), ca. 60° nach innen (nasenwärts), 50° nach oben und 70° nach unten. Der Winkel, den man beim Blick durch das Fernglas über den Durchmesser seines Sehfeldes überblicken kann, heißt korrekt „scheinbarer Sehwinkel“.
Walter E. Schön