Ich hatte angekündigt, dem Forum meine Erfahrungen aus der Kaufabwicklung, zur Händlerauswahl und zum Kundenservice des Herstellers zu schildern. Hier kommt nun der Beitrag. Ich hoffe, er ist nicht zu langatmig.
Meine Wünsche fokussierten sich bereits seit längerer Zeit auf ein Spektiv. Ein solches Instrument sollte nun endlich herbei und im März 2010 habe ich dann eine komplette Erstausstattung bestellt. ZEISS Diascope 85 T*FL (schräg), Vario-Okular D 20-75x, das ebenfalls neue Stativ von ZEISS, Bereitschaftstasche und Quick Camera Adapter II. Ich war guter Dinge, denn laut ZEISS-Pressemitteilung vom 19.01.2010 sollte die Ausrüstung ab April 2010 lieferbar sein. Die Bestellung und Abwicklung erfolgte über einen Bekannten, der wiederum bei einem Jagdwaffenhändler geordert hat. Die Zuverlässigkeit des Bekannten stand und steht außer Frage. Über die Jahre sind viele Beschaffungen auf diesem Weg abgewickelt worden, stets zu meiner Zufriedenheit. Dieses Mal sollte es aber anders kommen.
Die Monate vergingen, jeder neue in Aussicht gestellte Liefertermin verstrich erfolglos. Dann, Anfang Oktober 2010, wurde dem Jagdwaffenhändler mein Spektiv von ZEISS geliefert. Auf dem Weg vom Jagdwaffenhändler zum Bekannten verschwand das Paket mit dem Spektiv plötzlich von den Radarschirmen des Paketdienstes. Es musste nachgeforscht werden. Eine Tage später war das Paket dann beim Adressaten. Leider handelte es sich nur um den Spektivkörper, alle weiteren bestellten Artikel fehlten. Mit zunehmender Wartedauer bin ich dann dazu übergegangen, mich unmittelbar mit dem Jagdwaffenhändler in Verbindung zu setzen. Anfang Dezember trafen dann mehrere Vario-Okulare dort ein und Mitte Dezember erhielt ich dann ein Paket des Bekannten mit Spektiv und Vario-Okular. Stativ, Bereitschaftstasche und Camera-Adapter fehlten immer noch. Auf meine erneute Anfrage nach Weihnachten wurde mir mitgeteilt, dass eine Paketsendung mit den noch fehlenden Artikel zu dem Bekannten unterwegs sei. Am 03.01.2011 traf dieses Paket dann tatsächlich dort und am 05.01.2011 bei mir ein.
Der großen Vorfreude folgte eine noch größere Ernüchterung. Inhalt des Pakets war das alte (!) ZEISS-Stativ (mit deutlich geringer wertigem Kopf) sowie eine Bereitschaftstasche für ein Spektiv mit Geradeeinblick. Auch der Camera-Adapter fehlte noch. Im Klartext: die lang ersehnte Lieferung war völlig unbrauchbar! Falschlieferung bzw. Nichtlieferung.
Der Jagdwaffenhändler erhielt von mir ein Schreiben, in dem ich meine Unzufriedenheit sehr deutlich zum Ausdruck brachte. Von der Restabwicklung meiner Bestellung trat ich mit sofortiger Wirkung zurück. Dem Hinweis, dass die (Falsch-)Lieferung zur Abholung durch einen Paketdienst bei mir bereit stünde, wurde ca. eine Woche später nachgekommen, das Paket wurde im Auftrag des Jagdwaffenhändlers abgeholt.
Am selben Tag bestätigte mir Frau Jülich, dass Stativ, Bereitschaftstasche und Camera-Adapter im Geschäft in Bonn vorrätig seien. Am Tag darauf war ich in Bonn und kehrte mit den gewünschten Ausrüstungsgegenständen zurück nach Hause. So schnell kann das gehen. Anstelle des neuen Zeiss-Stativs entschied ich mich in Bonn jedoch für das Manfrotto-Kit , bestehend aus 745XB-Stativ und 701HDV-Neiger. Im Unterschied zum ebenfalls aus Manfrotto-Produktion stammenden ZEISS-Stativ besitzt das 745XB eine Nivellierhalbschale. Eine Tragetasche gehörte ebenfalls zum Lieferumfang, nicht so beim ZEISS-Stativ.
Zum ersten Mal konnte ich das Spektiv auf ein Stativ montieren. Was nun folgte war wieder enttäuschend. Es gelang mir nicht, die Optik auf ein ca. 20 m entfernt geparktes Auto scharf einzustellen. Über den gesamten Verstellweg von Anschlag zu Anschlag hinweg, war keine Veränderung in dem verschwommenen Bild erkennbar. Wie sich kurze Zeit später herausstellte, unterlag ich einem Bedienungsfehler.
Herr Jülich erklärte sich freundlicherweise bereit, meine Optik zu überprüfen. So fuhr ich einen Tag später mit Spektiv und Vario-Okular erneut nach Bonn. Nach wenigen Minuten gab Herr Jülich Entwarnung und präsentierte ein scharf eingestelltes Bild. Was hatte ich falsch gemacht? Um in den Grobtrieb zu gelangen, kann bzw. muss man den spürbaren Anschlag überwinden. Das habe ich mich bei meinen ersten Eigenversuchen schlicht und einfach nicht getraut. Mir erschien der dafür erforderliche Kraftaufwand zu groß.
Herr Jülich stellte aber auch fest, dass nach seinen Erfahrungen der Grobtrieb deutlich (geschätzt auf Faktor 2) zu schwergängig sei. Dieses Spektiv hätte nicht nur seine firmenseitige Eingangskontrolle nicht bestanden, es wäre ihm höchstwahrscheinlich erst überhaupt nicht vom Hersteller angeliefert worden. Herr Jülich empfahl mir, das Spektiv beim Hersteller zu reklamieren und einen Tausch zu fordern.
Die Mitarbeiterin beim Kundenservice der Carl ZEISS Sports Optics GmbH war bereits am Telefon sehr freundlich und zuvorkommend und bot mir an, dass Spektiv auch persönlich in Wetzlar anzuliefern. Davon machte ich zwei Tage später auch Gebrauch. Nach freundlichem Empfang kam ein Mitarbeiter des Kundenservice zu mir, dem ich meine Reklamation erklärte. Er nahm das Spektiv entgegen und teilte mir das routinemäßige herstellerseitige Vorgehen von ZEISS bei Reklamationen mit. Berechtigte Reklamationen an Geräten jünger als zwei Jahre würden grundsätzlich im Wege des Tauschs bereinigt.
Einen Tag nach der Anlieferung des Spektivs wurde mir bereits per Telefax der Untersuchungsbefund („Grobtrieb fehlerhaft; Gängigkeit zu schwer“) mitgeteilt sowie der Umtausch angekündigt. Am zweiten Tag nach der Anlieferung wurde mir ein neues Spektiv per Paketdienst zugestellt.
Fazit:
Die Händlerauswahl bei teuren fernoptischen Produkten spielt eine große Rolle. Bei dem Jagdwaffenhändler, mit dem ich mehrfach auch persönlich telefonierte, hatte ich jedes Mal den Eindruck, als sei er an der ordnungsgemäßen Abwicklung meiner Bestellung nicht sonderlich interessiert. Als ginge es um einen Gewehrriemen, um Hosenträger oder Socken, nicht aber um einen Auftragswarenwert von ca. 4.000 Euro. Da fühlte ich mich als Kunde einfach nicht ausreichend beachtet oder berücksichtigt.
Ich, für meinen Teil, bin zumindest im Bereich der Fernoptik „geheilt“ von der ausschließlichen Suche nach einer Beschaffungsquelle mit dem Ziel des besten Preises. Ein nach Qualitätsmerkmalen geprüftes und streng selektiertes Produkt bei einem fachkompetenten Optikhändler wird mir künftig etwas wert sein.
Den ZEISS-Kundenservice habe ich von seiner besten Seite kennengelernt. Besser geht es meines Erachtens nach nicht.
Von meinen ersten Erfahrungen mit dem DiaScope 85 und dem neuen Vario-Okular in der Praxis will ich gerne gelegentlich berichten, wenn sich nach einigen Wochen die ersten belastbaren Ergebnisse im Echtbetrieb verfestigen.
Freundliche Grüße
Stefan Hetger
