Sehr geehrter Herr Becker,
es ist sehr selten, aber umso interessanter, wenn sich hier mal ein Entwickler zu Wort meldet. Es war mir neu, dass der P-Belag längst keine Einzelschicht mehr ist, sondern ein Mehrschichtensystem. Dass man bei Zeiss die Fremd- und Streulichtunterdrückung stärker ins Visier nehmen will finde ich sehr gut, ich bin gespannt was eine neue Modellinie in dieser Hinsicht bieten wird - ceterum censeo sollte Zeiss auch deshalb zu Metallgehäusen zurückkehren, dann dürften Schwarzmattierungen oder Schwarzverchromungen auch besser haften :-)
Herr Weigand äußerte hier mal, ein modernes dichtes Porro mit vergleichbarer Funktionalität eines Dachkantglases hätte nicht mehr als 10-15% Preisvorteil. Ich schätze dass liegt auch daran, dass die Porro-Fertigung heute wegen kleiner Auflagen überproportional teurer kommt als sie es eigentlich käme, wenn dabei höhere Stückzahlen zu fertigen wären. Ich kann das sicher nicht so gut beurteilen wie er oder Sie, aber wenn ich mir die Preisabstände bei Nikon oder Swarovski anschaue, die eher bei 50-70% liegen, dann kommen mir Zweifel, ob eine Modernisierung tatsächlich so viel mehr kosten würde. Dabei ginge es ja in erster Linie nur um Brillenträgertauglichkeit, vor allem durch Schiebeaugenmuscheln, was unmöglich so viel ausmachen kann. Und selbst wenn wie im Falle Nikons noch an eine Abdichtung oder eine Innenfokussierung dazukommen sollten, oder überarbeitete Okulare und ein moderneres Gehäusedesign, würde ich immer noch auf 20-30% Preisvorteil bei vergleichbarer Funktionalität tippen, entsprechende Stückzahlen vorausgesetzt.
Ich glaube aber sofort, dass die meisten Kunden Porros zu Unrecht für technisch überholt und ihr Aussehen für altbacken halten und dass diese Vorurteile ihr Kaufverhalten geändert und damit das Marktangebot verschoben haben. Es wurden ja selbst bevorzugt Dachkanten gekauft, als ihre Bildquaität noch sichtbar unterlegen war. Wenn die Kunden wie Sie sagen sich in Zukunft aber vielleicht nicht mehr jeden kleinen und teuren Flachkant-Fortschritt leisten mögen, dann könnten unvoreingenommene Interessenten vielleicht modernisierte, günstige und dabei sogar weitwinkligere und eventuell leichtere Porros mit tollem 3D-Blick wieder attraktiv finden...
Die immer teurer werdenden Dachkanten dürften ihren finanziellen Abstand zu Porros vergrößern, womit es für Hersteller und Kunden interessant werden sollte in diese größer werdende Lücke zu stoßen. Undichtigkeit und Brillenträgeruntauglichkeit ließen sich leicht konstruktiv beheben, sie sind nicht porrotypisch, sondern haben historische Gründe. Die prinzipiell etwas geringere Nahtauglichkeit macht sich nur bemerkbar, wenn man überdurchschnittlich oft nah beobachten will, was die wenigsten tun. Die Vorteile niedrigerer Preis und vielleicht auch Gewicht und effektivere Streulichtunterdrückung, vor allem aber die viel schöneren Beobachtungsvorteile Weitwinkel und 3D-Blick hat man im Porro dagegen immer.
1-mal bearbeitet. Zuletzt am 27.09.11 18:31.