Zwar hatte auch ich schon früher mehrfach eine Digital-Superzoom-Kamera als Alternative zur Digital-Kompaktkamera am Spektiv zur Diskussion gestellt (wobei mir z.B. die sehr kompakte, inkl. Akku, Speicherkarte, Schutzdeckel und Trageriemen ca. 430 g leichte Panasonic DMC-FZ18 mit 8,1 Megapixel und max. kleinbildäquivalenter Brennweite 504 mm besonders geeignet erscheint). Allerdings ergeben sich bei den meisten derartigen Kameras und erst recht bei D-SLR-Kameras mit Supertele doch nicht die großen Abbildungsmaßstäbe, die mit einer D-Kompakt-Knipse am Spektiv erzielbar sind.
Wenn man davon ausgeht, daß diejenige Mindestbrennweite der D-Kompakt-Knipse, bei der ein formatfüllendes Rechteckbild (ohne vignettierte Ecken) entsteht, kleinbildäquivalent etwa 40 mm entspricht, dann kommt man z.B. mit einem 20fach-Okular auf eine effektive Brennweite von 800 mm und mit einem 30fach-Okular sogar auf 1200 mm. Mancher setzt je nach Spektivfabrikat und Lust und Laune auch davon abweichende, eventuell noch stärker vergrößerende Okulare ein (24x, 35x, 40x, 45x, 60x), was dann zu noch längeren effektiven Brennweiten (immer KB-äquivalent betrachtet) führt.
Will man mindestens 800 mm erreichen, so müßte man bei einer D-SLR im APS-C-Format eine echte Brennweite von ca. 500 mm haben. So ein Objektiv kostet, wenn es gut sein soll, schon ein Mehrfaches des Spektivs und wiegt auch ein Mehrfaches davon. Will man gleichzeitig beobachten und fotografiere, müßte man Spektiv (zur Beobachtung) und Kamera mit Supertele (zum gleichzeitigen Fotografieren) präzise parallel ausgerichtet auf ein sehr, sehr schweres und stabiles Stativ mit einem beide Geräte verkraftenden, ebenfalls sehr schweren Neiger setzen. Allein für ein solches Stativ samt Neiger kalkuliere ich nicht unter 10 kg, eher bis 15 kg.
Nur ein mit erheblichen Streulichtproblemen behaftetes und durch Unschärfekringel außerhalb des Schärfentiefebereichs nicht jeden Fotografen begeisterndes Spiegellinsenobjektiv wäre da noch eine von den Kosten, der Größe und dem Gewicht her vergleichbare Alternative. Aber diese Lösung gibt es nicht mit Autofokus, und das heißt dann, daß man vor dem Fotografieren manuell fokussieren muß und dann letztlich doch nicht parallel durchs Spektiv beobachten kann.
Deshalb glaube ich nach reiflichem Abwägen aller Vor- und Nachteile, daß eine Lösung wie die von Zeiss (DC-4) für mindestens 9 von 10 Anwender die einzig praktikable ist. Da die nächste Photokina nicht weit ist und Digital-Kompaktkamera-Sensoren um 10 MP und mehr schon sehr preiswert sind, nehme ich an, daß schon in etwa einem halben Jahr mit einem Nachfolgemodell DC-8, DC-10 oder gar DC-12 zu rechnen ist, das dann auch die Vorbehalte wegen zu geringer Auflösung hinfällig machte.
Wer doch lieber getrennte Geräte für Beobachtung und Fotografie parallel einsetzen möchte, dem empfehle ich, sich die obengenannte DMC-FZ18 mal anzusehen, deren Sucher zwar leider ein sehr grob gekörntes Bild liefert (macht nichts, weil Sie doch durchs Spektiv beobachten!), aber mit ca. 500 mm KB-äquivalenter Brennweite derzeit im Preis-Leistungs-Verhältnis kaum zu schlagen ist.
Walter E. Schön
Nachtrag:
Selbstverständlich ist die DMC-FZ18 mit optischer Bildstabilisierung ausgestattet, welche die Sicherheit scharfer Fotos insbesondere bei sehr langen Brennweiten erhöht. Wenn man dann eine Ausschnittvergrößerung („Digitalzoom“) so wählt, daß wie bei der Zeiss-Okularkamera DC-4 eine Auflösung von 4 MP verbleibt, also eine Vergrößerung um Faktor 1,4 (= Cropfaktor) gewählt wird, kommt man auf einen Bildausschnitt, der dann bei Maximalbrennweite KB-äquivalent ca. 700 mm entspricht. Damit ist man dann den ganz oben genannten 800 mmm (Digital-Kompaktkamera an Spektiv mit 20facher Vergrößerung) sehr nahe.
Es wäre interessant, die Bildergebnisse zu vergleichen. Sollte ein Leser im Raum München ein Zeiss-Spektiv mit DC-4 haben und zu einem solchen Vergleich bereit sein, würde ich mit meiner DMC-FZ18 gern mit ihm gemeinsam ein paar Probefotos schießen. Interessenten mögen bitte am besten per eMail direkt mit mir Kontakt aufnehmen.
2. Nachtrag:
Die DMC-FZ18 hat wie manche andere Digital-Kompaktkamera eine „Gesichtserkennung“, die dazu verhilft, die AF-Scharfeinstellung ohne manuelle Unterstützung dort vorzunehmen, wo Gesichter im Bild sind. Es wäre vielleicht ganz interessant, wenn die Hersteller von Superzoom-Digitalkameras eine modifizierte „Bird Detection” (Vogelerkennung) installieren könnten, damit solche Kameras noch attraktiver für Hobby-Ornithologen werden.