Lieber Herr Schön,
Sie sind manchmal zu streng mit Ihren Sprachkritiken und schießen über das Ziel hinaus. Sprachgebrauch ist keineswegs nur semantisch (in Bezug auf die Bedeutung der Wörter) nach falsch und richtig zu beurteilen. Manches, was als "falsch", "unsinnig" oder "unlogisch" erscheinen mag, ist im Sprachgebrauch ganz üblich (idiomatisch) und wird auch im Kontext richtig verstanden. Nur einige Beispiele: Ein Nachbar trifft einen anderen, nachdem dieser im Urlaub gewesen ist und fragt: "Na, schon zurück?" Natürlich könnte man das als falschen Sprachgebrauch oder unsinnig kritisieren. Aber jeder intelligente Mensch versteht, dass hier freundliche Überraschung und Begrüßung zum Ausdruck gebracht wird und keine logische Schlussfolgerung beabsichtigt ist.
Oder jemand beginnt in einer Diskussion mit den Worten: "Ich würde sagen, dass...", und sagt es dann. Natürlich ist dann der Konjunktiv ("Irrealis") in bestimmter Hinsicht "Unsinn". Aber man kann es auch als Geste der Vorsicht oder Höflichkeit verstehen. Ähnlich, wenn man beim Bäcker die Bestellung mit den Worten "Das wär´s", abschließt, obwohl es das dann eigentlich "ist".
Sie haben einmal von Ihrem Entschluss während des Studiums geschrieben, dass Sie entgegen ursprünglicher Absicht nicht Lehrer werden wollten. Ich glaube, das war ein guter Entschluss. Wohlwollen gegenüber jenen, die vielleicht weniger wissen und Geduld mit jenen, die nicht immer ganz exakt denken (aber durchaus auch denken!) wären sicher eine Grundvoraussetzung für diesen Beruf.
Nicht ganz so genauer Sprachgebrauch kann ja auch lustig werden. In einem Restaurant rief ich einmal den Kellner mit den Worten: "Kann ich zahlen, bitte?" Die Antwort kam prompt: "Ich weiß nicht, ob Sie können, aber Sie müssen." Hat mir gefallen!
Im Sinne des oben Gesagten schließe ich mit dem meines Erachtens sprachlich nicht zu beanstandenen, wenn auch vielleicht interpretierbaren Satz:
Ich hoffe nicht, dass Sie mir wegen meiner Bemerkungen böse sind.
Freundliche Grüße diesmal ohne Fernglas
Peter Krumme