Sie sagen, daß feine Änderungen erkennbar seien, doch beschreiben Sie die Änderungen nicht. Meinen Sie, daß beim Drehen des Polfilters die a) gesamte Kreisfläche abwechselnd heller und dunkler wird oder daß b) jeweils eine Halbkreisfläche heller und die andere dunkel wird und umgekeht?
Im Falle a gäbe das keinen Hinweis auf die Phasenkorrektur. Nur im Falle b hätte der Helligkeitswechsel eine Aussagekraft. Denn die phasenkorrigierten Flächen sind die Dachflächen, und an deren Kante dazwischen erfolgt eine Pupillenteilung. Jede schräg zum Einfallsstrahl stehende reflektierende Fläche reflektiert polarisiertes Licht unterschiedlich stark, je nachdem, ob die Richtung des elektrischen Vektors parallel zur spiegelnden Fläche verläuft oder nicht. Da die beiden Dachflächen um 90° zueinander und zu den einfallenden Strahlen in der Größenordnung um 60° geneigt sind, aber in verschiedenen Richtungen, variiert der Reflexionsgrad beim Drehen des Polfilters ein wenig (leider so wenig, daß man sehr genau hinsehen muß, um es zu merken). Nun die Frage an Sie, Herr Wolf: Haben Sie sehen können, daß jeweils eine Halbkreisfläche dunkler und gleichzeitig die andere heller wurde? (Es gibt Trinovids 8x20, die nicht phasenkorrigiert sind, aber auch solche, die phasenkorrigiert sind. Die Umstellung dürfte etwa 1997 oder 1998 erfolgt sein.)
Wenn das der Fall ist, dann ist das Fernglas noch nicht oder nicht optimal phasenkorrigiert. Wie schon Herr Jülich schrieb, darf man nicht allein die beiden Zustände „phasenkorrigiert“ und „nicht phasenkorrigiert“ unterscheiden, sondern die Phasenkorrektur kann auch unterschiedlich gut sein (wie vieles andere auch). Es wäre also auch denkbar, daß man einen sehr schwachen abwechselnden Hell-dunkel-Wechsel zweier Halbscheiben auch bei einem phasenkorrigierten Fernglas erkennt. Ich habe soeben ein neueres Leica Trinovid 8x20 (phasenkorrigiert!), ein Nikon 8x20 HG-L, ein Nikon 8x32 HG-L, ein Zeiss 10x42 FL und ein Swarovski 8,5x42 EL nach meiner angegebenen Methode überprüft. Alle diese Gläser sind nach Herstellerangabe phasenkorrigiert. Nur bei den beiden Nikon-Gläsern konnte ich – allerdings sehr, sehr schwach, fast nicht feststellbar – den beschriebenen Effekt beobachten, beim 8x20 HG-L allerdings nur im rechten Rohr. Das heißt, daß trotz aller sonstigen (von mir immer sehr gelobten) guten Eigenschaften der Nikon-HG-L-Ferngläser offenbar die Phasenkorrektur nicht ganz so gut wie bei Leica, Swarovski und Zeiss ist. Ich habe dann auch noch das Nikon 10x42 HG-L überprüft, aber da war nichts festzustellen, der Phasenkorrekturbelag, also wohl optimal.
Zu Ihrer Frage, was mit der „Metallfläche“ des Prismas ist. Sie meinen die verspiegelte Prismenfläche. Die spielt aus zwei Gründen in diesem Test keine Rolle. Erstens würde sie, wenn es zu ungleicher Reflexion mit wechselnden Schwingungsrichtungen käme, die gesamte Kreisfläche betreffen und nicht in zwei Hälften (mit der Dachkante als Trennlinie) unterschiedlich reflektieren. Und zweitens zeigen elektrisch leitfähige Spiegelflächen, also sowohl alu- als auch silberverspiegelte Flächen keine Polarisationseffekte. Wenn Sie nun vielleicht darauf hinweisen sollten, daß z.B. Alufassaden von Gebäuden sehr wohl polarisierend reflektieren und man mit Polfilter je nach Drehstellung sehr wohl unterschiedliche Helligkeit sieht, so liegt das an der hauchdünnen (künstlich aufgebrachten) Eloxal- oder (durch Lufteinfluß entstandenen) Aluminiumcarbonat- oder Aluminiumdioxidschicht, denn diese Schichten bilden elektrisch nichtleitende Überzüge, welche die Polarisationseffekte erzeugen. Die Verspiegelung der Prismen sind immer reines Aluminium oder Silber, und die Kontaktfläche zum Glas hat keinen Kontakt zur Luft und kann darum weder oxidieren noch mit der Kohlensäure der Luft (aus CO2 und Wasser) ein Carbonat bilden.
Jetzt noch eine Ergänzung zu meiner Testanleitung. Man kann, wenn das Polfilter groß genug ist, dieses auch vor das Objektiv halten und langsam drehen. Wenn es ein Zirkularpolfilter ist, dann muß diesmal die Vorderseite des Filters (die beim Aufschrauben auf ein Kameraobjektiv zum Gegenstand zeigt), zum Fernglasobjektiv gerichtet sein. Beim Linearpolfilter ist es egal, wie herum es auf dem Objektiv liegt.
Walter E. Schön