Ich weiß, daß es viele für unwichtig halten, aber weil mein Sprachgefühl protestiert und dieser Begriff im Zusammenhang mit Ferngläsern immer wieder vorkommt und es mich immer wieder ärgert, wenn er falsch gebraucht wird, muß ich Einspruch erheben:
Es gibt Regeln in der deutschen Sprache, die in diesem Falle eindeutig sagen, daß es richtig „Schärfentiefe“ heißen muß. Denn bei zusammengesetzten Wörten dieser Art ist stets das zweite dasjenige, das sagt, worum es sich eigentlich handelt, und das erste dasjenige, welches mur eine nähere Charakterisierung liefert.
Beispiel 1:
Ein Kettenhund ist in erster Linie ein Hund (= zweiter Wortbestandteil in Kettenhund). Er ist also ein Hund, und zwar ein solcher, der an einer Kette liegt (nähere Charakterisierung).
Demgegenüber ist eine Hundekette in erster Linie eine Kette (= zweiter Wortbestandteil in Hundekette), und die nähere Charakterisierung durch den ersten Wortbestandteil „Hunde” weist sie als eine speziell für Hunde benutzte Kette aus.
Beispiel 2:
Ein Stammbaum ist in erster Linie ein Baum (wenn auch kein biologischer), der gemäß seiner näheren Charakterisierung durch den ersten Wortbestandteil „Stamm“ bildlich die Abstammung einer Person oder eines anderen Lebewesens darstellt.
Demgegenüber ist ein Baumstamm in erster Linie ein Stamm, und zwar gemäß der näheren Charakterisierung der eines Baumes.
Beispiel 3 (damit wir uns wieder dem Thema Ferngläser nähern):
Eine Glaslinse ist in erster Linie eine Linse, die gemäß ihrer näheren Charakterisierung aus Glas gefertigt ist.
Dagegen ist Linsenglas in erster Linie ein Glas(material), und zwar gemäß seiner näheren Charakterisierung ein solches, das für die Herstellung optischer Linsen verwendet wird oder verwendet werden kann.
Nun zurück zur Schärfentiefe, die so und nicht Tiefenscdhärfe heißen muß (auch wenn das sogar in manchen Physik-, Optik- und Fotobüchern so falsch geschrieben wird, weil nicht jeder Physiker, Optikexperte oder Fotofachmann auch gut deutsch kann (siehe die vielen Rechtschreibfehler in diversen Foren, insbeondere A.de), weil damit eine räumliche Tiefe, z.B. von 5 m bis 8 m, gemeint ist, die gemäß der näheren Charakterisierung durch den ersten Wortbestandteil im reellen oder virtuellen Bild noch scharf gesehen wird, weil die tatsächlich vorhandene Unschärfe unterhalb einer gewissen Grenze („Zerstreuungskreis“) bleibt.
Gelehrte, die diesen Namen verdienen, werden also nie „Tiefenschärfe” sagen, sondern nur „Schärfentiefe”, und sie werden sich auch nicht darüber streiten, sondern einvernehmlich „Schärfentiefe“ als richtig bezeichnen.
Walter E. Schön