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Ihre eigene Wahrnehmung ist nicht weniger wichtig als Ratschläge anderer

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24. Januar 2006 09:49
Ohne Anspruch auf Vollständigkeit ein paar Anmerkungen, die bei der Kaufentscheidung helfen könnten:

1. Leica hat die Ultravid-Ferngläser der 42er-Serie am 15.8.2003 und die der 32er-Reihe am 20.8.2004 vorgestellt, Nikon die HG-L-Serie erst zur Photokina im September 2004 (im dort verfügbaren Fernglaskatalog standen sie noch nicht drin, weshalb ein erst in letzter Minute erstelltes kleines Faltblatt mit den neuen Modellen beigelegt wurde). In den Handel kamen diese Modelle aber erst Monate später. Die Aussage, die genannten Ferngläser hätten schon „jahrelang in der Vitrine“ gestanden, erscheint mir daher übertrieben, weil sie den Eindruck erweckt, es handle sich um (möglcherweise nicht mehr aktuelle) Altgeräte.

2. Wenn das von Ihnen geprüfte Fernglas tatsächlich ein Nikon 10x42 HG-L war, kann es keinen Gelbstich gehabt haben. Sie müssen sich getäuscht haben oder zu den ca. 8% farbenfehlsichtigen Männern gehören (das ist weder ein Vorwurf noch eine Schande, sondern Schicksal). Ich besitze mehrere Nikon-HG-L-Gläser (8x20, 10x25, 8x32, 10x42), darunter auch das 10x42 HG-L und ich habe auch Spitzenmodelle von Leica, Zeiss, Swarovski und Canon zum Vergleich. Die nahezu farbneutralen Nikon HG- und HG-L-Gläser neigen ganz leicht zu einem Purpurton, nicht aber zu Gelb (das ist, wenn man sehr kritisch ist, eher bei Swarovski der Fall). Machen Sie doch bitte den von mir hier im Forum schon mehrfach empfohlenen Test, der um ein Vielfaches besser als das normale Durchschauen über eine eventuelle Farbtendenz und nebenher auch über die Transmission (Lichtdurchlässigkeit, Helligkeit) Auskunft gibt: Legen Sie ein reinweißes Blatt Papier aufs Fensterbrett, so daß es von direkter Sonne (nicht nur vom blauen Himmel!) schattenfrei beleuchtet wird. Halten Sie dann die zu prüfenden oder zu vergleichenden Ferngläser umgekehrt, also mit dem Okular nach unten und dem Objektiv nach oben in ca. 15 cm Abstand so über das Papier, daß Sie damit keinen Schatten auf dem Papier erzeugen. Wenn Sie nun in die Objektive schauen, sehen Sie eine helle, im Idealfall reinweiße Kreisscheibe (= das weiße Papier durchs umgekehrt gehaltene Fernglas hindurch). Vergleichen Sie nun Farbton und Helligkeit dieser weißen Scheibe mit Farbton und Helligkeit des weißen Papiers neben dem Fernglas. Weil die weiße Scheibe relativ groß ist (Durchmesser über 3 cm) und nur durch einen wenige Millimeter breiten dunklen Rand (Objektivfassung) vom umgebenden weißen Papier getrennt ist, können Sie diesen Vergleich leicht und sehr präzise durchführen. Wenn Sie zwei verschiedene Ferngläser direkt nebeneinander so betrachten, ist auch ein A-B-Vergleich zwischen beiden möglich. Wenn Sie das machen, werden Sie Ihr Urteil „Gelbstich” über das Nikon HG-L revidieren.

3. Die Randunschärfe eines Fernglases kann prinzipiell zwei ganz verschiedene Ursachen haben, von denen eine je nach den Augen des Beobachters sehr unterschiedlich wahrgenommen wird: Ein Teil der Randunschärfe ist eine „echte Unschärfe“ aufgrund von Aberrationen wie sphärischer und chromatischer Aberration, Astigmatismus und Koma, die jedes Auge als Unschärfe wahrnimmt. Ein anderer Teil, und bei den meisten hochwertigen Ferngläsern (deren Aberrationen sehr gut behoben sind) ist das der überwiegende Teil, resultiert aus einer Bildfeldwölbung. Das heißt, daß z.B. bei Scharfeinstellung des Fernglases auf 10 m in der Bildmitte der Randbereich in einer anderen Entfernung, etwa auf 5 m scharf abgebildet wird. Sofern das Auge des Beobachters über ein ausreichend gutes Akkommodationsvermögen verfügt (also vor allem bei jungen Menschen, deren Akkomodationsbreite noch um 10 bis 12 dpt betragen kann), kann diese Art von Unschärfe durch Akkomodation des Auges beim Blick gegen den Bildrand kompensiert werden. Der junge Mensch empfindet das Fernglas also als randscharf. Der ältere Beobachter, der mit z.B. 45 Jahren nur noch im Bereich von 3 dpt oder mit 60 Jahren um 1 dpt akkommodieren kann, hat dagagen keine Chance, bei dem in der Mitte scharfgestellten Fernglas auch den Randbereich scharf zu sehen und wird deshalb deutliche „Randunschärfe“ attestieren. Ich weiß nicht, wie alt Sie sind. Sollten Sie noch jünger sein, werden Sie beide geannnten Ferngläser als randscharf beurteilen. Wenn Sie um oder über 50 Jahre alt sind, werden Sie das Nikon HG-L als deutlich randschärfer als das Ultravid wahrnehmen. Es ist bekannt, daß die japanischen Hersteller (auch Canon und Fuji) der Bildfeldebnung mehr Aufmerksamkeit schenken als die europäischen (Leica, Swarovski, Zeiss), die ihre Schwerpunkte etwas anders setzen. Jede optische Konstruktion stellt einen Balanceakt dar, bei dem die zahlreichen Aberrationen und weitere Parameter (Einblickverhalten, Ergonomie, Größe, Gewicht, Transmission usw.) oft gegeneinanander abgewogen werden müssen und nicht gemeinsam optimiert werden können. Je nach dem heute meist (sprachlich unzutreffend) als „Philosophie“ bezeichneten Konzept im Pflichtenheft kommen die einzelnen Hersteller dann zu etwas verschiedenen Lösungen. Oft spielt dabei die vom jeweiligen Hersteller ins Auge gefaßte Zielgruppe ein Rolle: Wenn die Jäger die wichtigsten Käufer sind, gibt deren Einsatz des Fernglases im dunklen Wald und in der Dämmerung andere Prioritäten vor, als wenn es die Wassersportler, die Hobbyastronomen oder die Vogelbeobachter sind.

Was Ihnen ein Nachteil ist, kann für andere unwichtig sein und umgekehrt. Klammern Sie sich deshalb nicht zu eng an die Urteile anderer (auch nicht an meine), sondern betrachten Sie diese nur als Anregung, worauf Sie beim Kauf achten sollten. Stellen Sie dann z.B. fest, daß Ihnen bei keinem der verglichenen Ferngläser eine Randunschärfe auffällt, vergessen Sie dieses Kriterium und achten Sie auf andere Eigenschaften, die Ihnen auffallen: Liegt das Fernglas gut in Ihren kleinen oder großen Händen, können Sie die Fokussierwalze in Beobachtungsposition gut bedienen, überblicken Sie das volle Sehfeld, ohne daß immer wieder dunkle Flecken übers Bild huschen, ist Ihnen das Ferngals nicht zu schwer usw. Auch wenn es unter rein datenbezogener technischer Betrachtung unwichtig zu sein scheint: gefällt Ihnen das Fernglas? Sie sollen schließlich viele Jahre daran Freude haben, und da gehören auch ästhetische Aspekte dazu.

Walter E. Schön

PS.: Nach Fertigstellung meiner Empfehlungen sah ich, daß Herr Sommerfeld in der Zwischenzeit eine Kurzfassung davon geschrieben hat und mir so mit im wesentlichen demselben Tenor zuvorgekommen ist.
Thema Autor Klicks Datum/Zeit

Nikon 10x42 HG-L DCF vs. Leica Ultravid 10x42

Tenchi 3206 24. Januar 2006 07:30

Re: Nikon 10x42 HG-L DCF vs. Leica Ultravid 10x42

Bernd Sommerfeld 1922 24. Januar 2006 09:26

Ihre eigene Wahrnehmung ist nicht weniger wichtig als Ratschläge anderer

Walter E. Schön 1969 24. Januar 2006 09:49

Re: Ihre eigene Wahrnehmung ist nicht weniger wichtig als Ratschläge anderer

Tenchi 1455 24. Januar 2006 21:37

Re: Ihre eigene Wahrnehmung ist nicht weniger wichtig als Ratschläge anderer

Thomas Becker 1413 25. Januar 2006 10:54

Korrektur meiner Aussage zum Gelbstich des Nikon-Glases 10x42 HG-L

Walter E. Schön 2088 26. Januar 2006 14:31

Farbton beim 10 x 32 HG

Fritz Umbach 1352 28. Januar 2006 15:33

Farbton bei Canon 15x50 IS und 18x50 IS

Walter E. Schön 1802 28. Januar 2006 16:24

Re: Farbton bei Canon 15x50 IS und 18x50 IS

Siegfried Trimborn 1580 28. Januar 2006 17:19

Re: Farbton bei Canon 15x50 IS und 18x50 IS

Walter E. Schön 1658 28. Januar 2006 17:54

Temperaturverhalten Canon 12x36 IS IS II

Dietmar Streib 1376 28. Januar 2006 20:06

Temperaturverhalten, Wasserdichtheit, Prismen

Walter E. Schön 1394 28. Januar 2006 22:47

15x50 IS und 18x50 IS verbessern!?

Dietmar Streib 1337 29. Januar 2006 20:51

Spekulationen über die schlechte Transmission

Walter E. Schön 1298 29. Januar 2006 22:08



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