Für den, der sich ein Fernglas oder sogar mehrere vom Händler ausleiht, bevor er sich zum Kauf entscheidet, sieht die Sache erst mal positiv aus. Beonders „Kluge“ machen es nach dem Test so, daß sie die Leihgeräte zurückgeben und sich dann – mitunter sogar von einem anderen Händler – ein originalverpacktes neues Fernglas kaufen. Solche Menschen müssen, wenn sie das für richtig halten, vorübergehend ihren Verstand ausgeschaltet haben. Wer für sich das Recht beansprucht, ein Fernglas leihweise mit nach Hause nehmen zu können, um es ausgiebig unter verschiedenen Lichtverältnissen bzw. Tages- und Nachtzeiten zu testen, dem sollte doch klar sein, daß dann, wenn er anschließend nicht exakt dieses Fernglas auch kauft, sondern zurückgibt, ein anderer Kunde mit diesem Fernglas ein gebrauchtes und möglicherweise gar ein beschädigtes Fernglas kauft. Soll ihm der Händler das verschweigen? Das wäre dem Kunden gegenüber unfair. Soll er ihm einen Preisnachlaß geben (sehen Sie sich mal an, um wieviel ein nagelneues Auto weniger kostet, sobald es auch nur 500 km auf dem Tacho hat!), damit der neue Kunde für den Wertverlust entschädigt wird? Das hieße, daß der Händler möglicherweise an diesem Fernglas gar nicht mehr verdient oder gar damit einen Verlust macht, nur weil zuvor ein ganz schlauer Kunde den ausgiebigen Test machen wollte – natürlich ohne dafür eine Gebühr zu bezahlen.
Ich meine, daß ein Händler das entweder nicht machen sollte, weil er auch an den nächsten Kunden denken muß, dem ein kein Vorführmodell zum Neupreis andrehen sollte, oder daß er einen solchen Test nur gegen Zahlung einer den eventuellen Wertverlust und das Risiko voll abdeckenden Leihgebühr (plus Kaution) dem Kunden das Fernglas für ein paar Tage zum Test überlassen sollte, die beim Kauf dieses Fernglases voll auf den Kaufpreis angerechnet wird, aber beim Nichtkauf oder Kauf eines anderen Fernglases VERFÄLLT!
In der teilweise unseriösen Astroszene wird das Ausleihen ziemlich exzessiv praktiziert. Es gibt sogar Leute, die sich z.B. im Forum Astronomie.de damit brüsten, gleich mehrere Ferngläser und eventuell sogar von mehreren Händlern bestellt zu haben, um sie gründlich zu testen und dann alle bis auf eines zurückschicken. Diese Praxis wird dann auch ungeniert anderen Forumsteilnehmern weiterempfohlen. Ich halte eine solche Praxis für asozial – gegenüber den Händlern und anderen Käufern.
Wie Herr Fritzen schon schrieb, sollte es (zumindest für Leser dieses Forums, die sich anhand entsprechender Beiträge bereits schlaugemacht und eine gewisse Vorauswahl getroffen haben) möglich sein, beim Händler und evtl. vor seiner Ladentür alle noch offenen Fragen zu klären und nach einmaligem Besuch das geeignete und den Wünschen und Erwartungen entsprechende Fernglas herauszufinden. Ein fachkundiger Händler kann den Entscheidungsprozeß durch seine Hilfestellung erleichtern und durch die richtigen Ratschläge verhindern, daß wichtige Parameter übersehen werden.
Walter E. Schön