Habe jetzt glücklich ein Nobilem erstanden.
Beim vergleichenden Gebrauch mit meinem Nikon Monarch 8x36 mache ich folgende Beobachtungen:
erster Bildeindruck: das Nobilem liefert (natürlich, wg. des hohen Objektivabstands) das plastischere lebendigere Bild. Beide Optiken sind vergleichbar zentralscharf und kontrastreich. Die Farbwiedergabe ist für meine Augen beim Nobilem "brillianter" (angenehmer, wärmer); im Nikon wirken die Farben geringfügig kühler bei vergleichbarem Kontrast.
Schärfe: Zentral gleich (sehr) gut. Der Mückenschwarm auf 80 m in der Abendsonne, dass taubesetze Spinnennetz im Gegenlicht der Abendsonne oder dem Winkel einer Strahßenlaterne bei Nacht (samt gefangener Fliege) sind mit beiden Gläsern gleichermaßen kein Problem.
Randschärfe: Bei den großen Sehfeldern (122, bzw. 118 m) muss ich die Pupillen in Richtung Rand verdrehen, will ich die Schäfewiedergabe eines zentral scharfgestellten und dann in den Rand geschobenen Objekts dort feststellen. Dabei kommt es bei meinem Augenabstand/Einblickverhalten verbunden mit den doch relativ geringen AP-DM (4,5, bzw. 5mm) bei beiden Gläsern bereits zu Teilabschattungen genau des Randes, wo ich hinsehen will. Ich muss die Okulare am Auge entgegengesetzt verschieben, praktisch schräg durchs Glas schauen, um den Rand ohne Abschattung mit meinem zentralen Pupillenbereich betrachten zu können. Stelle dann bei beiden Gläsern nachlassende Schärfe auf den äußeren ca. 20% des Sehfelds fest. Sehe ich zentral durch die Gläser, ist die Randunschäfe für mich nicht wahrnehmbar.
Streulicht: Der Mond oder Straßenlaternen bei Nacht verursachen beim Nickon eine leichte kreuzförmige Reflexion in der direkten Umgebung des Objekts. Das Spinnennetz im Winkel der Lampe wird davon aber nicht überstrahlt, auch die Blätter des im halbdunklen Hintergund stehenden Baumes kann ich direkt an der hellen Lampe vorbei problemlos betrachten. Mit dem Nobilem geht das noch besser, v.a. ist überhaupt kein Reflexion festzustellen. Durch beide Gläser nehme ich weniger Streulicht wahr, als mit blosem Auge.
Gegenlicht: v. a. das Nikon ist sehr gegenlichtempfindlich, nichts für Beobachtungen bei Sonne am Wasser. Die Objektivtuben stehen hier nur sehr kurz über die äußere Linse. Wo die äußere Linse im Tubus gelagert ist, ist von außen ein heller Ring zu sehen. Nach meinem Eindruck wird dieser Ring bei schräg von vorn einfallendem Licht auf und ins Objektiv gespiegelt. Jedefall zeigt das Nikon bei Gegenlicht schnell störende monsichelförmige halbrunde Reflexionen. Beim Nobilem sind diese wesentlich schwächer ausgeprägt, wenn auch vorhanden.
Helligkeit, Lichtdurchlässigkeit, Vergütung: Die Vergütung sieht beim Nikon von außen gelblich-gün, beim Nobilem blau-grau aus. Beim Blick in die Objektive schräg von oben gegen ein gut belichtetes weißes Blatt Papier 1/2m unter den Okularen hat das neutrale Weiß des Papiers im Nikon eine leicht grau-blau-kühle Note; im Nobilem eine deutlichere gelblich warme. Die Bilder wirke gegeneinander und das Papier gleich hell. Beim Abendansitz hält das Nikon bis ca. 1/2 h nach Sonnenuntergang gut mit. Seine Dämmerungsleistung ist subjektiv etwas besser aLS die meiner unbewehrten Augen. Mit dem Nobilem sehr ich (natürlich) fast eine Stunde länger (bei klarem Himmel, ohne Mond)
Haptik, Praxistauglichkeit, Verarbeitung: Das Nikon hat eine sehr angeheme griffige dicke Gummiarmierung und sehr bequeme gerauscharm und sicher bedienbare, dreifach rastbare breite Augenmusscheln. Der Mitteltrieb zur Entfernungseinstellung ist groß und sehr (fast zu) leichtgängig und hoch übersetzt; die richtige Einstellung ist optimal schnell gefunden, verstellt sich aber beim Tragen auch leicht wieder. Der Okuarring zum Dioptreinausgleich und das Knickgelenk zur Einstellung des Augenabstands sind gut zu bedinen und gehen ausreichend schwer, unbeabsichtigtes Verstellen zu verhindern. Das Nikon ist sehr leicht (570g, mit 8-facher Vergrößerung kann ich grade so zitterfrei beobachten) und klein. Die Armierung des Nobilem ist ebenfalls sehr griffig (fast schon klebrig), liegt nicht vollständig am Gehäuse an, ist relativ weich und liegt mir nicht so angenehm in der Hand. Die Stülpaugenmuscheln sind für mich zu lang und sehr dünn, dadurch unbequem am Auge. Wenn man sie voll ansetzt, beschlägt das Glas durch die eingesprerrte verdunstete Augenflüssigkeit schon bei niedrigen Plusgraden schnell. Mit umgeklappten Stülpmuscheln ist das Glas wesentlich bequemer und nicht mehr beschlaganfällig; meist benütze ich es so (bin kein Brillenträger). Der Mitteltrieb läßt sich gut bedienen, auch mit großen Händen (bin 1,89m) muss allerdigs umgegriffen werden weil das Glas so breit ist. Beim Beobachten ist das plastische Bild regelrecht auffällig gegenüber Dachkantkonstruktionen. Auch beim Beobachten "durch" lose geschlossene Hindernisse (Blätterdach) auf weiter dahinter liegende Objekte macht sich der weite Objektivabstand bemerkbar: eines (der Objektive) hat meistens Durchblick, wo beim Dachkantglas beide verdeckt sind, man hat das Gefühl, besser "durchsehen" zu können. Bei Bäumen ist der verdeckte dahinterliegende Bildausschnitt kleiner, man sieht "drumherum". Größe und Gewicht des Nobilem (1300g) machen sich bei mir beim freihändigen Beobachten positv bemerbar: ich wackle mit dem 10-fachen eher weniger als mit dem kleinen leichten nur 8-fachen Nikon, das Glas ist sehr gut ausbalanciert und liegt mir sehr gut in der Hand. Mitnehmen möchte ich es allerdings nicht weiter als auf einen Ansitz (müssen); zu transportieren/tragen ist es umständlich. Insgesamt ist die sehr gute Optik und Konstruktion des Nobilem veraltet (und im Fall der Augenmuscheln auch ärgerlich schlecht) verpackt.
Fazit: Ich fühle mich mit beiden Gläsern sehr gut ausgerüstet, das Nikon (250 € frei Haus) für die Pirsch, Wandern und Freizeit, das Nobilem (520 € frei Haus) für alle Beobachtungen bei schlechterem Licht und ohne weiten Anmarsch, v. a. aber den Ansitz. Es ist bedauerlich, dass Docter seine optisch guten Porro-Gläser nicht in der Ausstattung dem Stand der Technik und der Zeit anpaßt. Beide Gläser sind für mich als Jäger v. a. auch wegen der großen Sehfelder erste Wahl. Ein Objekt, eine Bewegung, die ich mit blosem Auge noch wahrnehme, mit dem Glas schnell zu finden und "ansprechen" zu können, ist für meine Anwendung entscheidend. Die Randschärfe ist weniger ein Kriterium - solange sie bei zentrischem Durchsehen praktisch nicht wahrnehmbar ist. Bei der Optik kann ich zwischen beiden Gläsern keinen großen Qualitätsunterschied festellen.
Schöne Grüsse an alle interessierten "Beobachter"