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Die Geheimnisse des Brillantschliffs

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08. September 2006 10:29
Da Herr Ebersbächer (vorübergehend?) abgetaucht ist und ich mit meinem möglicherweise letzen Biergartenbesuch des Jahres am gestrigen Abend mit 24°C noch um 21 Uhr nicht seine Quizfrage Nr. 5 versäumt habe, will ich, bevor ich mich wieder in die berufliche Arbeit stürzen muß, schnell etwas zur Brillantschliff-Frage sagen.

Wir gehen beim Schliff des von Ihnen gedanklich in eine Pappröhre geklebten Brillanten (standesgemäßer wäre eine Weißgold- oder Platinröhre gewesen) von dem typischen Schliff mit 56 Facetten aus, bei dem die oberen Hauptfacetten zur Rondisten- bzw. Tafelebene einen Neigungswinkel von 33,2° und die unteren Hauptfacetten einen Neigungswinkel von -40,8° haben. Diamant als das Material des Brillanten hat eine extrem hohe Brechzahl von 2,4173 (wahrscheinlich die höchste aller für das sichtbare Spektrum gut durchlässigen Materialien). Soweit zu den Voraussetzungen.

Zusätzlich wollen wir noch annehmen, daß der Schliff „perfekt“ sei, also die Flächen die vorgesehenen Winkel korrekt einhalten, völlig eben und glatt sind, um durch falsche Neigung oder unsaubere Oberfläche Lichtaustritt durch verhinderte Totalreflexion auszuschließen.

Die extrem hohe Brechzahl hat zwei für die Leuchtkraft und das Funkeln des Brillanten wichtige Konsequenzen. Die Reflexion an der Oberfläche bei annähernd senkrechtem Lichteinfall beträgt 17,2% (bei durchschnittlichem unvergüteten optischen Glas nur ca. 4 bis 5%) und der Grenzwinkel der Totalreflexion beträgt 24,44°. Daraus folgt:

1. Es wird also schon ein beträchtlicher Teil des Lichts beim Auftreffen auf die Oberfläche reflektiert.

2. Alles in den Brillanten eindringende Licht hat im Diamanten eine zur Oberfläche, an der das Licht eingetreten ist, sehr „steile“ Richtung, nämlich mit einem Ausfallswinkel zwischen 0° (senkrechter Einfall von außen auf die Oberfläche) und 24,44° (fast waagerechter Einfall). Ich möchte noch für die Leser erwähnen, die ihr Schulwissen über Ein- und Ausfallswinkel schon vergessen haben, daß Ein- und Ausfallswinkel nicht als Winkel des Lichtstrahls zur Auftreffebene, sondern als Winkel zum Lot (= der Senkrechten) zu dieser Ebene definiert und zu messen sind.

Nun schauen wir, was weiter passiert. Aufgrund der Neigung der unteren Facetten trifft das durch die Tafel (das ist die große obere achteckige waagerechte Fläche in der Mitte des Brillanten) in den Diamanten eindringende Licht auf den unteren Facetten immer unter einem größeren Einfallswinkel als dem Grenzwinkel der Totalreflexion ein, nämlich unter einem Winkel >25,36°. Folglich tritt, egeal woher das Licht aus dem gesamten Halbraum vor dem Brillanten auf die Tafel eingefallen und in den Brillanten eingedrungen ist, immer Totalreflexion auf. Es kann also zumindest bei diesem ersten Auftreffen des durch die Tafel eingefallenen Lichts kein Licht nach hinten aus den unteren Facetten des Brillanten austreten. Das dürfte Sie veranlaßt haben, als Lösung Ihrer Frage anzunehmen, daß der von hinten ins Rohr auf die Rückseite des lichtdicht eingeklebten Brillanten Schauende nichts (oder „schwarz“) sieht.

Sie haben aber nicht bedacht, daß ...

1. ... das von den Facetten totalreflektierte Licht nicht unbedingt beim Auftreffen auf die nächste Oberfläche nach vorn aus dem Brillanten austritt, sondern eventuell nicht wieder totalreflektiert wird und dann an anderer Stelle aus dem Brillanten austreten oder, wenn es erneut totalreflektriert wird, weitere (eventuell sogar viele) Male auf andere Brillantoberflächen treffen kann und dabei irgendwann ein Einfallswinkel kleiner als der Grenzwinkel der Totalreflexion vorliegt und das Licht dann aus dem Brillanten austritt (genauer: 100% - 17,2% = 82,8% davon, denn es werden auch dann ohne Totalreflexion wieder 17,2% nach innen reflektiert). Gut, Sie werden sagen, daß Sie natürlich daran gedacht haben, daß so etwas passiert, aber Sie haben stillschweigend angenommen, daß dieses Austreten des Lichts aus dem Brillanten nur irgendwo an der Vorderseite oberhalb der Rondiste geschieht, und das ist zwar für den größten Teil des Lichts, aber nicht für alles Licht richtig. Zwar geht beim idealen Brillantschliff tatsächlich der allergrößte Teil des vorn durch die Tafel einfallenden Lichts einen Weg durch den Diamanten, der mit einem Lichtaustritt nach vorn endet, doch ein kleiner Prozentsatz geht nach hinten verloren.

2. ... das Licht nicht nur durch die Tafel in den Brillanten eindringt, sondern auch durch die vorderen Facetten. Und genau dieses Licht trifft zu einem deutlich höheren Prozentsatz nach dem Eintritt auf eine gegenüberliegende untere Facette mit einem Einfallswinkel, der kleiner als der Grenzwinkel der Totalreflexion ist. Sie brauchen sich, um einen solchen Fall zu betrachten, nur einen Lichtstrahl vorzustellen, der auf eine der um 33,2° geneigte vordere Hauptfacette rechtwinklig einfallt. Er wird wegen des rechtwinkligen Einfalls nicht gebrochen, setzt also nach dem Eindringen in den Diamanten seinen Weg geradlinig fort. Da die gegenüberliegende untere Hauptfacette einen Neigungswinkel von 40,8° hat, beträgt der Einfallswinkel dieses Lichtstrahls auf den unteren Hauptfacette nur 40,8° - 33,2° = 7,6°. Dieser Winkel ist nun eindeutig kleiner als der Grenzwinkel der Totalreflexion von 24,44°, und das hat zur Folge, daß dieser Lichtstrahl zu 100% - 17,2° = 82,8% hinten aus der unteren Hauptfacette austritt.

Nun hatten wir, wenn ich mich recht erinnere, nicht vereinbart, daß das Papprohr innen schwarz sei. Es würde also zumindest die Innenseite des Papprohres in der Nähe des Brillanten schwach beleuchtet werden. Aber ich bin sicher, daß man – allerdings mit einigem Zeit- und Rechenaufwand – auch Einfallsrichtungen und -punkte auf den oberen Facetten finden kann, bei denen der Lichtstrahl beim Austritt aus einer der unteren Facetten so gebrochen wird, daß er etwa parallel zur Achse des Papprohres nach hinten austritt. Der Verfahrensweg wäre so, daß man einfach eine umgekehrte Lichtrichtung von hinten achsenparallel auf die unteren Facetten annimmt und untersucht, wo nach evtl. vielfacher Totalreflexion dieser Strahl vorne wieder austritt.

Ich denke, Sie werden mir nicht böse sein, daß ich den Aufwand von vielleicht mehreren Tagen oder gar Wochen scheue, dieses Problem noch genauer zu untersuchen und herauszufinden, an welcher Stelle unter welchem Winkel ein Lichtstrahl auf welcher Facette euftreffen muß, um hinten aus einer der unteren Facetten achsenparallel zum Papprohr auszutreten. Es sollte genügen, daß ich hier in relativer Kürze zeigen konnte, daß überhaupt vorn einfallendes Licht auch hinten austreten kann.

Walter E. Schön
Thema Autor Klicks Datum/Zeit

2. Frage

Walter Ebersbächer 1666 01. September 2006 20:34

Nur mal so gefragt

P. Nisius 1313 01. September 2006 21:31

Re: Nur mal so gefragt

Gunnar 1064 02. September 2006 03:27

Re: Nur mal so gefragt

P. Nisius 1102 03. September 2006 10:29

Re: 2. Frage

matthias 1171 01. September 2006 22:08

Re: 2. Frage

matthias 1065 01. September 2006 23:36

Darf ich präzisieren?

Walter E. Schön 1069 02. September 2006 00:28

Re: Darf ich präzisieren?

matthias 969 02. September 2006 09:50

Sie irren sich leider in beiden Punkten

Walter E. Schön 1152 02. September 2006 10:15

Re: Sie irren sich leider in beiden Punkten

matthias 953 02. September 2006 13:06

Re: Sie irren sich leider in beiden Punkten

matthias 1112 02. September 2006 13:12

Re: Darf ich präzisieren?

matthias 1018 07. September 2006 23:24

Die Geheimnisse des Brillantschliffs

Walter E. Schön 1698 08. September 2006 10:29

Nachtrag zum farbigen Funkeln des Brillanten

Walter E. Schön 998 08. September 2006 12:46

sehr gut erklärt

matthias 1042 09. September 2006 18:01

Re: sehr gut erklärt

Kai Hommerich 1063 09. September 2006 18:05

Re: sehr gut erklärt

Jürgen 1123 10. September 2006 19:03

Re: 2. Frage

Jens Stolpmann 1304 01. September 2006 23:37

Diesmal hapert es gewaltig bei Ihrer Fragestellung

Walter E. Schön 1181 02. September 2006 00:02

Kleiner Nachtrag zum „Vergrößerungsfaktor” der Innenfokussierlinse

Walter E. Schön 1162 02. September 2006 11:36

Re: Kleiner Nachtrag zum „Vergrößerungsfaktor” der Innenfokussierlinse

OhWeh 998 04. September 2006 09:10

Beiträge löschen/tolerieren?

Werner Jülich 1049 04. September 2006 10:38

Geben Sie Herrn Ebersbächer noch eine Chance!

Walter E. Schön 1081 04. September 2006 15:17



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