Wir (3 Teilnahmer) fahren gestern um 10.30 Uhr los und sind 12.00 Uhr am Ziel. Wetter ca. 15°, meist bedeckt, zum Glück deshalb kaum Flimmern, leider am Nachmittag zunehmender Wind. Beobachtet wird bis 19.45 Uhr, dazwischen eine längere Essenspause.
Im Einsatz sind folgende Geräte: Leica Trinovid 10x42, Zeiss Dialyt 10x40, Zeiss Victory 10x42 FL (ausgeliehen), Kowa ED 823, Zeiss Diascope 85 FL und Leica APO Televid 77. Alle Spektive waren mit Okularen bis 60facher Vergrößerung versehen.
Der See misst in West-Ost-Richtung etwa 5 km und in Nord-Südrichtung etwa 2,5 km. Alle Enfernungsangaben habe ich auf einem interaktiven Kartenwerk am Computer "gemessen".
Was wieder klar wurde: Gestern wurden die Ferngläser unter den genannten Bedingungen zu Statisten: Wenn man die Zeit, in der wir durch unsere Fernoptik gesehen haben, ins Verhältnis setzt, so entfiel ca. 80% dieser Zeit auf das Sehen bzw. Starren durchs Spektiv. Die Ferngläser wurden kaum gebraucht, auch deswegen, weil zwei Augenpaare nach intensiver Spektivbeobachtung bei dem Versuch, durchs Fernglas zu sehen, noch nicht richtig akkommodieren konnten, der Personalausweis zeigt den Grund dafür.
Ob Weißbartseeschwalbe, Knutt, Zwerg- und Alpenstrandläufer, Dunkler Wasserläufer, Schwarzkopfmöwe, Seeadler, Fischadler, wir brauchten das Spektiv, entweder um überhaupt sicher bestimmen zu können oder weil diese Tiere in ihrer vollen Schönheit nur im Spektiv zu beobachten waren. Als besonders schwierig erwies sich die Bestimmung der Seeschwalben mit Beobachtungsentfernungen von etwa 2000 m. Leider mussten wir oft passen, eine höhere Vergrößerungsmöglichkeit wäre dringend erwünscht gewesen. Man möchte ja gerne juvenile durchziehende Küstenseeschwalben von Flussseeschwalben unterscheiden, aber bei den Entfernungen? Das gegenüberliegende Ufer (von der anderen Seite kommt man nicht heran, und selbstverständlich sind die Betretungsverbote zu Recht penibel einzuhalten) wird abgesucht, abgesucht, nochmals abgesucht, die Augen tun weh. Das ist einem stundenlangen Mikroskopieren ähnlich...Dann entdeckt einer von uns, ich war's nicht, klein, aber gut bestimmbar, eine juvenile Schwalbenmöwe, natürlich auch mindestens 1500 m entfernt, die wir nun alle bestaunen.
Das ist im Binnenland schon sehr ungewöhnlich, die vierte oder fünfte Beobachtung in unserem Raum überhaupt, wissenschaftlich natürlich ohne Belang und viel weniger wichtig als die Zahlen der Charakterarten des Gebiets, aber für uns doch das in diesem Fall wirklich hart erarbeitete "Salz in der Suppe". Wir verständigen telefonisch einige Freunde, die heute vielleicht dort nachsehen wollen - das gehört zum guten Ton - und erfreuen uns an den schönen Knutts und den juvenilen Schwarzkopfmöwen, die unter vielen Lachmöwen endlich einmal in weniger als 300 m vor uns stehen und sich genau studieren lassen, wieder etwas dazugelernt. Wir sehen die "Hosenträger" auf dem Rücken der jungen Alpenstrandläufer: endlich Genussbeobachtung nach so viel Anstrengung.
Bei über uns einfliegenden Kranichen fahren wir los. Um 22 Uhr sind wir alle wieder zu Haus.
Warum schreibe ich das? Wenn einer von den Herstellern mitliest: Es gibt auch aus feldornithologischer Sicht einen Bedarf an Vergrößerungen von über 60x, mit 30x hätten wir gestern nicht allzu viel ausrichten können. Und in den USA und Großbritannien ist das dort "Birding" genannte Hobby ja verbreiteter als hierzulande.
Damit ich recht verstanden werde: Ich bin selbst in einem Hügelland ohne große Wasserflächen aufgewachsen. Da habe ich fast nie ein Spektiv gebraucht und wenn, 30x kann dann schon üppig viel sein.
Schönen Sonntag
MP
1-mal bearbeitet. Zuletzt am 09.09.07 12:05.