Soeben sehe ich, daß Walter Wehr vor mir eine Antwort abgeschickt hat, die noch nicht sichtbar war, als ich meinen vorherigen Beitrag zu schreiben anfing. Das Erfreuliche daran ist, daß wir unabhängig voneinander ziemlich gleicher Ansicht sind, nämlich daß die Behauptung von 98% Transmission beim Fujinon-Fernglas garantiert falsch ist.
Ich wollte aber eigentlich mit diesem Nachtrag etwas anderes, nämlich eine kurze Erläuterung dazu geben, was mit „Gewichtung” gemeint ist, denn dieser Punkt ist in meinen vorherigen Beitrag etwas knapp dargestellt.
Wenn man die Transmission mißt (oder auch nur theoretisch berechnet), muß man festlegen, wie das dabei betrachtete Licht zusammengesetzt ist, also wie seine Intensitätsverteilung über das Spektrum hinweg aussieht [daher V-Lambda oder V(Lambda) mit V = Verteilung über Lambda = Wellenlänge].
V-Lambda ist die Bezeichnung für den durchschnittlichen sog. spektralen Hellempfindlichkeitsgrad des Menschen beim Tagessehen, d.h. mit den farbempfindlichen Zapfen als Photorezeptoren. V'-Lambda ist dasselbe beim Nachtsehen mit den nur hell- aber nicht farbempfindlichen Stäbchen als Photorezeptoren. Die jeweiligen Kurven (Hellempfindlichkeitsgrad in der y-Achse gegen Wellenlänge in der x-Achse) sehen nahezu gleich glockenförmig aus, sind aber zueinander verschoben: Das Empfindlichkeitsmaximum bei V-Lambda liegt bei 555 nm (Gelbgrün), das bei V'-Lambda bei der deutlich kürzeren Wellenlänge 508 nm (Grün).
Folglich kann es durchaus nennenswerte Transmissionswert-Unterschiede geben, je nachdem, ob nach V-Lambda oder nach V'-Lambda gewichtet wird. Und somit kann ein Hersteller, der seine lichtstarken Ferngläser wegen des für seine Zielgruppe wichtigen Einsatzes in der Dämmerung (z.B. Jagd) für V'-Lambda optimiert, eventuell gegenüber einem anderen das Nachsehen haben, wenn letzterer für V-Lambda optimiert und dann nur die Werte für V-Lambda verglichen werden.
Ich hoffe, dies hilft, die Problematik von Transmissionswertangaben besser zu verstehen und bei Vergleichen vorsichtiger, vor allem aber nicht anfällig gegen allzu vollmundige Werbeaussagen zu sein.
Walter E. Schön