Natürlich soll Ihnen das neue Fernglas auch gefallen, und daher ist es legitim, wenn Sie auch das Aussehen als Kriterium mit einbeziehen. Ich möchte Ihnen aber noch einige Hinweise zu wahrscheinlich wichtigeren Unterschieden geben, die Sie ebenfalls in Ihre Überlegungen einbeziehen sollten.
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Porro 8x30 / 8x32:
Sie haben auf Entfernungen bis ca. 100 m ein etwas räumlicher wirkendes Bild aufgrund der größeren Stereobasis (Abstand der Objektivachsen).
Sie haben aber subjektiv den Eindruck einer etwas geringeren Vergrößerung, was Sie beim Vergleichen mit einem Dachkantglas leicht feststellen können (Ursache ist der Liliputismuseffekt ebenfalls aufgrund des größeren Abstandes der Objektivachsen).
Die Nahgrenze ist ungefähr doppelt so weit wir bei Dachkantgläsern, je nach Modell etwa um 3,5 m bis 6 m.
Kaufen Sie kein Modell mit Einzelokular-Scharfeinstellung!
Fast alle Modelle sind NICHT wasser- und staubdicht; aber wenn Sie sorgsam mit dem Glas umgehen und es nur bei schönem Wetter einsetzen, ist das kein Problem.
Bei gleicher Bildgüte (Schärfe, Kontrast, Transmission, Farbtreue, Sehfeldgröße usw.) kostet ein Porroglas merklich weniger als ein Dachkantglas, da seine Herstellung aus mehreren Gründen einfacher ist. Es läßt sich auch so formulieren, daß man in Ihrer Preisklasse (um ca. 500 Euro) fürs gleiche Geld beim Porro in der Regel eine bessere Bildqualität bekommen kann.
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Dachkant 8x30 / 8x31:
Wegen des kleineren Abstandes zwischen den beiden Objektiven wirkt das Bild etwas flacher, aber dafür bekommen Sie bei den meisten Modellen eine viel kürzere Nahgrenze, die speziell bei der Vogelbeobachtung (im nahen Gebüsch, im Garten an der Vogeltränke, am Balkon-Futterplatz) und dann interessant ist, wenn Sie sich auch für andere Kleintiere (Eidechsen, Frösche, Igel, Libellen, Hummeln) und Blumen/Blüten interessieren.
Mit wenigen Ausnahmen ist hier erfreulicherweise Zentralfokussierung üblich.
Die meisten Modelle sind wasser- und staubdicht und bei Temperaturwechsel im Inneren beschlagfrei.
Nehmen Sie nur ein Dachkantglas mit „Phasenbelag“, der einen sonst bei Dachkantprismen entstehenden Schärfeverlust verhindert.
Ob auch Ihnen (wie mir) die schlankere Dachkantform besser in der Hand liegt, müssen Sie selbst ausprobieren; es kommt dabei allerdings auch auf das jeweilige Modell an.
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Allgemeines zu beiden Typen
Falls Sie Brillenträger sind, prüfen Sie, ob Sie auch mit Brille das volle Sehfeld überblicken können, auch wenn Sie momentan meinen, ohne Brille beobachten zu wollen. Falls Sie kurzsichtig sind, prüfen Sie, ob Sie auch ohne Brille noch auf unendliche Entfernung scharfstellen können.
Achten Sie darauf, daß die Fokussierung geschmeidig, möglichst spielfrei (beim Drehrichtungswechsel!) und weder zu langsam noch zu schnell arbeitet. Wenn sie zu langsam arbeitet, dauert es beim Wechsel von nah zu fern oder umgekehrt zu lang; wenn sie zu schnell arbeitet, haben Sie evtl. Probleme mit dem präzisen Scharfstellen.
Prüfen Sie, ob die Dioptrienkorrektur gegen versehentliches Verstellen gut gesichert ist (sie sollte einrasten oder etwas schwergängig oder richtig arretierbar sein).
Es gäbe noch mehr zu beachten, aber wenn Sie das hier Genannte berücksichtigen, sind Sie schon halbwegs auf der sicheren Seite.
Noch eine Anmerkung zu dem Ihnen schon empfohlenen Nikon 8x30 E II: Es ist für seinen Preis optisch wirklich sehr gut und besticht durch gutes Aussehen und einen außerordentlich großen Sehwinkel. Aber es hat auch die oben unter „Porro“ genannten Nachteile. Sie müssen also abwägen.
Walter E. Schön