Hallo Herr Gerber,
ich muss zugeben, allmählich finde ich es reizvoll darüber nachzudenken, inwieweit die Farben unserer Aufnahmen hier der Natur entsprechen. Ich fand sogar eine entsprechende Arbeit eines Amateurs in einem referierten Fachmagazin, der seinen photografischen Katalog von H-II Regionen beschrieb und auch auf dieses Thema einging. Er stellte die Frage, ob es sich um "echte" Farben handle. Seine offenbar sehr philosophische Anwtort war: Ja. Wie auch immer wir das zu interpretieren haben.
Mal abgesehen vom ästhetischen Reiz einer Hubble Aufnahme, die wir mitsamt der definierten Filter natürlich nachstellen können, bleiben es Aufnahmen in schmalbandigen Interferenzfiltern. Die RGB-Kameras sind gedanklich noch nicht in der Profiwelt angekommen, obwohl sie gerade für Haufenphotometriker oder bei der Beobachtung von veränderlichen Sternen gewisse Vorteile besäßen.
So fällt mir ebenfalls auf, daß unterschiedliche Softwarepakete die RAW Bilder meiner Kamera durchaus in Farbe öffnen und in irgendein Bildformat konvertieren können. Doch mit unterschiedlichen Ergebnissen. Photoshop CS3 fragt neuerdings gar nach dem Weißabgleich und bietet ein Dialogfeld an, über das man wahrscheinlich ebenfalls promoviert haben muss. Während frühe Versionen einfach ein Auswahlmenü mit verschiedenen genormten Farbräumen anboten. Was ich mal so bewerten will: ich hielt das damals auch nicht für sinniger. Der Manipulation ist hier keine Grenze gesetzt und die Fragen die sich aus dem Problem ergeben, werden eigentlich nicht beantwortet. Im Gegenteil, es werden immer mehr Fragen, statt weniger. Als Informatiker würde ich den Programmierern und Kaufleuten rundherum um Photoshop nun an der Stelle gar die berechtigte Frage stellen müssen, wo denn nun die versprochene Unterstützung des Anwenders bliebe. Denn die Informatik beschäftigt sich ja vorrangig auch mit dem Menschen und den Dingen rundherum um die viele Software. Die Programmierer werden, wie immer an der Stelle, argumentieren, man habe nun so und soviele neue Funktionen und vor allem noch mehr Farben. Der Kaufmann rechnet daraus einen neuen Preis für die Software oder solche Updates. Schließlich hat soviel Farbe gar ihren Preis. Doch mein Problem hat es nicht gelöst. Und das obwohl (oder gerade deswegen, weil) ich selbst in der Informatik tätig bin. :-)
Das Problem fängt schon an, wenn ich meine Bilder zu unterschiedlichen Tageszeiten nach dem Augeneindruck kalibriere. Selbst wenn ich vor dem gleichen Monitor sitze: Je nachdem, ob ich Kunstlicht oder Tageslicht vom Fenster nehme, sieht eine beliebige Blindprobe von M51 anschließend anders coloriert aus. Der Profibearbeiter kennt das Problem und es definiert sogar ein eigenes Berufsbild in der Branche der Profibearbeiter. Manche arbeiten daher unter genau normierten Lichtverhältnissen.
Doch auch damit löst man nicht das eigentliche Problem: Wie sehen unsere Galaxienaufnahmen in Wahrheit tatsächlich aus?
Es scheint, das habe eine philosophische Dimension, aus vielerlei Sicht: der der Astronomie, der der Informatik, der Sicht dessen, der uns die Farben verkaufen will... oder vielleicht die lichtspendende Galaxie selbst?
Doch halt, wenn's denn schon philosophisch bleibt: wir sehen die Galaxie ja eigentlich gar nicht mit bloßem Auge. Wie kann sie dann eine Farbe haben?
So muss die Frage eigentlich zunächst einmal lauten: ist dieses Problem überhaupt lösbar?
Viele Grüße
Thilo Bauer
11-mal bearbeitet. Zuletzt am 06.01.09 11:13.
