Hallo Herr Urban,
da ich direkt angesprochen wurde, will ich auch darauf antworten.
Wir machen eine Eingangskontrolle. Diese fischt eine gewisse Quote an Geräten heraus, die wir zurückliefern und die dann beim Hersteller noch einmal durch die Werkstatt gehen bzw. in seltenen Fällen auch entsorgt werden, wenn es sich um preiswertere Produkte oder Komponenten handelt.
Sie werden sicher akzeptieren, daß man bei Premiummarken weit höhere Anforderungen stellen muß als bei einfacheren Produkten. Deshalb konnte ich Ihre Frage, wie viel geringer die Reklamationsquote bei Premiummarken ist, auch nicht beantworten. Ein Fernglas für 1500 Euro muß sich kritischere Fragen gefallen lassen als ein Glas für 300 Euro. Nach Premiumkriterien würden wir fast jedes preiswerte Glas reklamieren, meistens wegen unsauber laufender Mechanik.
Trotz unserer Eingangskontrolle rutschen noch mehr Fehler durch, als uns lieb ist.
Da ist ein "wasserdichtes" Fernglas nicht dicht.
Da klemmt die Dioptrienverstellung nach dem 3. Verstellen.
Da geht der Antrieb zu leicht / zu schwer.
Da ist ein Umkehrprisma nicht perfekt fixiert und hat minimales Spiel in der Hochachse.
Wir behaupten aber, daß die Reklamationsquote unserer Kunden signifikant kleiner ist, als sie ohne unsere Eingangskontrolle wäre.
Wir behaupten auch, daß wir pingeliger sind, als die meisten unserer Kunden, einfach weil wir mehr Erfahrung und einen guten Ruf zu verlieren haben und weil ein Kunde für gutes Geld auch gute=einwandfreie Ware erhalten soll. Zahlen dazu haben wir natürlich, weil jede Reklamation ja Bürokratie bedeutet, aber diese Zahlen geben wir nicht bekannt.
Ihre Sorge, Sie könnten vielleicht nicht das beste Glas aus der Produktion erhalten, ist berechtigt, aber wie ich bereits versucht habe zu erläutern, belanglos, denn die Premiumhersteller garantieren mit Ihrem guten Namen die Einhaltung von Standards und wissen selber nicht, welches Glas aus der Produktion das "BESTE" ist. Den Aufwand, dies ganz sauber herauszufinden, treibt nämlich auch kein Premiumhersteller, die Gläser würden viel zu teuer.
Es ist in der Industrie üblich, eine Fertigung so auszulegen, daß auch bei unvermeidlichen kleinen Produktionsschwankungen die zugesicherten Eigenschaften immer erreicht werden. Ausreißer regelt das Garantieversprechen, danach eine großzügige Kulanz.
Einmal angenommen, Sie entscheiden sich für ein 8,5 x 42 EL, das Glas das Ihnen am Freitag am besten gefallen hat. Dann haben wir bei der Eingangskontrolle geschlafen und Ihnen fällt nach 5 oder 10 Jahren auf, daß das Glas nicht in Ordnung ist. In genau diesem Fall greift doch das Garantieversprechen, nämlich herstellerseitig dafür zu sorgen, daß das Glas wieder einwandfrei funktioniert.
Und genau dieses geschieht regelmäßig, die lange Garantiedauer ist ja nicht von ungefähr.
Hier fiel schon mal der Begriff Verbraucherzentrale, da können Sie sicher klären, ob man den o.g. Premiumherstellern und ihren Garantieversprechen trauen kann.
Werner Jülich