Holger Merlitz schrieb:
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> Allgemein habe ich den Eindruck, dass die
> Premiumliga in den letzten 15 Jahren allmaehlich
> saturiert ist, was die technischen Innovationen
> anbetrifft. Man verbessert hier und da ein wenig,
> echte Spruenge gibt es aber nicht mehr. Die
> Gruende sind: 1. Es fehlt zunehmend der Mut, neue
> Wege zu gehen und langfristig zu investieren.
> Stattdessen schielt man zu sehr auf die
> Konkurrenz, und in der Furcht, sie koennte den
> Marktanteil erhoehen, naehert man sich einander
> immer mehr an. Der Markt konvergiert. 2. Auf der
> augenblicklich befahrenen Schiene ist nicht mehr
> viel Optimierung moeglich. Was technisch moeglich
> ist, hat man ausgereizt, abgesehen von einigen
> Schlampereien, die man sich noch immer erlaubt (in
> Sachen Fokussierung, Streulichtunterdrueckung,
> Endkontrolle).
Ich würde so argumentieren, dass die Hersteller sich verrannt haben. Kompakte Bauweise, Innenfokussierung, Dachkantprismen, extremer Nahbereich, das sind die Dinge, die heute zählen. Und die Hersteller haben durch ihre Werbelyrik den Kunden suggeriert, jedes moderne Fernglas müsse genau diese Eigenschaften aufweisen, selbstverständlich ohne darauf hinzuweisen, dass dafür auch ein Preis zu zahlen ist. Einmal ganz platt in Form der Preise, die so ein Glas kostet, aber auch durch eher unerwünschte Eigenschaften, wie z.B. problematische Fokussierungen (aufgrund des extremen Nahbereiches) oder auch Fertigungsschwankungen aufgrund der extrem kleinen Toleranzen der viellinsigen Systeme mit ihren Dachkantprismen. Steigerungen der Transmission um ein paar Prozent sind sicher noch drin, Verbesserungen des Gegenlichtverhaltens auch, z.B. durch weiter optimierte Vergütungen wie bei Kameraobjektiven (Nanobeschichtungen), eventuell auch noch kompaktere Bauweise durch Fresnellinsen (Nikon PF-Objektive), aber das war's dann.
Und man muss noch eins sehen: Durch den riesigen Aufwand, den die Fertigung der modernen Dachkantgläser erfordert, ist die Bandbreite der angebotenen Modelle geschrumpft. 8x42, 10x42, eventuell noch was Größeres (10x50 z.B.) und irgendwann auch etwas Kleineres (8x32, evt. 10x32), das war's dann. Eine wirkliche Auswahl gibt es nicht mehr, was die Spezifikationen angeht. 7-fache Gläser z.B. sind ja mittlerweile fast ausgestorben. Klar, da ist die Nachfrage auch nicht so hoch, aber im Prinzip ist die Entwicklung bedauerlich. Diesen Markt decken jetzt z.B. die chinesischen Hersteller ab.
> Es muss endlich mal wieder jemand raus kommen,
> aus dem Fahrwasser, und ganz neue Wege probieren.
> Stabilisierung, Zoom, Weitwinkel - manches waere hier
> noch erreichbar.
Stabilisierte Ferngläser sind sicher der größte Fortschritt, der möglich ist, und die Technologie ist mittlerweile weit genug verbreitet, dass das noch mehr Hersteller als nur Canon bauen können sollten. Nikon sowieso, Panasonic (Kooperationspartner von Leica) auch, Sony (Kooperationspartner von Zeiss) ebenso. Und so weiter. Dass Zeiss den eigenen, mechanischen Stabilisator nicht weiterentwickelt hat, ist einerseits bedauerlich, andererseits aber auch zu verstehen, denn der ist wohl nur mit Mühe so zu verkleinern, dass er sich auch in 10-fache Gläser einbauen lässt. Und er dürfte, verglichen mit den Systemen aus dem Objektivbau, viel zu aufwendig sein.
Aber es wäre sicherlich auch hilfreich, wenn mal jemand Gläser auf den Markt bringen würde, die Porroprismen verwenden, sei es nun Porro I, Porro II oder auch Perger, und die "einfach nur" auf maximale Bildqualität bei ordentlichem Gesichtsfeld optimiert sind. Dass die dann auch nicht zwangsläufig billiger werden als die Dachkanten, ist klar. Übrigens wären schon ein paar mehr Gläser mit AK-Prismen eine willkommene Bereicherung, denn dass AK-Prismen gegenüber SP-Prismen Vorteile haben, steht außer Frage.
Wenn da nicht bald etwas passiert, ist abzusehen, dass z.B. die chinesischen Hersteller nach und nach immer näher an die Premiumhersteller herankommen. Und dann wird es für die Europäer ganz schnell sehr eng.