Willkommen! Anmelden Ein neues Profil erzeugen

Erweiterte Suche

... und hier kommen die Antworten

Juelich-Logo

 
Impressum
 
Forumregeln
 
Lupen
Mikroskope
Schulung
Messtische
Mess-Software
Mikroskopierdienst
Mikroskopservice
Sonderanfertigungen
 
Ferngläser
Spektive
Teleskope
Globen
 
Sonderposten
Veranstaltungen
Forum
Testberichte
 
AGB
Impressum
Haftungsauschluss
Datenschutzerklärung
Kontakt

 

07. November 2006 00:23
1. Die Fernglasgröße „8x56“ nannte ich ohne konkreten Bezug auf das Zeiss-Modell, weil bei so großem Objektivdurchmesser der Achsenabstand evtl. größer als bei den anderen Dachkantferngläsern mit Objektivöffnungen bis 50 mm sein könnte. Wenn dies im konkreten Falle des Zeiss-Modells nicht der Fall ist (ich selbst besitze kein solches, um es nachgemessen haben zu können), dann tanzt es natürlich nicht aus der Reihe. Möglicherweise gilt das dann auch für andere Dachkantferngläser dieser Größe, z.B. Swarovski 8x56.

2. Das Fujinon 7x50 FMT-SX ist ein Porrofernglas mit Einzelokularfokussierung. Also wird auf den Nahbereich durch axiales Verschieben des Okulars weiter weg vom Objektiv fokussiert, also die Lage des Okulars (genauer eigentlich seiner Feldblende) der verschobenen Bildbenene angepaßt; im Nahbereich nimmt die Bildweite relativ zur Brennweite (= Bildweite bei Unendlicheinstellung) zu, und zwar proportional zum Abbildungsmaßstab. Das heißt, wenn in der Bildebene des Objektivs der Abbildungsmaßstab 1:20 beträgt, dann ist die Bildweite um 1/20 größer als die Brennweite. Da die Fernglasvergrößerung nicht, wie immer wieder gesagt wird, gleich dem Verhältnis von Objektivbrenweite zu OkularBRENNweite ist, sondern gleich dem Verhältnis von ObjektivBILDweite zu Okularbrennweite (und noch genauer, falls der Beobachter fehlsichtig ist oder aus anderem Grund nicht das virtuelle Bild auf unendlich fokussiert: der „Okularbildweite“), nimmt im Nahbereich der Vergrößerungsfaktor bei einem solchen Fernglas zu. Beispiel: Hätte das Fernglas ein Objektiv mit z.B. 180 mm Brennweite und bei unendlich eine Vergrößerung von 7fach, so wäre bei einer Naheinstellung auf 3,78 m die Bildweite

b = g·f/(g-f) = 3780·180/(3780-180) = 680400/3600 = 189 [mm]

und der Abbildungsmaßstab dann b:g = 189:3780 = 1/20

Tatsächlich ist die Bildweite 189 mm um 1/20 der Brennweite 180 mm, also um 9 mm größer als die Brennweite. Folglich vergrößert dieses Fernglas bei dieser Naheinstellung nicht mehr 7fach, sondern um 1/20 davon höher (7/20 = 0,35), nämlich 7,35fach.

Vergleicht man damit nun ein 7fach-Fernglas mit Innenfokussierung, so ändert sich einiges. Fokussiert wird jetzt nicht mehr durch axiales Verschieben des Okulars, sondern dieses bleibt stationär, d.h. unverrückt an derselben Stelle, aber durch Verschieben einer Art „Barlowlinse” zwischen dem „Objektiv” und dem Prismensystem wird die Gesamtbrennweite so verkürzt, daß die Lage des Bildes in der unverändert gebliebenen Feldblendenebene des Okulars bliebt. Die Objektive eines (Dachkant-)Fernglases mit Innenfokussierung haben also strenggenommen ein Zoomobjektiv eingebaut, mit dem man durch Zoomen auf kürzere Brennweite erreicht, daß die Bildweite auch im Nahbereich konstant bleibt. Dann aber bleibt auch die Vergrößerung konstant, in unserem Falle also auch im Nahbereich 7fach.

Nun sehen Sie also, daß ein Fernglas mit Innenfokussierung, das bei unendlicher Entfernung gleich stark wie ein Fernglas mit Fokussierung durch Okularverschiebung vergrößert, im Nahbereich ein bißchen weniger stark vergrößert.

Würden Sie beispielsweise Ihr Fujinon 7x50 mit Okularverschiebung mit beispielsweise einem Zeiss Victory 7x42 FL vergleichen, so wäre (vorausgesetzt, daß die Vergrößerungsangaben beider Hersteller exakt stimmen) die Vergrößerung im Fernbereich gleich, aber im Nahbereich wäre die Vergrößerung des Fujinons ein bißchen größer.

Nun zu Ihrem Vergleich mit dem Dialyt. Ich habe selbst keines, aber anhand einer Abbildung nehme ich an, daß auch dieses Fernglas durch Okularverschiebung fokussiert. Jedenfalls sieht es so aus, als würde der Mitteltrieb die Okulare vorwärts und rückwärts bewegen. Wenn das stimmt, dann gilt für dieses Fernglas dasselbe bezüglich des Anwachsens der Vergrößerung im Nahbereich wie für das Fujinon. Das gilt nahezu (aber nicht ganz) unabhängig von den Brennweiten der Objektive. Eigentlich dürften Sie dann nicht beobachtet haben können, daß im Nahbereich das Fujinon weniger stark vergrößert als das Dialyt.

Sollten die Objektivbrennweiten sehr unterschiedlich sein, dann kann es allerdings zu einer merklichen Abweichung kommen. Nehmen wir den extremen Fall an, daß ein anderen 7fach vergrößerndes Fernglas eine Objektivbrennweite von 240 mm hätte. Dann wäre bei der oben angegebenen Nahentfernung von 3,78 m (immer ab Objektiv gemessen) die Bildweite

b = g·f/(g-f) = 3780·240/(3780-240) = 907200/3540 = 256,27 [mm]

und der Abbildungsmaßstab dann b:g = 256,27:3780 = 1/14,75

Dieses Fernglas wüde dann in dieser Entfernung statt 7fach etwas höher (7:14,75 = ca. 0,475), nämlich 7,475fach vergrößern.

Ich bezweifle allerdings, daß Ihnen der Unterschied zwischen 7,35fach und 7,475fach so deutlich auffallen kann, und dabei habe ich die Brennweitenunterschiede schon größer angenommen, als sie in der Praxis vorkommen. Das Dialyt müßte also schon eine ganz erheblich größere Objektivbrennweite und Baulänge haben, damit wir auf Unterschiede in der Vergrößerung kommen, die groß genug sind, um aufzufallen.

Es bleibt also keine rein optische Erklärung, sondern nur eine physiologische, d.h. nicht aufgrund einer unterschiedlichen Abbildungsgröße auf der Netzhaut der Augen, sondern aufgrund einer anderen „Wahrnehmung“. Dazu gehören auch optische Täuschungen, und eine solche liegt hier vor.

Das Dialyt hat gemäß Ihren Messungen einen Objektivachsenabstand von 80 mm, das gleich stark vergrößernde Fujinon einen von 147 mm. Ich weiß nicht, was die kürzeste Naheinstellung des Fujinons ist, aber da ich für eine Beispielrechnung eine feste Zahl brauche, nehme ich einfach mal eine Entfernung von 5 m als Beobachtungsentfernung für beide Ferngläser an. Nehmen wir ferner zur Vereinfachung unserer Rechnung an, daß sich der beobachtete Gegenstandpunkt exakt auf einer Linie in der Mitte zwischen den beiden Objektivachsen befinde.

Aus diese Entfernung von 5 m muß also der „Sehstrahl” von der Mitte des linken Objektivs und symmetrisch dazu auch der von der Mitte des rechten Objektivs zu diesem Gegenstandspunkt ...

a) beim Fujinon um einen Winkel von

alpha(F) = arc tan (147/2 : 5000) = arc tan 0,0147 = 0,882° und

b) beim Dialyt um einen Winkel von

alpha(D) = arc tan (80/2 : 5000) = arc tan 0,008 = 0,458°

von der „Geradeaus-Richtung” oder der Objektivachsenrichtung konvergierend abweichen.

Aufgrund der 7facher Vergrößerung vergrößert sich dieser Winkel bei beiden Ferngläsern näherungsweise um den Faktor 7,3 (wir hatten vorhin gesehen, daß die Vergrößerung bei den Ferngläsern mit Fokussierung durch Okularverschiebung im Nahbereich ein bißchen zunimmt).

Ihre Augenachsen konvergieren also beim Betrachten des 5 m entfernten Gegenstandspunktes durch diese Ferngläser wie folgt:

a) beim Fujinon jeweils um ca. 7,3 · 0,882° = ca. 6,439°

b) beim Dialyt jeweils um ca. 7,3 · 0,458“ = ca. 3,343°

Ihre beiden Augenachsen konvergieren bei Ihrer mit 69 mm angegebenen Augenweite als so, als ob Sie ohne Fernglas einen Gegenstand in der folgenden Entfernung betrachteten:

a) beim Fujinon in der Entfernung 69/2 : tan 6,439° = 34,5 : 0,11286 = ca. 305,7 [mm]

b) beim Dialyt in der Entfernung 69/2 : tan 3,343° = 34,5 : 0,0584 = ca. 590,6 [mm}

Da die Vergenz der Augen dem Gehirn eine Information liefert, die bei der „Wahrnehmung“ der (scheinbaren) Entfernung nicht allein, aber als dominante Information mitberücksichtigt wird, erscheint es Ihrem Gehirn so, als ob sich der Gegenstand beim Blick

a) durchs Fujinon in ca. 30,6 cm Entfernung

b) durchs Dialyt in ca, 59 cm Entfernung

befände. Da Sie die Gegenstandsgröße aber aufgrund der oben als identisch errechneten ca. 7,3fachen Vergrößerung durch beiden Ferngläser unter demselben Winkel sehen, schließt das Gehirn messerscharf, daß der Gegenstand in (scheinbar) größerer Entfernung von 59 cm größer sein muß als der unter gleichem Winkel zu sehende in nur 30,6 cm Entfernung. Un das ist wieder nichts anderes als der von mir in meinem vorigen Beitrag genannte „Liliputismus-Effekt“ – nur mit dem Unterschied, daß wir ihn diesmal anhand eines Beispiels exakt berechnet haben. Der Eindruck, daß ein Fernglas mit kleinerem Objektivachsenabstand bei sonst identischen Eigenschaften (also gleiche Nominalvergrößerung und gleiche Fokussiermethode) stärker vergrößert als ein anderes mit größerem Objektivachsenabstand, beruht allein auf diesem Liliputismuseffekt, und der ist um so stärker wahrnehmbar, je mehr das Gehirn seine Entfernungsschätzung auf die Konvergenz der Augenachsen stützt, also stark im Nahbereich, abnehmend im Fernbereich und bei unendlich ohne Unterschied. Sehen Sie sich den Sternenhimmel an: Sie werden dort nicht mehr feststellen, daß eines der beiden Ferngläser anders vergrößert als das andere.

Nun zur Frage nach der Ursache der stärkeren Ermüdung. Die Ursache ist auch hier die stärkere Konvergenz. Die Augen bekommen Ihre Blickrichtung durch Muskelstränge, die den Augapfel links und rechts sowie oben und unten umschließen und bei Anspannung z.B. des rechten Muskels das Auge um eine gedachte vertikale Achse nach rechts verdrehen. Jede Muskelanspannung bedeutet eine Anstrengung, auch die kleinste, die wir kaum wahrnehmen. Normalerweise klangt kein Mensch darüber, daß seine Augenmuskeln vom Hin-und-her-Blicken (Augenrollen) müde werden. Warum dann aber beim Blick durch ein Fernglas? Einfach deshalb, weil die Vergrößerung des Fernglases den Winkel, um den das Auge zum Fixieren eines Gegenstandspunktes, also beim beidäugigen Sehen zum Konvergieren verdreht werden muß, sehr stark (nämlich näherungsweise um den Vergrößerungsfaktor) vergrößert, die Augenmuskel also die x-fache Leistung aufbringen müssen. Ich schreibe hier und schrieb weiter ober auch schon mal „näherungsweise“, weil der Zusammenhang nicht linear ist, sondern Winkelfunktionen mitspielen, die aber bei hinreichend kleinen Winkeln vernachlässigt werden können.

Das Problem ist also, daß Sie beim Blick durchs Fernglas im Nahbereich die Augen geradezu unnatürlich stark konvergieren lassen müssen. Und das strengt eben auch entsprechend mehr an. Dazu kommt aber noch etwas anderes. Normalerweise stimmen beim Sehen ohne Fernglas die dem Gehirn vorliegenden Informationen über die sich aus der Vergenz (Winkelstellung) der Augen und aus der Akkommodation (Scharfeinstellung auf eine bestimmte Entfernung) ergebenden Entfernung überein: Betrachten Sie einen Gegenstand im 5 m Entfernung, so konvergieren die Augenachsen so, daß sie einander in 5 m Entfernung schneiden, und Ihre Akkommodation stellt sich auf 0,2 dpt oder eben 5 m Entferung ein. Aber wenn Sie durchs Fernglas schauen, müssen die Augen vielfach stärker konvergieren, als ob Sie einen extem nahen Gegenstand beobachteten, während umgekehrt die Akkomodation bei normaler Fokussierung auf eine sehr weite Entfernung eingestellt ist (im Extrenfall sogar auf unendlich). Diese Diskrepanz erzeugt im Gehirn einen Konflikt, dessen man sich zwar nicht bewußt wird, den man aber als „anstrengend“ und folglich bei längerem Andauern als ermüdend empfindet. Dieser letztgenannte Effekt ist wohl deutlich schwächer als der erstgenannte (Augenmuskelanstrengung), aber er verstärkt den erstgenannten noch. Da sowohl die Konvergenz der Augen im Fernbereich (Muskelanstrengung) als auch der Konflikt im Gehirn aufgrund nicht zuammenpassender Konvergenz und Akkommodation sehr viel geringer wird als im Nahbereich, empfinden Sie dort keine solche Anstrengung und Ermüdung.

Jedenfalls brauchen Sie keine Sorgen zu haben, daß Ihe Beobachtung auf fehlerhafte Kollimation, auf „Optimierung des Fernglases auf eine andere Augenweite“ (eine solche Optimierung gibt es nicht) oder auf einen Defekt Ihrer Augen zurückzuführen sei. Vielmehr ist das ein ganz normaler Effekt, der lediglich von manchem Menschen deutlicher festgestellt wird als von anderen (so wie manchem schneller die Puste ausgeht, wenn er Treppen steigt, während ein anderer leichtfüßig nach oben zu schweben scheint, obwohl für beide die Treppe gleich steil und gleich lang ist).

Bleibt noch zu klären, was die Ursache des hellen Rings ist. Theoretisch kann es mehrere Ursachen geben. Welche zutrifft, kann ich nur dann sagen, wenn ich die Ferngläser selbst untersuchen könnte.

Eine Möglichkeit wäre, daß Reflexionen an Linserändern oder an Fassungsteilen (Tubusinnenseite) bei bestimmten Lichteinfallsrichtungen die hellen Ringe verursachen. Eine weitere Möglichkeit wären Reflexionen zwischen zwei oder mehreren Linsenoberflächen. Eine dritte Möglichkeit könnte eine falsche Position der Augenpupille relativ zur Lage der Austrittspupille sein, insbesondere ein zu kurzer Abstand Ihrer Augenpupille vom Okular. Eine ungünstige Pupillenverzeichnung kann daran auch beteiligt sein (Pupillenverzeichnung ist die sphärische Aberration des Okulars, bei Ferngläsern mit Innenfokussierung muß dabei auch die Fokussierlinse mit einbezogen werden). Leider muß ich es bei dieser Spekulation belassen, solange ich keine Möglichkeit habe, mir z.B. Ihr Zeiss-Glas 6x42 Skipper genauer anzusehen.

Ihre letzte Frage, warum Sie bei Astro-Beobachtung mit Dioptrienverstellung auf -0,5 dpt am schärfsten sehen, dürfte wohl eine einfache Antwort finden, wenn Sie mal zum Augenarzt oder Brillenoptiker gehen. Der dürfte nämlich feststellen, daß Sie -0,5 dpt kurzsichtig sind. Das muß aber nicht der Fall sein. Vielmehr ist die Akkommodations-Ruhelage keineswegs die Einstellung auf unendlich, sondern individuell ein wenig verschieden bei 2 m bis herab zu 0,5 m Entfernung oder -0,5 dpt bis -2 dpt. Wenn Sie schlafen oder in einem vollständig abgedunkelte Raum nichts sehen können oder nur auf eine große strukturlose Wand blicken oder im Nebel nichts als ein Grau sehen, dann stellt sich diese Akkomodationsruhelage ein, weil das Auge keinen „Fixationspunkt“ findet. Weil diese Einstellung quasi die entspannteste Einstellung des Auges ist, könnten Sie Ihr Fernglas durchaus so fokussieren, daß das virtuelle Bild nicht im Unendlichen liegt (worauf Ferngläser und ihre Dioptrienskalen normalerweise justiert werden), sondern in Ihrem Falle auf 2 m Entfernung, was genau den von Ihnen genannten -0,5 dpt entspricht.

[Nach diesem langen Beitrag muß ich wohl mal ein paar Tage pausieren, um mit meiner beruflichen Arbeit wieder vorwärts zu kommen.]

Walter E. Schön
Thema Autor Klicks Datum/Zeit

Die Plastik

Ulf Knötzel 1647 05. November 2006 07:57

Re: Die Plastik

Gunnar 975 05. November 2006 08:08

Räumlichkeit des stereoskopischen Bildeindrucks

Walter E. Schön 1103 05. November 2006 10:52

Re: Räumlichkeit des stereoskopischen Bildeindrucks

Ulf Knötzel 983 05. November 2006 13:01

Messen Sie die Objektivachsenabstände

Walter E. Schön 1012 05. November 2006 15:08

Fragen an Walter E. Schön

Bernhard Loos 1353 06. November 2006 16:44

... und hier kommen die Antworten

Walter E. Schön 2350 07. November 2006 00:23

Ergänzung: Nachtkurzsichtigkeit

Manni 1376 07. November 2006 10:16

Nachtkurzsichtigkeit (Nachtmyopie) beim Stäbchensehen

Walter E. Schön 3721 07. November 2006 11:07



In diesem Forum dürfen leider nur registrierte Teilnehmer schreiben.

Klicken Sie hier, um sich einzuloggen