Vorab: Sie sollten von einem Erfahrungsbericht und nicht von einem Test sprechen, weil man von einem „Test“ eine objektive meßtechnische Untermauerung und Ergänzung der Ergebnisse erwartet. Ein Erfahrungsbericht dagegen darf bei aller Bemühung um Objektivität auch subjektive Elemente enthalten und auch „Eindrücke“ anstelle von Meßergebissen darstellen.
Gleichwohl haben Sie sich sichtlich um eine gründliche Darstellung bemüht und zu einem wenig bekannten, aber sicher von manchen Beobachtern (vor allem aus dem Jägerlager) mit Interesse ins Auge gefaßten Modell viele nützliche Informationen mitgeteilt, die viele von uns dankend entgegennehmen.
Zur Verzeichnung und zum Globuseffekt stellen sich mir (genauso wie Herrn Fritzen) jedoch Fragen:
Der Globuseffekt entsteht beim Schwenken des Fernglases (also wenn sich das Motiv scheinbar quer zur Blickrichtung innerhalb des Sehfeldes bewegt) dann, wenn das Fernglas nicht oder nur sehr wenig kissenförmig verzeichnet. Bei stationärer Beobachtung ist natürlich ein nicht verzeichnendes Fernglas günstiger, weil annähernd tangential verlaufende gerade Linien, z.B. Kanten von Gebäuden, im Randbereich nicht durchgebogen dargestellt werden.
Aber beim Schwenken während des Beobachtens durchlaufen dann die sich quer durch das Sehfeld bewegenden Gegenstände einen Formwechsel (genauer: es ändern sich seine Proportionen zwischen radialer Richtung und tangentialer Richtung) in einer Weise, die nicht mit unserer Seherfahrung beim Schwenken während des Betrachtens ohne Fernglas übereinstimmt. Grund: die Schwenkachse bleibt in der tatsächlichen Entfernung vom betrachteten Gegenstand, während das Bild scheinbar um den Kehrwert des Vergrößerungsfaktors nähergerückt ist. Weil der Wechsel der Proportionen (ein Kreis wäre z.B. am rechten Rand eine vertikal stehende Ellipse, die auf dem Weg durch die Sehfeldmitte zum Kreis und dann auf dem weiteren Weg zum linken Bildrand wieder zur vertikal stehenden Ellipse wird) genauso verläuft, als ob der im Fernglas flach zusammengestauchte Gegenstand (Kulisseneffekt!) nicht in einer Ebene läge, die sich vor dem Sehfeld von rechts nach links verschiebt, sondern auf einem sich drehenden Zylinder mit vertikaler Achse, müßte dieser Effekt eigentlich Zylindereffekt heißen. Aber irgendwer hat mal den Begriff Globuseffekt geprägt, und weil zunächst niemandem aufgefallen ist, daß das eigentlich falsch ist, hat er sich als übliche Bezeichnung für diesen Effekt durchgesetzt.
Um den Globuseffekt zu mindern oder (fast) unmerklich zu machen, benötigt man eine zum Randbereich hin anwachsende Vergrößerung: Die links und rechts am Sehfeldrand schmale vertikale Ellipse wird dadurch wieder annähernd zum Kreis. Eine derart zum Sehfeldrand hin zunehmende Vergrößerung ist aber nichts anderes als eine kissenförmige Verzeichnung bestimmten Ausmaßes.
Fazit: Verzeichnungsfreiheit bedeutet zugleich Globuseffekt, und ein nicht vorhandener Globuseffekt setzt zwingend eine relativ deutliche kissenförmige Verzeichnung voraus. Somit schließen die beiden dem Nikon Monarch 10x56 von Ihnen zuerkannten Eigenschaften „keine Verzeichnung“ und „kein Globuseffekt” einander aus!
Es könnte sein, daß die kissenförmige Verzeichnung sehr gering ist (auch die Nikon-HG(L)-Ferngläser verzeichnen nur minimal), man als von nahezu verzeichnungsfreien Ferngläsern sprechen kann, aber Sie für den Globuseffekt unempfindlich sind. Ich habe schon oft festgestellt und hier im Forum auch schon mehrfach darauf hingewiesen, daß es einerseits Fernglasbeobachter gibt, die den Globuseffekt nicht oder kaum wahrnehmen, und andere, die ihn so stark wahrnehmen, daß sie behaupten, es würde ihnen schwindelig oder sie würden seekrank. Ebenso gibt es umgekehrt Fernglasbeobachter, die eine Verzeichnung gar nicht oder erst dann wahrnehmen, wenn man sie darauf aufmerksam macht, und wiederum andere, die bereits eine mäßige kissenförmige Verzeichnung als störende Bildbeeinträchtigung empfinden. Ich beispielsweise empfinde die Verzeichnung viel störender als den Globuseffekt, der mich eigentlich nie gestört hat und den ich nur dann wahrnehme, wenn ich speziell darauf achte. Es könnte bei Ihnen auch so sein und könnte so Ihre unrichtige Aussage erklären.
Eine weitere Frage habe ich zu den von Ihnen erwähnten Schulnoten zur quantitativen Beurteilung der von Ihnen geprüften Kriterien: Wo stehen diese Schulnoten? Ich finde sie nicht in Ihrem Beitrag.
Eine letzte Frage schließlich habe ich zur Größe des scheinbaren Sehfeldes, das Nikon auf der englischsprachigen japanischen Website mit 60° angibt und das Sie mit 55° angeben. Haben sie den Winkel gemessen (wie?) oder nur, z.B. im Vergleich mit anderen Ferngläsern, grob geschätzt? Wenn die Sehfeldangabe von Nikon mit 105 m auf 1000 m richtig ist, wäre der tatsächliche Sehwinkel 6,01°. Nikon gibt 6° an, also korrekt. Hätte das Fernglas keine Verzeichnung, dann müßte der scheinbare Sehwinkel (immer unter der Voraussetzung einer korrekten Sehfeldgröße von 105 m auf 1000 m und der exakten Einhaltung einer 10fachen Vergrößerung) 55,4° betragen. Ihr angegebener (geschätzter?) Wert könnte dann im Rahmen zulässiger Toleranz stimmen. Aber wenn der scheinbare Sehwinkel 60° wäre, wie von Nikon angegeben, läge eine kissenförmige Verzeichnung von 10% (genauer: 9,97%) vor.
Ich biete Ihnen an, den scheinbaren Sehwinkel Ihres Monarch 10x56 genau zu messen, wenn Sie das Fernglas für einige Tage entbehren und mir zusenden können. Ich würde es Ihnen umgehend nach Messung wieder auf meine Kosten im versicherten Paket zurückschicken. Damit könnte ich dann auch die hier im Forum veröffentlichte Tabelle um dieses Fernglasmodell ergänzen.
Walter E. Schön