Wenn Sie nach 200 m Wanderweg beim Schließen der Augen noch immer das zuvor gesehene Bild (des Bussards) in Originalschärfe aus Ihrem Speicher hervorholen und mit Ihrem „inneren Auge“ ohne Detailverlust betrachten können, müssen Sie eine ganz außergewöhnliche Fähigkeit besitzen. Insbesondere muß die Speicherkapazität Ihres Gehirn nahezu unbegrenzt sein. Normale Menschen (wie ich, nicht wie Sie!) müssen immer sehr viel Detailinformation in ihrer Erinnerung vergessen, damit wieder Speicherkapazität für das Festhalten neuer Sinneseindrücke frei wird.
Allerdings würde auch bei solchen, mir unvorstellbaren Fähigkeiten die Frage nach 10- oder 12facher Vergrößerung beim erinnerten Bild unsinnig, da es zu diesem kein unvergrößertes Original (= Bezugsbild) gibt, aus welchem Sie es
neu erzeugen und auf welches dann der von Ihnen erfragte Vergrößerungsfaktor anzuwenden wäre. Sie benutzen ja ein schon vorhandenes Bild – ähnlich, als würden Sie ein vom vorherigen Standort gemachtes Foto nochmals betrachten. Wenn Sie z.B. von der Umgebung, in der Sie sich momentan befinden, ein Foto machten (oder den dort gewonnenen Seheindruck dank Ihrer unglaublichen Gehirnleistung verlustfrei über längere Zeit speichern), dann nach Australien fliegen und dort das Foto nochmals betrachten (oder das erinnerte Bild Ihres Superhirns vor Ihrem geistigen Auge Revue passieren lassen), können Sie ja auch nicht von einer dank riesiger Entfernung ins Unermeßlich gewachsenen Vergrößerung sprechen.
Wäre ich der Wanderer, der 200 m weiter den Bussord nochmals genau betrachten möchte, dann müßte ich mangels Ihrer Gedächtnisleistung statt die Augen zu schließen, nochmals ein Fernglas hervorholen, mich umdrehen und zur Eiche zurückblicken. Wollte ich den Bussard, der dann hoffentlich noch immer dort sitzt und von keinem Hindernis verdeckt wird, gleich detailgenau von diesem 200 m weiter entfernten Ort erneut sehen, so müßte das jetzt benutze Fernglas 12fache Vergrößerung haben. Vielleicht wollten Sie Ihre Frage eigentlich so gestellt haben, waren aber nicht in der Lage, sie richtig zu formulieren?
Walter E. Schön