Als Pensionär mit Bettflucht kann ich zu unchristlich früher Zeit ein paar Bemerkungen machen.
Die bei uns eingesetzten Losgrößen sind für eine statistische Aussage hinreichend groß.
Bei uns kommt aber noch erschwerend hinzu, daß die Nutzer Ihr Material nicht selber bezahlen müssen. Die Gläser werden nicht geschont, eine freundliche Formulierung für einen Vorgang, den man auch grobe Behandlung nennen kann.
Dies und die hohen Einsatzfrequenzen führen zu einem überproportional großen Verschleiß. Eine Modellreihe, von der nach 3 Jahren Einsatz keine Schadensmeldungen vorliegen, kann man unter mechanischen Gesichtspunkten jedem Privatnutzer wärmstens empfehlen.
Ich habe als einer der ersten in Deutschland in größerem Umfang das Swarovski AT80 HD angeschafft. Es waren 42 Exemplare und davon sind nach 10 Jahren immer noch über 30 im Einsatz. Bei keinem Exemplar gab es Feuchtigkeitsschäden, kleine Einschränkungen muß man bei den Varios machen, wir sind dann auf Festbrennweiten umgestiegen.
Das AT80 war optisch und von der Haltbarkeit ein großer Wurf.
Bei den Dialyt 10 x 40 und 10 x 30 kommt es nach ein paar Jahren zu Rissen bei den Stülpmuscheln. Die Dinger kosten nicht die Welt und lassen sich leicht auswechseln, Verbrauchsmaterial. Bei den 8 x 56 gab es nach intensivem Gebrauch Schwergängigkeit beim Mitteltrieb und Brüche an der Knickbrücke, wenn man sich draufsetzt. Aussage der Beamten:"ich kann mir überhaupt nicht erklären, was da passiert ist".
Obwohl diese Serie nicht druckwasserdicht ist, haben wir keinen einzigen Fall von Pilzbefall erlebt.
Beim Design Selection kommt es zum Ablösen der Armierung, die Verklebung hat sich bei einigen Modellen gelöst. Unschön aber leicht zu reparieren.
Die Victorys waren unauffällig brav.
Die Victorys FL sind noch zu neu, da kann man nichts sagen.
Die Diascope haben in zwei Fällen ein sehr stramm laufendes Bajonett, da soll mein Nachfolger entscheiden was geschieht.
Bei den Leica 10 x 42 BA gab es einige Exemplare mit schwergängiger Innenfokussierung, fast bis zur völligen Hemmung. Bei den 10 x 42 BN haben wir keinen einzigen Schaden erlebt, der dem Hersteller zuzuordnen wäre. Ich weiß von unseren belgischen Kollegen, daß es dort genauso ist und die nach einem kurzen Intermezzo mit einem Japaner wieder zurück zu Leica sind.
Erfahrungen mit Leica Spektiven haben wir nicht, das Apo 77 ist mir zu schwer und wurde daher nicht beschafft.
Die normalen Gläser von Leica, Zeiss würde ich jederzeit und ohne Bedenken auch gröberen Umständen aussetzen, sie werden nicht versagen. Das gilt aus meiner Sicht auch für das SLC von Swarovski. Auf die Anschaffung der EL-Serie als Dienstglas würde ich aus preislichen und technischen Gründen verzichten. Der Handlingvorteil bei großen Männerhänden und Lederhandschuhen erschließt sich mir nicht.
Sieht man einmal von der optischen Leistung ab, kann man vielen Steinermodellen ebenfalls trauen, mechanisch sind die sehr gut und viele Polizeibehörden haben immer noch das 8 x 30 aus dem frühen 90er Jahren im Einsatz.
Ein bildstabilisiertes Glas würde ich im rauhen Betrieb nicht einsetzen. Wir hatten einige Modelle auf dem Rüttelstand, keines hat gehalten. Es gibt natürlich trotzdem genug gute Gründe, über ein solches Glas nachzudenken und bei uns waren und sind deshalb ja auch einige 20 x 60 im Gebrauch. Die Gläser reagieren aber sehr empfindlich auf harte Schläge oder Stürze.
Wir verschwenden ja Steuergelder und haben daher jeden Grund, auch nach preiswerter Optik zu schauen. Neben der optischen Prüfung und den Servicefragen entscheidet bei uns der Rüttelstand. Ein Vertriebler, dessen Produkte diesem Test nicht gewachsen war äußerte einmal im Scherz, der Stand wäre uns von Leica oder Zeiss geliefert worden und entsprechend hart eingestellt. Der wahre Test kommt aber danach, junge kräftige Männer mit einer feinmotorischen Schwäche und einem eingeschränkten Empfinden für gequältes Material.
Fazit:
Standardgläser der großen Drei ohne Einschränkung, die teuren Nikon selbstverständlich auch, die stabilisierten mit Einschränkungen.
Wolfgang Henseler