Hallo Thomas,
das ist wirklich noch immer ein Problem, dass die Verzeichnungskurven in vielen Fällen nicht ungefähr parabolisch verlaufen, sondern zum Rand hin abflachen, was zu einem unangenehmen Schwenkverhalten führt. Zumindest weiß ich, dass Zeiss sich dessen bewusst ist und an Lösungen arbeitet. Man teilte mir mit, dass dieses Problem mit den SFL Modellen nicht mehr auftreten werde (habe ich nur am 8x40 SFL einmal kurz antesten können, und es sah OK aus).
Das Schwenken war mit den Ferngläsern alter Schule weitgehend problemlos, als man noch ordentlich kissenförmige Verzeichnung nahe der Winkelbedingung hatte. Seitdem man dazu überging, diese Verzeichnung zu reduzieren, gelang es nicht immer, auch den Verlauf der Kurve halbwegs regulär hinzubekommen. Henry Link glaubt, diese 'mustache'-Verzeichnung mit einer zum Rand hin abknickenden Kurve sei Absicht - man wolle zwei Fliegen mit einer Klappe erschlagen und gleichzeitig den Globuseffekt eliminieren (Kissen im mittleren Bereich) und gerade Kanten haben (nahe Null Verzeichnung im Randbereich). Mir scheint, dass man das nicht so geplant hatte. Die 'mustache'-Verzeichnung kam einfach so raus, als Nebeneffekt der starken Bildfeldebnung, die Swaro damals erstmals, insbesondere beim 8.5x42 SV, einsetzte. Man war dann überrascht über die starken Effekte, die beim Schwenken entstanden. Nachdem wir diese Effekte dann an diversen Kurven auf dem Computer simuliert hatten, war allen klar, dass die 'mustache'-Verzeichnung mehr Nachteile als Vorteile hatte. Einen kleinen Teil dieser Analyse
durfte ich damals öffentlich machen, aber die eigentlichen Labordaten zu den Swaro-Ferngläsern musste ich natürlich vertraulich behandeln. Man spricht mit mir nicht gern über technische Details, aber ich gehe davon aus, dass eine starke Bildfeldebnung aufgrund der begrenzten Anzahl an Freiheitsgraden im Okulardesign eben Nebenwirkungen hat, und da bei Swaro, und teilweise dann auch bei Zeiss, die Randschärfe eine höhere Priorität hatte als ein glattes Schwenkverhalten, mussten wir mit diesen Einschränkungen leben. Zeitweilig wurde der Begriff 'Bildfeldebnung' sogar fast zu einem No-Go und wurde von manchem Marketing regelrecht gemieden. Inzwischen ist man auf dem Weg, bessere Kompromisse zu finden. Leica, das ja stets auf eine aggressive Bildfeldebnung verzichtet hat, war von diesen Problemen übrigens nie betroffen. Nikon hat beim WX Okulare von enormer Größe und Komplexität zur Verfügung und daher genügend Freiheitsgrade, um sowohl Randschärfe als auch Verzeichnungskurve optimal zu halten.
Wenn die technischen Daten des 8x30 SFL stimmen, dann werden manche Leute vermutlich dessen kissenförmige Verzeichnung bemängeln, aber dessen Schwenkverhalten sollte sehr angenehm sein.
Viele Grüße,
Holger