Warum hat chinesische Konsumoptik einen schlechten Ruf?
-Weil man nicht bis 1998 Gummistiefel und dann kurz darauf mit dem gleichen Personal in der gleichen Halle FernglÀser in guter QualitÀt produzieren kann.
-Weil man sich QualitĂ€t nicht leisten will, schlieĂlich passen Hersteller und Endabnehmer perfekt zusammen, eine Win-Win-Situation. Der extrem anspruchslose Konsument sucht sein extrem preiswertes Fernglas bei Tchibo. Es darf eventuell 9,90 Euro kosten, was hat es da wohl in der Herstellung gekostet?
- Weil zu viel abgekupfert wird, weil kein Service geleistet wird, weil man sein Heil im Billigsegment sucht.
Im Billigsegment wird das dicke Geld verdient, da werden die groĂen GeschĂ€fte gemacht, nicht solche Kleinigkeiten wie im Premiumsegment.
Chinesen können GeschÀfte machen, da habe ich genug Erfahrungen gesammelt.
Jetzt gibt es ein Problem. Angenommen, ein chinesischer Hersteller stellt statt der Hilfsarbeiter Facharbeiter ein, er konstruiert selber, achtet beim Einkauf auf gleiche GlasqualitĂ€t, hautvertrĂ€gliches Aussenmaterial und sogar auf Fett, dass nicht bereits ab 40°C anfĂ€ngt auszugasen. Er besorgt sich eine Firmenausstattung und achtet auf regelmĂ€Ăig gewechselte Feinfilter in den LuftzufĂŒhrungen. Kurz gesagt, er will ein ernsthafter Hersteller fĂŒr QualitĂ€t werden.
Jahrelang hat der EinkĂ€ufer ( das war u.a. ich ) aus dem Westen gelernt, Chinaoptik=Billigoptik=ideal fĂŒr unsere doofen Kunden, jetzt soll er plötzlich umdenken? Das kann er vielleicht noch, aber seine GeschĂ€ftsleitung will nur Billigoptik, die steht direkt neben der Kasse, Dummenware, freundlicher formuliert Aktionsware. Das kauft unser mĂ€nnliches Prekariat, weil Kaufen ist schön, kauf dir was, dann bist du was.
Der EinkĂ€ufer kann mit der guten Ware ĂŒberhaupt NIX anfangen, er bedient einen anderen Kanal.
Da gibt es dann noch die China Fair in Kanton, einmal im FrĂŒhling, einmal im Herbst. Da treffen sich dann auch noch andere EinkĂ€ufer und die verstehen was von QualitĂ€t. Da kommt dann das nĂ€chste Problem. Auf der Messe werden die tollsten EinzelstĂŒcke gezeigt, es gibt auch Fotos von ProduktionsstĂ€tten, nur leider sind die (hört weg, liebe TĂŒrken) getĂŒrkt, es ist von A-Z gelogen. Das sind spektakulĂ€re Bilder von riesigen FirmengebĂ€uden, aber wehe man macht sich die MĂŒhe und fĂ€hrt mal dahin. Die haben das Muster auch nie selber hergestellt, es gibt Firmen, die solche Muster fĂŒr gutes Geld liefern, aber das wissen die guten EinkĂ€ufer aus dem Westen inzwischen auch. Denn mit der ersten Lieferung, Vorkasse, gezahlt wird nach VerladebestĂ€tigung, gehen einem die Augen auf.
Die einzige Chance fĂŒr einen seriösen und ehrgeizigen QualitĂ€tsproduzenten in China wĂ€re, OEM fĂŒr einen anderen Hersteller zu arbeiten. Da gibt es erste AnsĂ€tze und wir werden in ein paar Jahren sehen, was diese AnsĂ€tze wert sind, nĂ€mlich spĂ€testens dann, wenn man nach Ersatzteilen fragt.
Es gibt einen recht guten Optikhersteller unter chinesischer FĂŒhrung, aber die produzieren nicht in China, sondern etwas sĂŒdlicher. Der Mann war jahrelang bei Lomo und hat dort eine Menge gelernt. Sein Produktionschef ist aus Belgien, die Maschinen sind aus Deutschland und der Schweiz. Mit dem mĂŒĂten Sie mal reden, was der von seinen Kollegen vom Festland hĂ€lt.
Heute produziert er, soweit mir bekannt, nur noch Messoptiken in guter QualiĂ€t zu angemessenen Preisen. Herr JĂŒlich hat ein paar Produkte davon im Sortiment, ich bin nicht sicher, dass er den Ursprung wirklich kennt, das Finish ist gut, man glaubt gerne an einen japanischen Hersteller.
Robert Fritzen