Sehr geehrter Herr Champollion,
da haben Sie etwas mißverstanden, in Elekronenmikroskopen geht es nicht um Lichtwellen sondern Elektronenwellen und bei Radioteleskopen geht es zwar um elektromagnetische Strahlung, aber um einen für Menschen unsichtbaren Anteil. Sie dürfen nicht vergessen, dass wir Menschen nur einen kleinen Ausschnitt des Spektrums elektromagnetischer Strahlung, den wir Licht nennen, wahrnehmen können.
Im Elektronenmikroskop werden Elektronenstrahlen (oder -wellen) verwendet, die magnetisch abgelenkt werden können, weil sie eine Ladung tragen. Die dazu nötigen Magnetlinsen haben vergleichsweise noch höhere Abbildungsfehler als Glas sie an Lichtwellen verursacht, die aber im wesentlich höheren Auflösungsvermögen des Verfahrens sozusagen untergehen. Der Elektronenstrahl muß ausserdem auf das, was er sichtbar machen soll, im Hochvakuum treffen, sie müssen also nicht nur die Beobachtungsumgebung evakuieren, sondern das, was sie beobachten wollen auch noch vorher fixieren und in Kauf nehmen, das es allmählich beim Beobachten durch die Strahlung zersetzt wird, denn biologisches Material, verträgt diese Bedingungen nicht so gut... Sie können damit auch leider keine dynamischen Vorgänge beobachten, sondern nur Momentaufnahmen machen. (Wie schön wäre es, ein Proteinmikroskop zu haben, mit dem man in der lebenden Zelle beobachten könnte...) Wenn Sie also mit einem magnetlinsenabgelenkten Elektronenstrahl die natürliche Umgebung beobachten wollten, nähme die Ihnen das bestimmt ziemlich übel.
Auch für Radiowellen, Gamma-Strahlung und was die Astronomen sonst noch so alles zum Erkenntnisgewinn registrieren, brauchen sie hohen technischen Aufwand, zu dem sich im Vergleich ein handliches Fernglas geradezu primitiv ausnimmt.
Freuen Sie sich lieber über diesen wundervollen Werkstoff Glas, dessen phantastische Eigenschaften uns so viele fabelhafte Sachen wie auch Ferngläser ermöglichen, und dessen "Fehler" aus Sicht der Natur keine sind. Es ist nur unser Wahrnehmunsapparat, der manche seiner Eigenschaften so interpretiert, weil er gelernt hat, unerwünschte optische Eigenschaften der eigenen Augen, bevor sie bewußt wahrgenommen werden, wegzurechnen. Wer - wie jeder von uns natürlicherweise - über eigene Fehler gern grosszügig hinwegsieht oder sie versteckt, sollte dem ehrlichen Glas gegenüber nicht zu kleinlich werden und nicht vergessen, seine schönen Vorzüge bewundernd zu geniessen. (Ich hätte den Medoc aus schönem Glas auch gerne probiert).
PS.: schön, dass Sie Sinn für Humor haben - ich hatte fast befürchtet, in diesem distinguierten Club zu weitgegangen zu sein.
7-mal bearbeitet. Zuletzt am 19.03.08 16:33.