Andreas (Vertigo) schrieb:
<<Wie beurteilst du die Schärfe und die Randschärfe?
Sind CA erkennbar, b.z.w. deutlicher?
SSW dürfte ausreichend sein?<<
CA: am 10x56 SLC und am Canon 10x42 L IS gleichermaßen gut korrigiert. Im Randbereich ist CA natürlich zu sehen, aber nicht besonders störend. Auf dem gleichen Niveau wie z.B. das 8.5x42 EL. Ich kenne kein Fernglas, welches im Randbereich keinen Farbfehler aufweist.
Schärfe in der Bildmitte: nach längerem Vergleich vom Stativ scheint mir das SLC in der Bildmitte ein klein wenig schärfer zu zeichnen als das Canon – aber der Unterschied ist marginal.
Schärfe im Randbereich: das Canon schneidet hier besser ab. Das Glas hat Bildfeldebnungslinsen, aber am äußeren Rand bleibt ein klein wenig Bildfeldwölbung, die man durch nachfokussieren ausgleichen kann. Das Bild ist dann auch am äußeren Rand recht scharf, also weist die Optik hier keinen nennenswerten Astigmatismus auf.
SLC: auch hier zeigt das Glas Bildfeldwölbung, den Randbereich konnte ich aber nicht richtig scharf stellen. Dies war etwas überraschend, bin ich doch von der Astrotauglichkeit des SLC überzeugt. Weitere Tests ergaben dann folgendes: ohne Brille kann ich den Randbereich im SLC besser scharfstellen als mit Brille! Was ich nur nicht ganz verstehe ist, dass dieser Effekt beim Canon praktisch nicht auftritt: hier kann ich den Randbereich sowohl mit als auch ohne Brille scharf stellen. Beide Tuben beim SLC sind von dem Effekt betroffen, es spielt auch keine Rolle, ob ich mit dem linken Auge durch den rechten Tubus schaue und umgekehrt oder ob ich das SLC auf 42mm abblende.
Eigentlich darf ich überhaupt keine Empfehlungen oder Nichtempfehlungen für Ferngläser mehr aussprechen – die Augen geben das nicht mehr her und erlauben keinen allgemeingültigen Test!
Aber Roger Vine scheint bei seinem Praxisbericht des 10x56 SLC das Glas ein klein wenig zu euphorisch zu bewerten: [
www.scopeviews.co.uk]
Mir ist auch bei Beobachtung des Planeten Jupiter letztes Jahr aufgefallen, dass ein Mond nahe an Jupiter sowohl im Canon 10x42 L IS als auch im 10x42 SF besser auszumachen war als im SLC: dort störten doch einige flares in unmittelbarer Nähe der Planetenscheibe. Andererseits halte ich ein 10x56 Glas nicht besonders gut geeignet für die Beobachtung heller Planeten: der optimale Einblick, um die flares zu minimieren ist ein Geduldsspiel. Etwas höhere Vergrößerung und damit einhergehend kleinere AP wie beim 15x56 SLC, und die Sache sieht ganz anders (besser) aus.
Es ist ja bekannt, dass bei Beobachtung mit freiem Auge helle Sterne oder Planeten mit weit geöffneter Eintrittspupille nicht scharf und punktförmig erscheinen sondern zerfranst und mit flares behaftet. Das gleiche Auge sieht aber helle Sterne durch z.B. einen guten Refraktor ab einer AP von ca. 3mm oder weniger lehrbuchartig scharf und punktförmig (bei gutem seeing).
Fazit (Vergleich 10x56 SLC – Canon 10x42 L IS):
- CA bei beiden Gläsern sehr gut korrigiert
- Mittenschärfe beim SLC scheint ein klein wenig besser
- Randbereich ist beim Canon schärfer bzw besser scharf zu stellen
- SLC ist auch tagsüber deutlich heller (auch wenn ich es auf 42mm abblende)
- Bei terrestrischer Beobachtung ist der Kontrast im Canon höher
- Das SLC zeigt am Sternhimmel weit mehr Objekte
- Das SSW halte ich auch beim SLC für ausreichend – 60° sind ok
beides sind ganz ausgezeichnete Ferngläser, aber mit unterschiedlichem Anwendungsspektrum
Grüße von Andreas
1-mal bearbeitet. Zuletzt am 21.04.19 20:28.