Friedrich Hackenbroich schrieb:
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> Es gibt keinen praktischen Astronomieunterricht an
> deutschen Schulen. Denn der fände außerhalb der
> regulären Zeiten statt.
Daß der Unterricht nicht zu normalen Zeiten während der normalen Schulzeit stattfinden kann, sehe ich nicht. Es gehörte später zu meiner Ausbildung im Rahmen des Astronomischen Praktikums an der Sternwarte Bamberg, daß wir Uhren eichen lernten und Ortsbestimmungen mit Theodoliten am Tage durchführten. Klassische Astronomie weit weg von Glaubenskriegen über Weltmodelle. Das kann man auch im Klassenzimmer oder auf dem Schulhof ohne teure Fernrohre durchexerzieren. Bilder von Spektren und Sternhaufen auswerten ebenfalls.
Da waren die "neuen" Bundesländer schon mal weiter. Hier gehörte die Astronomie zu DDR Zeiten zum normalen Schulalltag. Ich kann das eigentlich nur gutheißen. In den Neunzigern habe ich als einer der weingen deutschen Pioniere in Zwickau und Chemnitz Lehrer beraten, die an einer privat finanzierten Sternwarte mehr über CCD Kameras wissen wollten. Sie besaßen schon Videokameras, elektronische Sternuhren, und betrieben sogar ein kleines Radioteleskop. Von solchem Engagement kann sich der Westen wohl noch eine Scheibe abschneiden.
Unter solchen Bedingungen ist so ein Angebot sicher nicht schlecht. Zu meiner Schulzeit gab es einen engagierten Lehrer an unserem Gymnasium, der sich sehr erfolgreich für die Astronomie wenistens als Wahlfach in der Kollegstufe unseres Gymnasiums einsetzte. Es wurde vom bayrischen Kulturministerium bewilligt und eingerichtet. Es gab mir die Möglichkeit meine Abiturnote aufzubessern. Ich war damals schon recht erfolgreich und hielt als Schüler Vorträge Führungen an der dortigen Volkssternwarte in Coburg, die innerhalb der Volkshochschule aus privaten Mitteln betrieben wurde.
Allen Unkenrufen zum Trotz kann man also, wie Herr Fremerey schreibt sehr wohl einen guten Astronomieunterricht auch mit bescheidenen Mitteln ausrichten. Damals gab es noch keine CCD Kameras. Doch war der Unterricht von großem Interesse. Und der Besuch in der Sternwarte ein Highlight.
Allerdings halte ich auch nichts von Polemik. Ein wenig Management steht nämlich neben dem Engagement schon hinter solchen Investitionssummen. Ein Teleskop sollte robust sein und steht sicher nciht einfach so in dem Inventar der Physiksäle in der Ecke, bis man es mühevoll rausholt, aufstellt und die halbe Unterrichtsstunde um ist. Betreiben und gepflegt werden wollen solche Anlagen ja auch. Also ist es ja nicht nur mit der Anschaffung getan. Daher kann ich in gewisser Weise schon verstehen, daß man zunächst skeptisch solchen Angeboten gegenüber steht.
Als eines der wenigen Argumente für eine nicht ortsfest aufgestellte Anlage sehe ich allerdings auch den didaktischen Wert auf praktische Weise zu erkennen wie eine paralaktische Montierung überhaupt funktioniert, wie unsere Erdachse steht und wie Tages- und Jahreszeiten entstehen. Davon wissen manchmal erwachsene Menschen nichts. Manchmal ist es auch gut zu wissen, wie ein Teilkreis funktioniert und nicht nur lernt, wie man einen Computer einschaltet, der den Rest schon irgendwie erledigt, auch wenn dies der Alltag moderner Astronomen auf der ganzen Welt ist. Da wir aber auch einen Umbruch überwunden haben, der die zweite fotografische Revolution mit elektronischen Mitteln war, ist es sicher nicht leicht, hier eine sofortige Empfehlung auszusprechen. Denn solche Technik ist nicht ad hoc zu verstehen oder zu vermitteln.
Gruß
Thilo Bauer
12-mal bearbeitet. Zuletzt am 18.12.07 22:40.