Dass Porrogläser eine bessere Tiefenauflösung haben als Dachkantgläser, ist allgemein bekannt. Holger Merlitz hat diesem Thema einen Abschnitt in seinem Buch gewidmet (S. 123-125) und zeigt an einem Beispiel, wie groß die Unterschiede zwischen einem Porro-I-Glas (Zeiss West 10x50) und einem Dachkantglas (Hensoldt 10x50) sind: Das Porro hat auf 100m eine Tiefenauflösung von 1m, das Dachkantglas eine Tiefenauflösung von 1,90m. In seinem älteren Vergleichstest zwischen diesen beiden Gläsern (und einem Ross Stepmur 10x50, Porro-II) zieht er folgendes Fazit:
"The image of the Zeiss was about as bright as the Hensoldt's, but its wider angle and far superior impression of depth led to a significantly improved performance under very low light. I think that this observation is not without relevance, considering the fact that in the community of hunters, slim roof prism night glasses (typically 8x56) with small fields of view are most popular. I now believe that a similar Porro design with as wide as possible field would make a much better night glass than most of these narrow roof prism binoculars. The same is true for military applications, of course: The excellent 3-D impression of Porro binoculars with widely spaced objectives is likely to improve their performance under very low light conditions." (http://www.holgermerlitz.de/ross10x50.html)
Nun ist mir natürlich bewusst, dass nicht alle Beobachter diese Tiefenauflösung bewusst wahrnehmen und/oder für wichtig halten, aber ich meine schon, dass es sich lohnt, einmal ein bisschen zu vergleichen, wenn man dazu die Gelegenheit hat. Ich "sehe" die Unterschiede zwischen Porros und Dachkantgläsern auch am Tag im nahen bis mittleren Bereich recht deutlich (und ziehe den Bildeindruck von Porros vor), aber wie deutlich die Unterschiede in der Dämmerung bzw. nachts sind, ist mir erst klar geworden, als ich vor ein paar Wochen einmal den direkten Vergleich hatte zwischen einem Zeiss 7x42 BGT*P und einem Hensoldt Fero-D 7x50.
Klar, das 7x50 hat eine größere Austrittspupille, die dürfte aber in Stadtnähe kaum zum Tragen gekommen sein, außerdem öffnen sich meine Pupillen nur bei absoluter Finsternis noch über 6mm. Von der Lichtdurchlässigkeit und vom Kontrast her sollten sich die beiden Gläser nicht viel tun, die Bilder erschienen mir auch vergleichbar hell, dennoch war der Bildeindruck im Hensoldt deutlich besser, Einzelheiten waren besser erkennbar bzw. ließen sich besser zuordnen, und zwar *obwohl* das Hensoldt mit 130m/1000m ein deutlich engeres Gesichtsfeld hat als das 7x42 mit seinen 150m/1000m. Mir schien es daher so, als sei die breitere Basis des 7x50 wichtiger als das größere Gesichtsfeld des 7x42, obwohl Holger ja die Bedeutung des Gesichtsfeldes auch deutlich hervorhebt.
Schade, dass es außer dem Habicht 7x42 (mit seinem doch recht engem Gesichtsfeld) keine vernünftigen Porros mit den Kenndaten mehr gibt. Aber vielleicht erklärt dieser Effekt, warum das Habicht 7x42 so lange bei der schießenden Zunft seine Anhänger hatte.