Ich habe vor vielen Jahren mit Ferngläsern von Nikon angefangen und dann in Abständen zugekauft.
Dann meldete die Homepage von Werner Jülich, dass sie jetzt ebenfalls Nikon führen würden. Jülich liefert uns Mikroskope, es lag daher nahe, mit ihm über ein neues Nikon EDG zu sprechen. Bei diesem Gespräch entstand er Eindruck, dass er noch zögerlich wäre. Ich habe mir dann mein 7x42 bei einem Händler in Oldham/GB gekauft, bei dem ich auch die einige andere Ferngläser erworben habe. Er hatte die EDG lagernd.
Soweit die Vorgeschichte.
Das EDG 7x42 ist im modernen Design mit kurzer Knickbrücke, wie man es auch vom Swarovski SLC HD kennt. Es ist etwas barock gezeichnet und liegt gut in meiner mittelgroßen Hand.
Der Mitteltrieb arbeitet weich und ohne erkennbares Spiel, so wie man sich das wünscht.
Die Knickbrücke bietet genau die richtige Schwergängigkeit.
Die drehbaren Augenmuscheln laufen satt und sind angenehm weich im Kontakt. Wichtig ist auch, dass man sie leicht reinigen kann, so werden die schwarzen Schmutzränder vermieden.
Im herausgezogenen Zustand kann ich das komplette Feld übersehen. Es kommt nicht zu Abschattungen, auch als kidney bean bekannt.
Ich habe die Eingangspupille mit ca. 42mm, die Ausgangspupille mit ca. 6mm bestimmt. Die Pupillenlage habe ich mit ca. 17,5 mm über der hinein gedrehten Augenmuschel bestimmt.
Das 7x42 bietet ein nahezu randscharfes Bild, ohne störende Farbsäume und mit sehr geringer, kissenförmiger Verzeichnung. Mit meinen Augen erreiche ich eine Auflösung von ca. 15 Bogensekunden, da sind die Augen am Limit, nicht das Nikon. Setzt man das Zeiss 3x12 als Booster ein so schafft man etwa 6 Bogensekunden, das ist Reserve satt.
Das Bild ist nicht nur gut geebnet, sondern zeigt auch nur so geringe kissenförmige Verzeichnung, dass auch der Architekturbeobachter auf seine Kosten kommt.
Der vorzüglich empfindliche Test von Walter E. Schön auf Farbwiedergabe ergibt ein weitgehend neutrales Bild. Mit dem EDG wird allerdings auch der fanatischste Nikon-HG-Freund zugeben müssen, was ein HG wirklich ist, eine rosa Brille und kein Spitzenfernglas.
Das EDG ist heller und um Klassen neutraler. Schwieriger wird es mit dem 10x42 SE aber auch hier kann das EDG trotz der zusätzlich verbauten Linsen in der Transmission mithalten.
Der Test am hellen Stern in Bildmitte zeigt, dass die Dachkante einwandfrei gearbeitet ist, das ist keinesfalls selbstverständlich, wie meine Beobachtungen mit anderen Ferngläsern zeigen, ob und in welchem Umfang er relevant ist, steht auf einem anderen Blatt, das EDG wendet sich in erster Linie an birder.
Das Nikon besteht den Gegenlichttest sehr gut. Beim Blick über eine vom Sonnenlicht hell bestrahlte Wasserfläche sind nur wenig Einschränkungen zu erkennen, das konnte keines der zum Vergleich herangezogenen Ferngläser besser. Gleiches gilt für die Mondbeobachtung. Im Idealfall ist der Mond weißgrau und der umgebende Hintergrund tiefschwarz. In der Realität wird aus dem tiefschwarz ein sehr dunkles Grau. Auch hier ist das Nikon in der absoluten Spitzengruppe, kein Fernglas war in diesem harten Test besser.
Wie schlägt es sich unter harten Bedingungen?
Ich kenne Ferngläser mit Armierung, die sind bei Regen glatt wie Seife, das Nikon 7x42 bleibt griffig.
Ich habe bei winterlichen Temperaturen bis zu -8° keine Schwergängigkeit festgestellt, Trieb, Drehaugenmuscheln und Knickbrücke zeigten die gleiche Gängigkeit wie bei +20°.
Dann habe ich versucht an die Grenzen zu kommen und bin in Stufen auf -15° / -20° / -25° gegangen. Bei -15° wird die Knickbrücke etwas steifer, bleibt aber noch gut und präzise beweglich.
Bei -20° erreicht der Mitteltrieb die Grenze der komfortablen Beweglichkeit und bei -25° ist das Fernglas nicht mehr zu gebrauchen. Bevor man hier aber kritisiert, sollte man fragen, ob man sich mehr als -15° zubilligen würde.
Für die Tropenbesucher habe ich dann auch in die andere Richtung getestet.
+30° ohne Beanstandung, +40° und Fett tritt aus. Der Mitteltrieb verliert also bei +40° Fett. Das sollte nicht sein, 40° sind realistisch, selbst 60° können noch vorkommen. Hier muß Nikon prüfen, ob man da nachbessern kann. Ich habe dann die Stufen 50° + 60° abgebrochen.
Ich habe meinen Händler angerufen und werde bei nächster Gelegenheit das Glas retournieren und um Abhilfe bitten.
Was gibt es noch zu vermelden?
Der Nahbereich ist nicht mehr ganz auf der Höhe der Wettbewerber, 3m sind zwar nicht schlecht, aber wenn die Käufer nur zahlen vergleichen, gibt es hier einen Minuspunkt.
Ich habe auf einer geeichten Waage 794 Gramm gemessen, also 1% mehr als angegeben.
Ein wichtiger Punkt ist das Einblickverhalten, der Bereich der individuell wahrgenommen wird. Ich habe mehrere Menschen gebeten, diesen Punkt beim 7x42 zu bewerten, ausschließlich fernglaserfahrene Beobachter und alle, ohne Ausnahme, beschreiben das Einblickverhalten als sehr gut.
Mein Fazit.
Sieht man einmal vom Missgeschick mit dem Fett oder der Dichtung ab, bekommt man mit dem 7x42 ein tolles Fernglas. Es ist nominell mit 140 Metern nicht besonders weitwinklig, zeigt aber im Gegensatz zum Zeiss Victory keine Schwächen im Randbereich.
Es hat den kurzen Mitteltrieb, den auch das Swarovski SLC HD hat, ohne dessen grenzwertige Mechanik zu haben, der Trieb des Nikon läuft besser.
Kritiker