Ihre Einschätzung zum Astrohandel würde ich bestätigen. Es gibt einen neuen Typ Händler und die dazu passenden Kunden. Ich bin lange genug dabei, um die Reihenfolge zu bestätigen, erst kamen die neuen Händler, erst danach im Gefolge die Kunden. Es gibt den berühmten Satz eines großen Mitspielers, er würde erst alle anderen Händler platt machen und den Markt für sich erobern. Wie zu erwarten, ließ sich dieser Vorsatz nicht durchführen, es gab aber erhebliche Kollateralschäden im Bereich von Qualität und Glaubwürdigkeit: denn die angebotenen Geräte jeder Preisklasse waren durchweg erstklassig manchmal hypererstklassig.
Diese Art des Marketings sprach völlig neue Zielgruppen an. Zufälligerweise entstand gleichzeitig das von Ihnen so genannte schwarze Forum. Einige Händler erkannten die Chance, über dieses Forum die überragende Preis-Leistung-Relation ihrer Produkte zu promoten. Dabei kam es zu grotesken Übertreibungen und oft sinnentstellenden Aussagen, was allerdings der Zielgruppe verborgen blieb. Es war ja nicht teuer, man konnte stundenlang über 59€-Ferngläser und 129€-Teleskope diskutieren und wenn man Glück hatte, gab es dazu auch ein Zertifikat. Der Begriff Strehl wurde populär. Ich weiß nicht, wie hoch der Anteil der Foristen war, die die Zusammenhänge verstehen, es mögen 5% sein, aber ein Spiegelteleskop mit einem Strehlwert unter 98% durfte man nicht kaufen, das war Schrott.
Normale Marktmechanismen führten dann dazu, dass immer weniger Händler mit konventionellem Geschäftsgebahren am Markt mithalten konnten oder wollten. Für eine Zeit sah es wirklich so aus, als würden nur 2-3 Händler überleben, dass Ziel unseres Großmaules wäre erreicht.
Dann geschahen aber Dinge, die unser Held wohl nicht einkalkuliert hatte, es traten neue Marktteilnehmer auf den Plan, die sein Superlativ-Marketing mit einem besseren Interentauftritt kombinierten bzw. andere, die eine richtige Ausbildung vorzuweisen hatten. Jetzt wurde unser Held ganz leicht in die Zange genommen, was man an seinen eigenen, klagenden Beiträgen im schwarzen Forum gut nachlesen kann. Die Qualitätsrevolution knabbert an ihren Kindern, sehr frei nach Wolfgang Leonhard.
Aber Halt, da gab es doch noch dieses kleine Dorf in G...! Sie erinnern sich? Es gab noch eine kleine Zahl Wettbewerber, die nicht ausschließlich auf das Pferd Astrooptik gesetzt hatten. Die hatten eigene Vorstellungen von Kundenberatung und Optikauswahl und wurden von den Marktveränderungen kaum berührt. Mir scheint, wir erleben gerade eine winzig kleine Korrektur, ein paar Käufer mehr orientieren sich wieder stärker in Richtung Fachhandel. Wir glauben, dass unsere Zahlen für 2008 diese Einschätzung erlauben, warten wir einmal ab, was das Jahr der Astronomie bringen wird.
Ein letzter Punkt, damit der Heiligenschein nicht so drückt. Für uns ist die Fernoptik und erst recht die Astrooptik ein verhältnismäßig kleiner Geschäftsbereich. Der wesentlich größere Teil wird mit Mikroskopen, Bonntec Imaging und mit IBM-Produkten erwirtschaftet. Wir können es uns daher etwas leichter erlauben, eine bestimmte Spezies Kunden nicht so anzusprechen, wie es die im schwarzen Forum abgebildeten Händler versuchen.
Ich wünsche allen aktiven und passiven Forenteilnehmern ein erfolgreiches Jahr 2009. Ich schliesse mich der Gebete für unsere Politiker an, sie haben es sichtbar nötig.
Werner Jülich