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Solche Ferngläser mit „vorn Glas und hinten Elektronik“ gibt's schon + Verbesserungsvorschlag

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19. März 2008 19:20
Auf „optischen Input“, d.h. ein herkömmliches Objektiv als Bilderzeuger können Sie nicht verzichten, wenn Sie mehr als nur Formen, nämlich auch originalgetreue Helligkeiten und Farben sehen wollen. Daß Sie (aus zahlreichen Gründen!) mit nicht Elektronenkanonen auf Spatzen schießen können, hat Ihnen „konfokal“ schon erklärt. Und wenn es ginge, so erhielten Sie Bilder, die mit den Farben, die wir mit unseren Augen sehen und somit für die „wahren“ Farben halten, gar nichts zu tun haben. Denken Sie doch nur an Nachtsichtgeräte, die als einzige „Farbe“ Infrarot wahrnehmen können. Damit Sie dennoch mit den Augen ein Bild betrachten können, muß für jeden Bildpunkt die von diesem aufgenommene Infrarot-Intensität auf einem Bildschirm als Licht-Intensität dargestellt werden (mithin in falscher Farbe, z.B. in einem Leuchtphosphorgrün). Es erscheint dann z.B. alles hellgrün, was im Motiv Infrarot gut reflektiert oder selbst abstrahlt, und alles dunkel, was kein oder sehr wenig Infrarot reflektiert und abstrahlt, selbst wenn es in sichtbarem Licht sehr hell wäre. Mit hell und dunkel oder gar irgendwelchen Farben, die wir bei diesem Motiv mit unseren Augen gesehen hätten, hat das alles überhaupt nichts mehr zu tun.

Gut, Sie haben sich inzwischen damit abgefunden und fordern jetzt nur noch ein „elektronisches Fernglas“, das vorn ein Objektiv zur Bilderzeugung hat, alles weitere aber elektronisch bewerkstelligt. Solche (allerdings nur monokulare) „elektronische Ferngläser“ gibt es bereits in reicher Auswahl sogar mit Bildstabilisierung, nämlich als Digital-Kompaktkameras, und Sie haben in einer anderen Diskussion selbst einige davon aufgezählt, z.B. die Panasonic DMC-FZ18. Da ist doch alles genauso, wie Sie es sich wünschen, wenn auch nur monokular.

Ein Problem dabei ist jedoch die Zuordnung einer „Vergrößerung“, denn dieser Begriff ist strenggenommen nicht anwendbar, wenn ein reelles Bild (bei dieser Kamera auf einem 2,5"-TFT-Display) betrachtet wird. Da muß man dann von Abbildungsmaßstab sprechen, und der ist so völlig anders definiert und darum so winzig klein, daß es nach Verkleinerung statt Vergrößerung aussieht (und tatsächlich auch eine ist). Aber wenn man einen bestimmten Betrachtungsabstand zugrundelegt, z.B. 25 cm, dann kann man dafür auch eine „Vergrößerung“ berechnen:

Wenn die DMC-FZ17 auf ihre extreme Teleposition gestellt wird, ist die kleinbildäquivalente Brennweite (ohne Nutzung des sog. Digitalzooms, das nichts anderes als eine Ausschnittvergrößerung ist) nach Herstellerangabe 504 mm. Das ergibt auf die Kleinbilddiagonale von 43,2 mm bezogen einen tatsächlichen Sehwinkel von ca. 4,91°. Das ist ein Wert, der dem eines mittelprächtigen 12fach-Fernglases entspricht.

Nun wollen wir auf eine ganz einfache Weise die resultierende Vergrößerung berechnen, die sich bei Betrachtung des Displays aus 25 cm Augenabstand ergibt: Das Display hat eine sichtbare Diagonale von genau 60 mm. Das ist gegenüber dem Kleinbildformat eine Vergrößerung (genauer ein Abbildungsmaßstab) von 1,39fach (bzw. 1,39:1). Erfreulicherweise ist der Betrachtungsabstand von 25 cm zufällig fast exakt die halbe KB-äquivalente Brennweite, so daß sich hier nochmals der Faktor 2 ergibt, so daß die Gesamtvergräßertung 2,78fach ist. Das ist äußerst mager und entspricht nur dem, was ein Theaterglas schafft. Wir könnten zu ca. 12facher Vergrößerung kommen, wenn wir mit dem Auge etwas näher als 6 cm herangehen, was ein stark Kurzsichtiger kann, wofür aber andere eine Lupe brauchen. Leider sehen wird dann aber eine sehr störende Pixelstruktur anstelle der von so hoher Vergrößerung erwarteten Details. Also schalten wir die Digitalzoom-Funktion zu, die in diesem Falle bis zu 4fach schafft.Dann hätten wir maximal 11,1fache Vergrößerung. Das sieht auf den ersten Blick ja ganz gut aus, aber jetzt kommt gleich eine ganz fürchterliche Ernüchterung, die Sie, lieber Herr Champollion, die Träume von Digital-Fernglas möglicherweise schnell vergessen lassen wird:

Wir sehen uns jetzt nochmals den tatsächlichen und nun zusätzlich auch noch den scheinbaren Sehwinkel an, der hier nicht auf ein kreisförmiges Bild, sondern (was schlechter ist) auf die Diagonale des rechteckigen Bildes bezogen ist, das nur 59% der Bildfläche des gedachten runden Bildes hat, auf dessen Rand die vier Bildecken liegen. Um Flächengleichheit des rechteckigen Kamerabildes mit dem runden Fernglasbild zu bekommen, müßten wir den scheinbaren Sehwinkel um den Faktor 1,3 vergrößern, also mit dem Auge bis auf 4,4 cm herangehen.

Oben hatten wird als tatsächlichen Sehwinkel 4,91° berechnet, aber das war, bevor wir mit Digitalzoom um den Faktor 4 vergrößert hatten. Leider hat diese Vergrößerung aber nicht das ganze Bild vergrößert (dazu wäre eine Vergrößerung des Displays nötig gewesen), sondern nur einen kleinen Ausschnitt, so daß wir nun auf dem Display nur das sehen, was tatsächlich über die Diagonale gemessen innerhalb eines Winkels von nur 1,23° liegt!. Auweh, das ist aber sehr, sehr mager.

Nun zum scheinbaren Sehwinkel. Der ergibt sich aus der Display-Diagonalen von 60 mm und dem Betrachtungsabstand von 25 cm als 13,7°. Wenn das kein Tunnelblick ist, was sonst verdienten dann diesen Ausdruck.

Was könnten wir noch tun, um Ihren Traum vom digitalen Fernglas zu retten? Ich sehe zwei Möglichkeiten:

1. Wir schließen einen Bildschirm mit einer viermal so großen Diagonale an, die dann dieselbe Vergrößerung wie unser Digitalzoom bringt, aber ohne daß Bildfeld verloren geht. Die Diagonale müßte also 240 mm betragen. Solche Displays gibt es als sog. „digitale Bilderrahmen“. Es wäre machbar, so etwas fest einzubauen und netzunabhängig aus Akkus zu betreiben. Aber dann wäre Ihr digitales Fernglas fast so groß und schwer wie ein Laptop-Computer, also deutlich größer und schwerer als ein Fernglas 10x32 oder auch 10x42. Der Stromverbrauch wäre enorm, ich schätze, daß man mit den gegenwärtig leistungsfähigsten Lithiumionen-Akkus etwa 4 Stunden Betriebszeit erreichen könnte, und wenn die Sonne aufs Display scheint, sähe man trotzdem nichts. Kann das die Zukunft des Fernglases sein?

2. Wir schauen nicht aufs Display auf der Kamerarückseite, sondern durch den Sucher, der auf den ersten Blick (darauf, nicht hindurch!) aussieht wie ein Spiegelreflexsucher. Aber welche Enttäuschung, wenn wir hineinschauen: Ein Mini-Sehwinkel von vielleicht 15°, das Bild fürchterlich gepixelt, und wenn man schwenkt oder das Motiv sich bewegt, alles ruckelig wie die Stummfilme der allerersten Generation! Gut, man könnte natürlich ein Monster-Suchersystem bauen, das ein größeres TFT-Bild in höherer Auflösung bietet (aber die wäre immer noch hundsmiserabel im Vergleich zu jedem Tschibo-Fernglas 8x20), und dann ein großes Sucherokular mit annähernd 60° großem Sehwinkel dahinter setzen. Der Stromverbrauch wäre dann, wenn das Display groß genug für eine auch nur halbwegs brauchbare (Pixel-)Auflösung wäre, wahrscheinlich ähnlich hoch wie bei der obigen Alternative 1. Die Kosten wären riesig, und das Bild nun zwar auch bei Sonnenschein betrachtbar, aber es bliebe pixelig und ruckelig.

Beide Varianten sind nach wie vor monokular. Man kann bei Variante 1 zwar das Bild beidäugig betrachten, aber ohne jeglichen Raumeffekt. Um den herbeizuzaubern, müßte man alles doppel bauen und dem linken Auge das eine Bild und dem rechten das andere zeigen, womit derzeit nur die Variante 2 in Frage käme. So ein digitales Binokular würde vielleicht zum Preis von 10000 Euro in solcher Qualität machbar sein, daß es beginnt, den derzeit schlechtesten Billigferngläsern Konkurrenz zu machen, allerdings mit mindestens 10fachem Volumen und Gewicht sowie einem enormen Stromverbrauch.

Was halten Sie, Herr Champollion, nun von folgender genialen Idee, die ich mir gern patentieren ließe: Um dieses digitale Fernglas weiter zu verbessern, schalten wir das Okular aus der Alternative 2 direkt hinter das Bild des Objektivs und lassen den gesamten Elektronik-Kram weg. Damit sind wir die Pixelstruktur, das Ruckeln bei Bewegung und den enormen Stromverbrauch los. Wir sparen eine Menge Geld, wovon wir einen kleinen Teil dazu benutzen, ein Umkehrprismensystem einzubauen. Dann setzen wir zwei solcher Monokulare zu einem Binokular zusammen, und dann bleibt uns immer noch soviel Geld übrig, daß man davon locker eine vierwöchige Weltreise machen kann.

Das, was wir nun haben, ist allerdings nichts anderes als ein ganz normales Fernglas, wie Sie es gern abschaffen wollten. Und deshalb ist meine geniale Idee leider nicht patantierbar.

Walter E. Schön
Thema Autor Klicks Datum/Zeit

Glaslose Ferngläser?

marc champollion 1297 19. März 2008 14:26

Ferngläser ohne Glas sind keine Ferngläser

konfokal 813 19. März 2008 15:34

Re: Ferngläser ohne Glas sind keine Ferngläser

marc champollion 885 19. März 2008 16:35

Solche Ferngläser mit „vorn Glas und hinten Elektronik“ gibt's schon + Verbesserungsvorschlag

Walter E. Schön 1047 19. März 2008 19:20

Re: Solche Ferngläser mit „vorn Glas und hinten Elektronik“ gibt's schon + Verbesserungsvorschlag

marc champollion 871 19. März 2008 21:48



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