In einem Fall wie dem von Ihnen beschriebenen spielt die Austrittspupillengröße wegen der rasch auf niedrige Werte abfallenden Objekthelligkeit natürlich eine wichtige Rolle. Aber auch ein anderer Faktor darf nicht übersehen werden, der hier wegen des Gegenlichts durch die später zugeschaltete Lampe eine möglicherweise ebenso große, wenn nicht noch größere Rolle gespielt haben könnte, zumindest aber einen erheblichen Teil zum Ergebnis beigesteuert hat, nämlich die Streulichtanfälligkeit.
Wenn ein Glas aufgrund niedrigerer Reflexion auf den Linsen- und Prismenflächen (möglicherweise auch wegen saubererer Front- und Okular-Abschlußlinse), wegen besserer innenseitiger Tubusschwärzung (wobei außer der Farbe auch deren Oberflächenstruktur eine Rolle spielt), vielleicht auch wegen besser dimensionierter/plazierter Abschattblenden, möglicherweise sogar auch wegen besser abschirmender Augenmuscheln weniger diffuses Streulicht erzeugt, das sich kontrastvermindernd auf die dunklen Bildstrukturen auswirkt, dann kann eine Schrift, die mangels ausreichender Helligkeit und Kontrastes im anderen Fernglas unlesbar ist, doch noch lesbar werden.
Ich kann nicht entscheiden, ob die AP-Größe oder Streulichtunterschiede hier den Ausschlag gegeben haben, sicher aber ist, daß die Summe beider Einflüsse das Ergebnis bestimmt und daher der Streulichteinfluß ebenso wichtig genommen werden muß wie die AP-Größe.
Was Ihre Übertragung des zu später Stunde bei fortgeschrittener Dämmerung gefundenen Resultats auf einen dichten Wald betrifft, so denke ich, daß Ihre Bedenken übertrieben sind. Aber es ließe sich auf relativ einfache Weise wie folgt Klarheit darüber schaffen, wenn Sie einen Belichtungsmesser oder eine Kamera mit eingebautem Belichtungsmesser und Anzeige von Zeit und Blende haben:
Messen Sie unter den gleichen Bedingungen, unter denen Sie den beschriebenen Test durchgeführt haben (also bei gleicher Objekthelligkeit, die aber je nach Bewölkung evtl. an anderen Tagen zu anderer Uhrzeit erreicht wird, daher bitte wieder die Grenzhelligkeit mit den beiden Ferngläsern ermitteln!) mit dem Belichtungsmesser an den beiden Plakaten die Belichtungswerte, z.B. die BELICHTUNGSZEIT für Blende 2,8 bei einer eingestellten Filmempfindlichkeit von ISO 100/21° (bei Kameras wird meistens nur die erste Zahl vor dem Schrägstrich, also die frühere ASA-Zahl, angegeben). Wichtig ist jedoch, daß Sie bei dieser Belichtungsmessung die möglicherweise in die Meßzelle bzw. bei Messung mit der Kamera in Objektiv einstrahlende Lampe abschatten, weil die Messung sonst durch deren helles Licht verfälscht wird (es geht ja um die Erkennbarkeit der Schrift auf den Plakaten, nicht um die Erkennbarkeit der Lampe).
Dann gehen Sie bei normalem Tageslicht in Ihren „mäßig dichten Wald” und messen dort die Belichtungswerte, also wieder bezogen auf ISO 100/21° für Blende 2,8 die Belichtungszeit. Dann werden Sie wahrscheinlich sehen, daß die Helligkeit im Wald um ein Vielfaches höher ist; die Verhältniszahl ergibt sich aus dem umgekehrten Verhältnis der Belichtungszeiten. Beispiel: Wenn Sie am Plakat in der Dämmerung bei Grenzhelligkeit fürs Erkennen der Schrift eine Zeit von z.B. 16 Sekunden messen (hoffentlich ist Ihr Belichtungsmesser überhaupt empindlich genug, um dabei noch ein vernünftiges Ergebnis anzuzeigen!), im dichten Wald bei Tag aber eine Belichtungszeit von z.B. 1/30 s, dann wäre es im Wald 16 : (1/30) = 480mal so hell wie an den Plakaten. Und damit sollten Ihre Bedenken zerstreut sein.
Sollten Sie Zeit und Interesse haben, diese Messungen zu machen, wäre es interessant, hier im Forum das Ergebnis zu erfahren. Mit Ihren Meßergebnissen wäre ich dann übrigens auch in der Lage, Ihnen näherungsweise die bei Ihrem Plakattest festgestellte Grenzhelligkeit in cd/mˆ2 (= Candela pro Quadratmeter) auszurechnen, da ich erst vor wenigen Tagen für mein in Arbeit befindliches Fernglasbuch die dazu nötige Formel ermittelt und eine Umrechnungstabelle erstellt habe, die den Lesern des Buchs das eigene Umrechnen ersparen wird.
Walter E. Schön
