Ich suche 2002 ein Reiseteleskop und erwarb gegen ausdrücklichen Rat diverser "Fachleute" ein Spektiv, also ein Erdfernrohr mit eingebautem Umkehrsatz. Nach Ansicht der "Fachleute" war Zeiss sowieso auf dem absteigenden Ast und es war ein Zeichen von Inkompetenz, eines dieser völlig überteuerten Produkte zu erwerben. Jetzt sind fast schon 2 Jahre intensiver Nutzung vergangen, ein Bericht wurde versprochen, hier ist er.
Auf der Suche nach einem Reiseteleskop standen einige Produkte zur Auswahl.
Televue Pronto, Pentax 75 ED, Vixen ED 80, Meade ETX 90. Ich nahm Kontakt zu mehreren Händlern auf und versuchte mir eine Meinung zu bilden. Ein befreundeter Vogelkundler brachte mich dann auf die Idee, einmal durch sein wasserresistentes Swarovski AT80 zu schauen, das er in Bonn bei Herrn Jülich erworben hatte. In Bonn hatte ich dann die Gelegenheit, AT80HD, ETX90, Zeiss Diascope 85 und Vixen ED 80 gegeneinander zu sehen und was noch wichtiger war, auch durchzuschauen. Dazu packten wir die Geräte auf den Bürgersteig und peilten den Fahnenmast auf dem Rathaus an, der vielleicht 400 Meter entfernt war. Die Fahne wurde mittels dünnem Stahlseil gehalten, das Seil mit zwei Krampen fixiert, die mittels 5 mm Schrauben befestigt waren.
Ein optimaler Test auf Farbe, Kontrast und Auflösung. Man mag es nicht glauben, das farbreine ETX zeigte eine Spur Farbe, das ED sogar mehr als eine Spur, das Zeiss sah mit deutlichem Abstand am besten aus, auf der Achse und erst recht am Rand. Es wurden verschiedene Okulare getestet, geeignet erschienen mir ein LV 5mm trotz leichtem Gelbstich, ein Meade SPL 32 mm und das Zeiss Vario. In einem Anfall von Leichtsinn erstand ich später in Durban noch ein Vixen LV 40 mm, was mir zwar Flächenhelligkeit, aber wegen der Feldblende einen leichten Tunnelblick brachte. Immerhin konnte ich in Südafrika und Namibia die unverschämte AP von 6,8 mm geniessen.
Ich bin mit meinem Kauf absolut zufrieden. Trotz Tunnelblick eröffnet mir das Diascope mit dem 40 mm LV atemberaubende 3,6° Gesichtsfeld, mehr als die meisten größeren Feldstecher zu bieten haben. Dabei heben sich die zartesten Filamente aus dem Hintergrund heraus, die man sich nur denken kann. Cirrus, Pelikan, Nordamerika, M33, M1, Objekte, die unter tiefschwarzem Himmel Form und Schönheit erkennen lassen. Der Kohlensack wie auf einer Aufnahme, viele flächige Objekte besser als ein Feldstecher, Sterne punktförmig bis zum Rand.
Das ganze Zeugs einschließlich Manfrottostativ mit Zeisslogo wiegt keine 6 KG, Handgepäck im besten Sinne.
Natürlich besteht die Welt nicht nur aus astronomisch geeigneten Nächten. Besonders bei der Naturbeobachtung sollte man das Variookular einsetzen. Ich habe beeindruckende Beobachtungen auf einer Safari und im Rhonedelta machen können, weder Staub noch Dauerregen haben das Spektiv beeindruckt, ein sehr beruhigendes Gefühl, sich keine Gedanken über die Nehmerqualitäten seines Zubehörs zu machen.
Zurück im Haus habe ich dann die Grenzen bei der Himmelsbeobachtung ausgelotet. Dazu wurde ein LVW 3,5 mm ausgeborgt und zur Planetenbeobachtung eingesetzt. Das Manfrotto war überfordert, ich erwarb eine gebrauchte SP-Montierung mit kurzen Holzbeinen. Das LVW liefert immerhin 140x Vergrößerung, das Bild bleibt dabei einwandfrei scharf und ohne jede störende Farbe. Das Okular habe ich dann nicht gekauft, es war am C8, meinem Erstfernrohr unbrauchbar und mit dem Manfrotto nicht sinnvoll, ein ewiges Gezitter.
Inzwischen macht es mir ein diebisches Vergnügen, astronomischen "Fachleuten" einmal einen Blick durch mein Erdfernrohr zu gestatten. Meistens fallen dann Äußerungen wie "für ein Spektiv ganz ordentlich", denn wir sind ja in Deutschland wo nicht sein kann, was nicht sein darf.
Wenn Sie auch mehr ein Allroundler sind, etwas Himmel, etwas Natur, möglichst mobil, dann schauen sie sich das Zeiss einmal an. Die Firma ist ja nach einhelliger Meinung auf dem absteigenden Ast, aber hier haben sie dann zufälligerweseis Großes geleistet.
Einen erfreulichen Jahreswechsel wünscht ihr
Moritz Schmitz