Hallo Herr Mackenbrock,
bei aktueller Optik von Leica, Zeiss und Swarovski ist die äußerste Schicht sehr widerstandsfähig. Mit Gefühl und Verstand ist ein Baumwolltuch kein Problem, besonders wenn man dem alten Ratschlag folgend diesen Lappen mehrmals gewaschen hat. Dadurch sind die Fasern etwas weicher.
Der Nachteil von Baumwolle bleibt die Querdruckfestigkeit der Faser, dadurch können erhebliche Reibkräfte auf die Vergütung einwirken und dann haben Sie ein Problem. Man kann die Ergebnisse unter dem Stereomikroskop sehr leicht vorführen, die Vergütung zeigt deutlich sichtbare Reibschäden, die im Auflicht-Dunkelfeld bedrohlich vom nahen Exitus der Optik künden. Was natürlich völlig übertrieben ist.
An einer auf diese Weise vorgeschädigte Vergütung haften aber die Schmutzpartikel besser, besonders Aerosole und es entsteht ein Teufelskreis von stärkerer Verschmutzung und häufiger Reinigung usw.
Jetzt kommt das Microfasertuch ins Spiel. Die Druckfestigkeit der Faser ist definiert und so eingestellt, daß der Optik weniger passieren kann, auch wenn ein Grobmotoriker Zugange ist.
Die Microfasertücher bieten einfach mehr Reserve und reinigen so ganz nebenbei sogar noch etwas besser.
Wenn an der Glasoberfläche aber chemisch unangenehme Ablagerungen sind, wird dies nicht immer ausreichen, da hilft manchmal nur ein ordentlciehr Schwall Wasser. Wir hatten einmal ein Glas, daß einen Volltreffer von einer Möwe abgekriegt hat. Der Kunde sah sich außerstande, das teure Glas mit Wasser vorzureinigen und brachte es nach ein paar Tagen zu uns in die Werkstatt. Nach Beseitigung des Vogelkots war die darunterliegende Vergütung zerfressen. Das Glas war nur noch eingeschränkt tauglich.
Unser BMW-verkaufender Freund hat in ein paar Monaten sein Swarovski sicher nicht kaputtgeputzt, mag sein, er ist auf dem Weg dahin aber die ersten Anzeichen einer verkratzten Linsenoberfläche sind ja, wie Sie wissen, nicht Transmissionsprobleme, sondern störende Reflexe bei Gegenlicht.
Ich bezweifele auch, daß das Glas nach einigem Gebrauch sich daran erinnert, es wäre vielleicht noch nicht auf dem neuesten Stand der Vergütung und müßte daher Farbe und Bildfeldwölbung zeigen. Dieses Phänomen kennen Mediziner gut, es kommt aber auch in unserer Branche vor, man hört von einem neuen Begriff und dann stellt man ihn auch sofort fest. Beispielsweise chromatische Aberration am Spiegelteleskop.
Werner Jülich